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Der junge Gelehrte

Der junge Gelehrte

Titel: Der junge Gelehrte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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wahrhaftig, ich glaube, du machst Ernst daraus. Du wirst mir doch meinen Kredit bei meinem Herrn nicht verderben wollen? Wenn du wirklich etwas weisst, so sei keine Naerrin!—Dass ihr Weibsvolk doch niemals Spass versteht! Ich habe dir eine Ohrfeige vergeben, und du willst dich, einer kleinen Neckerei wegen, raechen? Ich will dir ja alles sagen.
    Lisette . Nun so sage—
    Anton . Aber du sagst doch nichts?—
    Lisette . Je mehr du sagen wirst, je weniger werde ich sagen.
    Anton . Was wird es sonst viel sein, als dass der Vater dem Sohne nochmals die Heirat mit Julianen vorschlug? Damis schien ganz aufmerksam zu sein, und—weiter kann ich dir nichts sagen.
    Lisette . Weiter nichts? Gut, gut, dein Herr soll alles erfahren.
    Anton . Um des Himmels willen, Lisette; ich will dir es nur gestehn.
    Lisette . Nun so gesteh!
    Anton . Ich will dir es nur gestehen, dass ich wahrhaftig nichts mehr gehoert habe. Ich wurde eben weggeschickt. Nun weisst du wohl, wenn man nicht zugegen ist, so kann man nicht viel hoeren—
    Lisette . Das versteht sich. Aber was meinst du, wird Damis sich dazu entschlossen haben?
    Anton . Wenn er sich noch nicht dazu entschlossen hat, so will ich mein Aeusserstes anwenden, dass er es noch tut. Ich soll fuer meine Muehe bezahlt werden, Lisette; und du weisst wohl, wenn ich bezahlt werde, dass alsdenn auch du—
    Lisette . Ja, ja, auch ich verspreche dir's; du sollst redlich bezahlt werden!—Unterstehe dich!—
    Anton . Wie?
    Lisette . Habe einmal das Herz!—
    Anton . Was?
    Dritter Auftritt
    25
    Der junge Gelehrte
    Lisette . Dummkopf! meine Jungfer will deinen Damis nicht haben—
    Anton . Was tut das?—
    Lisette . Folglich ist mein Wille, dass er sie auch nicht bekommen soll.
    Anton . Folglich, wenn sie mein Herr wird haben wollen, so wird mein Wille sein muessen, dass er sie bekommen soll.
    Lisette . Hoere doch! du willst mein Mann werden und einen Willen fuer dich haben? Buerschchen, das lass dir nicht einkommen! Dein Wille muss mein Wille sein, oder—
    Anton . St! potz Element! er koemmt; hoerst du? er koemmt! Nun sieh ja, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat. Verstecke dich wenigstens; verstecke dich! Er bringt sonst mich und dich um.
    Lisette (beiseite) . Halt, ich will beide betruegen!—Wo denn aber hin? wohin? in das Kabinett?
    Anton . Ja, ja, nur unterdessen hinein. Vielleicht geht er bald wieder fort.—Und ich, ich will mich geschwind hieher setzen—(Er setzt sich an den Tisch, nimmt ein Buch in die Hand und tut, als ob er den Damis nicht gewahr wuerde.)
    Vierter Auftritt
    Anton . Damis.
    Anton (vor sich) . Ja, die Gelehrten—wie gluecklich sind die Leute nicht!—Ist mein Vater nicht ein Esel gewesen, dass er mich nicht auch auf ihre Profession getan hat! Zum Henker, was muss es fuer eine Lust sein, wenn man alles in der Welt weiss, so wie mein Herr!—Potz Stern, die Buecher alle zu verstehn!—Wenn man nur darunter sitzt, man mag darin lesen oder nicht, so ist man schon ein ganz andrer Mensch!—Ich fuehl's, wahrhaftig ich fuehl's, der Verstand duftet mir recht daraus entgegen.—Gewiss, er hat recht; ohne die Gelehrsamkeit ist man nichts als eine Bestie.—Ich dumme Bestie!—(Beiseite.) Nun, wie lange wird er mich noch schimpfen lassen?—Wir sind doch naerrisch gepaaret, ich und mein Herr!—Er gibt dem Gelehrtesten und ich dem Ungelehrtesten nichts nach.—Ich will auch noch heute anfangen zu lesen.—Wenn ich ein Loch von achtzig Jahren in die Welt lebe, so kann ich schon noch ein ganzer Kerl werden.—Nur frisch angefangen!
    Da sind Buecher genug! —Ich will mir das kleinste aussuchen; denn anfangs muss man sich nicht uebernehmen.—Ha! da finde ich ein allerliebstes Buechelchen.—In so einem muss es sich mit Lust studieren lassen.—Nur frisch angefangen, Anton!—Es wird doch gleichviel sein, ob hinten oder vorne?—Wahrhaftig, es waere eine Schande fuer meinen so erstaunlich, so erschrecklich, so abscheulich gelehrten Herrn, wenn er laenger einen so dummen Bedienten haben sollte—
    Damis (indem er sich ihm vollends naehert) . Ja freilich waere es eine Schande fuer ihn.
    Anton . Hilf Himmel! mein Herr—
    Damis . Erschrick nur nicht! Ich habe alles gehoert—
    Anton . Sie haben alles gehoert?—ich bitte tausendmal um Verzeihung, wenn ich etwas Unrechtes gesprochen habe.—Ich war so eingenommen, so eingenommen von der Schoenheit der Gelehrsamkeit—verzeihen Sie mir meinen dummen Streich—, dass ich selbst noch gelehrt werden wollte.
    Damis . Schimpfe doch nicht

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