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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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– stürzte zum Spiegel, wollte letzten Glanz dessen im Antlitz fangen: nichts! Sah einen Grämlichen nur, mit hohlen Wangen, die Augen umschattet –: wie sonst!
    Zwang sich ins Bett. Wieder hinaus glitt er. Türhebel in der Hand. Lauschend. Frostbebend überschlich er den Vorplatz.
    »Kammertür knarrt nicht, weiß ich. Klinke nur knackt.«
    Stand drinnen, so bekannter Duft wie in tausend Träumen gerochen, Atemlied auch wie damals. Und nun: »Näher, Kai!«
    Hörte sich selbst nicht. Ahnte das Bett. Näher noch. Atem jener strich hastiger, schien es? – »Unmöglich, nicht wahr? Ich kam so leise …«
    Näher! – Ist Nacht noch zu lang? – Geschwelle war dort, streckte die Hand – und fühlte sie ergriffen, sich hingerissen! Jubellaut: »Hab ich dich, Kai!«
    In die Kissen gezerrt. Ertrank in der Laue. Fleisch. Tuch um sich, das stürmender Griff knirschend zerriss. Gegirre. Fleisch an Fleisch und Widerstreben so sehr und leises Flehen, dass die Eltern nichts hören … Aufbäumen dann, da Hand dorthin tastet …
    Schmeichelworte. Koserei. Zärtelreden. »Lieber Kai, du! Endlich, Liebster!«
    Rot kreiste sein Hirn. In den Augen tanzten farbige Flecken. Wand Arm kämpfend um Arm. Stemmte Leib ab. Keuchte, halb frei, liegend am Boden halb, schon bezwungen in Kissen, hingegeben …
    Als ihm der Gedanke kam, dies zu genießen mit Willen, an die stürmenden Brüste zu sinken, es kennenzulernen, endlich auch Letztes mit Bewegung und Stellung zu wissen. Schmeichelte wider, glitt zwischen Kissen zurück, senkte Mund auf Mund, halb ekelnd doch, da Atem jener schmeckte; kämpfte das nieder, willig, und – Seufzer! – fand – – – fand … war beinahe Verströmen … beinahe eingegossen in sie … fast schon Besiegter … und ferne das kleine schuljüngische Gehabe mit Briefen und kussfremden Mädchen … fast, beinahe … fast …
    Als es ihn aufriss! Hochzuckte! Ganz steil werden ließ! Worte nicht achtend, zur Tür. Taumelnd – Mondstrich auf der Diele. – Locken, Lockruf, süßer. Haar über seine Hand geschmiegt. Doch weg!
    Treppab, tiefer, kellerwärts. Zurück noch einmal! Licht!(»Hatte jene nun oben verzichtet?«) Flackerschein – kennst du die Stube?
    »Dort im Winkel lag Hans. Nun aus dem andern dein Rad! Rüste es nur zur Fahrt! Zum Kieferngekuschel, das ist dein Ende, du weißt es, hast es von je gewusst. So wird es gut, nicht anders. – Die Pneumatiks, pumpe sie auf. Sieh gut alles nach …«
    »Du hast keinen Revolver? Wozu denn? Zu laut! Dort die Wäscheleine … mach ein Paket! An die Lenkstange damit! Und nun …«
    »Warum weinst du? Dein junges Leben? Sentimentaler! Stets hast du dies gewusst. Wozu noch dich wehren?«
    »Immer! Hocke dich in den Winkel. Weine nur …, morgen ist Ende und die ersehnte Ruhe da.«
    »Du denkst an Hans, deinen Hasen? Auch er starb, siehst du. Das ist leicht, vergisst sich so schnell … ganz leicht …«

79
    Nun ist es Morgen. Über das Pflaster treiben die Füße vieler Geschäftigen, und der allein ruhend rastet im Treiben, ist Kai. Ruhefuß wohl – zuckt auch Eifer unruhvoll Sehnenstrang in der Wade – Ruhefuß wohl, aber kein Ruheherz, kein Ruheblick – nein! –, der stürzt, fängt, prüft, irrt, brennt …
    Bis endlich zögernd die Tür sich auftut und dunkler Torgang sie entlässt: Ilse. Da steht sie, in das Bogenschwingengesetzt als ein stiller Engel, unter dem Arm die kleine Mappe, und die Rechte führt sie hinten zum Haar, drückt den Hut in das Bauschige und zögert, ins Rieselnass zu treten, ins Schlackerwetter, zögert …
    Zögerst auch du, Kai? Hebe den Fuß! An ihre Seite! Das Gesicht unter den breitrandigen Hut zu ihr gehoben, sage dann rettend Erdachtes: deine ganze Liebe, die alles ausgleichen muss. Alles wird verzeihlich. Nicht nur Scham wird die Röte ihrer Wangen sein, denkt sie an Sätze wie diesen: »Man sah die Hand des Schülers Goedeschal, die im Rock Ihrer Tochter schaffte …« –, denkt sie solchen Satzes, ist sie errötet auch vor dem Sehnsuchtsglanz, der selbst hier leuchtet. Sehnsuchtsglanz deiner Liebe – und sie verzeiht!
    Hofftest du nicht so ums Morgengrauen?
    Aber sie geht schon, treibt schon zwischen den andern, und sieht man sie so von hinten, in Schatten der Menschen und Häuser, in Türwinkel geborgen und schnell dann wieder dem schwankenden Hute nachgehetzt, – sieht man sie so, ist kaum zu begreifen, dass sie all den andern nicht ähnelt und dass sie allein dir voll Schicksal birst. Doch du wirst es wenden,

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