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Der junge Gelehrte

Der junge Gelehrte

Titel: Der junge Gelehrte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Damis; wann Sie nun ihr Geplaudre werden ueberdruessig sein, und das wird gar bald geschehen, wer soll sie Ihnen denn aus der Stube jagen helfen, wenn ich nicht dabei bin?
    Lisette . Warte, ich will dein Laestermaul—
    Damis . Lass dich unbekuemmert! Wann sie mir beschwerlich faellt, wird sie schon selbst so vernuenftig sein und gehen.
    Anton . Aber betrachten Sie nur: ein Weibsbild in Ihrer Studierstube! Was wird Ihr Gott sagen? Er kann ja das Ungeziefer nicht leiden.
    Lisette . Endlich werde ich dich wohl zur Stube hinausschmeissen muessen?
    Anton . Das waere mir gelegen.—Die verdammten Maedel! auch bei dem Teufel koennen sie sich einschmeicheln. (Geht ab.)
    Sechster Auftritt
    Lisette . Damis
    Damis . Und wo blieben wir denn vorhin?
    Lisette . Wo blieben wir? bei dem, was ich allezeit am liebsten hoere und wovon ich allezeit am liebsten rede, bei Ihrem Lobe. Wenn es nur nicht eine so gar kitzliche Sache waere, einen ins Gesicht zu loben! —Ich kann Ihnen unmoeglich die Marter antun.
    Damis . Aber ich beteure Ihr nochmals, Lisette: es ist mir nicht um mein Lob zu tun! Ich moechte nur gern hoeren, auf was fuer verschiedene Art verschiedene Personen einerlei Gegenstand betrachtet haben.
    Sechster Auftritt
    30
    Der junge Gelehrte
    Lisette . Jeder lobte dasjenige an Ihnen, was er an sich Lobenswuerdiges zu finden glaubte. Zum Exempel, der kleine dicke Mann mit der ernsthaften Miene, der so selten lacht, der aber, wenn er einmal zu lachen anfaengt, mit dem erschuetterten Bauche den ganzen Tisch ueber den Haufen wirft—
    Damis . Und wer ist das? Aus Ihrer Beschreibung, Lisette, kann ich es nicht erraten—O es ist mit den Beschreibungen eine kitzliche Sache! Es gehoert nicht wenig dazu, sie so einzurichten, dass man, gleich bei dem ersten Anblicke, das Beschriebene erkennen kann. Ueber nichts aber muss ich mehr lachen, als wenn ich bei diesem und jenem grossen Philosophen, wahrhaftig bei Maennern, die schon einer ganzen Sekte ihren Namen gegeben haben, oefters Beschreibungen anstatt Erklaerungen antreffe. Das macht, die guten Herren haben mehr Einbildungskraft als Beurteilung. Bei der Erklaerung muss der Verstand in das Innere der Dinge eindringen; bei der Beschreibung aber darf man bloss auf die aeusserlichen Merkmale, auf das—
    Lisette . Wir kommen von unsrer Sache, Herr Damis. Ihr Lob—
    Damis . Jawohl; fahr Sie nur fort, Lisette. Von wem wollte Sie vorhin reden?
    Lisette . Je, sollten Sie denn den kleinen Mann nicht kennen? Er blaeset immer die Backen auf—
    Damis . Sie meint vielleicht den alten Ratsherrn?
    Lisette . Ganz recht, aber seinen Namen—
    Damis . Was liegt an dem?—
    Lisette . “Ja, Herr Chrysander", sagte also der Ratsherr, an dessen Namen nichts gelegen ist, “Ihr Herr Sohn kann einmal der beste Ratsherr von der Welt werden, wenn er sich nur darauf applizieren will.” Es gehoert ein aufgeweckter Geist dazu; den hat er: eine fixe Zunge; die hat er: eine tiefe Einsicht in die Staatskunst; die hat er: eine Geschicklichkeit, seine Gedanken zierlich auf das Papier zu bringen; die hat er: eine verschlagne Aufmerksamkeit auf die geringsten Bewegungen unruhiger Buerger; die hat er: und wenn er sie nicht hat—o die Uebung—die Uebung! Ich weiss ja, wie mir es anfangs ging. Freilich kann man die Geschicklichkeit zu einem so schweren Amte nicht gleich mit auf die Welt bringen—
    Damis . Der Narr! es ist zwar wahr, dass ich alle diese Geschicklichkeiten besitze; allein mit der Haelfte derselben koennte ich Geheimter Rat werden, und nicht bloss—
    Siebenter Auftritt
    Anton . Lisette. Damis.
    Damis . Nun, was willst du schon wieder?
    Anton . Mamsell Juliane weiss es nun, dass Lisette ausgegangen ist. Fuerchten Sie sich nur nicht; sie wird uns nicht ueberraschen—
    Damis . Wer hiess dich denn wiederkommen?
    Anton . Sollte ich wohl meinen Herrn allein lassen? Und dazu, es ueberfiel mich auf einmal so eine Angst, so eine Bangigkeit; die Ohren fingen mir an zu klingen und besonders das linke—Lisette! Lisette!
    Lisette . Was willst du denn?
    Siebenter Auftritt
    31
    Der junge Gelehrte
    Anton (sachte zu Lisetten) . Was habt ihr denn beide allein gemacht? Was gilt's, es ging auf meine Unkosten!
    Lisette . O pack dich—Ich weiss nicht, was der Narre will.
    Damis . Fort, Anton! es ist die hoechste Zeit; du musst wieder auf die Post sehen. Ich weiss auch gar nicht, wo sie so lange bleibt.—Wird's bald?
    Anton . Lisette, komm mit!
    Damis . Was soll denn Lisette mit?
    Anton . Und was soll sie denn bei

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