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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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vergessen.«
    »Sie dürfen nicht so. Kommen Sie. Ich habe vergessen. Es war nichts. Ich hätte schweigen müssen. Kommen Sie.«
    Er grübelte: ›Warum log ich? Log ich überhaupt? War es nicht, in diesem Auf-und-Abgehen, als hätte ich Stunden gewartet? Und schon von neuem sehe ich mich verstrickt: ich hatte nicht Karzer. Auch das wird sie erfahren.‹
    Und laut: »Und der Karzer – wissen Sie, warum? Nein … niemand weiß es, nur ich und gleich Sie.«
    »Nun?«
    »Es liegt im Buch. Ich dachte an Sie. Man fand es – das Konzept.«
    Sie gingen rascher. »Ich komme zu spät. Kehren Sie nun um.«
    »Darf ich nicht noch …?«
    »Nein, es ist anders besser.«
    Sie gaben sich die Hand. Von ihrer Wärme erfüllt, im Dunkel ihr Gesicht ahnend: »Wir sind Freunde?«
    »Ja – ja.«
    »Und Klotzsch?«
    »Wie? Klotzsch?«
    »Ist er auch Ihr Freund?«
    »Ich mag ihn sehr gern … anders.«
    »Ich danke Ihnen, Fräulein Ilse. Und nun lesen Sie ›Jettchen‹: alles kommt, wie es kommen muss. Gute Nacht.«
    »Alles kommt, wie ich es will. – Gute Nacht.«

26
    In dunkle Alleen lief er. Überquellende Schneewasserpfützen schimmerten blank und flach im Schein spärlicher Laternen. Er sprach mit sich, aber stets von neuem abbrechend, lauschte er dem Klang einer Stimme, die irgendwohin im Dunklen zwischen Stämme einen Satz gestellt hatte wie: »Ich bin nicht allein.«
    Schon stutzte er: ein seltsamer Doppelsinn schien diesen Worten zu gehören, und indem er die Gestalten Margot und Ilse, schon ihm verknüpft, beschwor, sah er zurückschreckend ein anderes, hingekauert an das schwärzlich triefende Wurzelwerk eines Baumes, missgestaltet, das Gesicht – wenn es denn ein Gesicht für dieses Ungeheuer gab – im Fortblick verborgen: Es.
    Er stand, murmelte: »Eben noch rühmte ich mich verlorener Schüchternheit. Zum Zugriff bereitet schien mein Leben vor mir zu liegen. Der seit Tagen unter Schmerzen erschlossene Reigen jener Gestalten, die, meine Hände greifend, mich einem Getrenntsein entzogen, das mir bald lieb, bald leid war – schon zerrinnt er mir wieder, der ich ihm nicht zu glauben vermag.«
    Indem er die dunkle Unform zu enträtseln versuchte: »Schon misstraue ich allen liebenden Gesten. Durch das undeutliche Gewurzel eines Baumes erschreckt, zweifele ich, ob mir diese so plötzlich an den Tag getretene Liebe gilt oder nicht mehr jenem , das ich, kaum als Verräter meiner selbst entdeckt, nun schon in allem zu finden meine.«
    Er zuckte die Achseln, ging weiter. Vor ihm entbreitete die Horizont füllende Gebärde eines Unbekannten jene Sensationen der letzten Tage; seufzend ihren Sinn umkreisend, schien er finden zu müssen, dass den stets neu verlockten Fuß engund nahe entäußernder Verrat umspann. »Vielleicht bin ich wirklich krank? – Papa, als er heute Nachmittag, erbleicht und in den Schläfen vergilbt, mir befahl, das Geschehene auszustreichen und ganz zu vergessen, er auch schien dies zu fürchten. Warum sonst hätte ich jetzt, von ihm beordert, zum Arzt zu gehen?«
    Im spitzbogigen Ende eines Baumganges leuchteten starr Hausfenster; schon streifte Kai öfter der Arm der Vorübergehenden, Straßenlärm brandete nah, und nun, ganz von ihm eingehüllt, die spärlichen Hände vom grellen Schein der elektrischen Lampen verlängert, verharrte er noch einmal. »Also krank? Man wird das Leiden finden, ich erhalte Medizin, und dann ist alles wie vor diesem und Ilse ist nichts mehr, Margot ausgelöscht und Erna selbst ganz fortgenommen?«
    Er wandte sich scharf, sah starr in ein Gesicht. »Nein«, sagte er, »nein, nicht um diesen Preis, lieber krank.«

27
    Auf sein Klingeln sagt das Mädchen: »Die Sprechstunde ist vorüber. Herr Doktor bedauert.«
    »So … Es ist gut.«
    Er dreht um, steigt wieder die Treppe hinab, langsam. Dann: »Aber ich bin angemeldet. Ich muss zu ihm.«
    Zögernd wehrt er ab. »Das Mädchen. Gleich hätte ich es sagen müssen.«
    Auf dem Treppenabsatz von neuem verharrend: »Papa wird meinen, ich habe nicht gewollt. Ich muss zurück.«
    Vor der Tür: »Ihr Gesicht war mürrisch. Sie wird schelten. – Aber ich muss doch! – Nein! Nicht klingeln: zu laut.«
    Er klopft: niemand kommt. Klopft noch einmal: nichts.
    Ein Schritt geht die Treppe herunter. Beschämt steht Kai neben der Tür, als warte er nach Klingeln auf Öffnung. Ein Blick, der missbilligend zu sein scheint, trifft ihn; dann aber, als die Haustür ins Schloss gefallen, klopft er von neuem.
    Ein Ruck öffnet die Tür: vor ihm

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