Der junge Häuptling
heimtückisch zeigen?«
»Das kann ich dir nicht sagen; auch ich weiß nicht, was geschehen wird. Aber ich erlaube dir, in der Prärie zurückzubleiben, während ich mich auf das Fort begebe.«
»Gut, sehr gut! Nun will ich Tokei-ihto etwas gestehen!«
»Was ist?«
»Ich habe mir zwanzig Männer freigeben lassen und mich mit ihnen verschworen. Sie warten jenseits des Minitanka auf mich, um mir und dir zu helfen … wenn es not sein sollte.«
Der Häuptling zögerte einige Sekunden. »Ich weiß«, sagte er dann, »Tatanka-yotanka hat mir das mitgeteilt. Aber ihr könnt die Blockhäuser nicht angreifen. Sie sind wieder aufgebaut und stark besetzt. Wenn ich verraten werden sollte, so versuche, dich einzuschleichen und mich heimlich zu befreien.«
»Hau. Und den Roten Fuchs zu töten!«
Der Häuptling gab keine Antwort mehr, aber der Biber spürte aus dem Schweigen heraus, was nicht Wort werden konnte. Wachend blieb der Krieger bei seinem Häuptling und Jugendgespielen bis zum Ende der Nacht, und leise sang er das Kampflied der Dakota, die einander auch im Tod nicht verließen:
»Bruder! Was immer dir droht,
ich bin bei dir im Streite.
Rufe mich, Freund, in der Not!
Furchtlos in Wunden und Tod
stehe ich dir zur Seite.«
Das Lied verklang in der Dämmerung. Mit dem Morgengrauen begaben sich die beiden Männer zurück zu ihren Gefährten, und man brach auf. Die Indianer ritten mit ihren ausdauernden Wildpferden den zweiten und noch die Hälfte des dritten Tages, bis sie sich dem Fort näherten.
Die Reiter befanden sich hinter einer Biegung des Flußtales und konnten von der Station aus noch kaum erspäht sein. Der Häuptling ließ den Biber zurück und ritt mit den beiden Ratsmännern auf eine Hügelkuppe, die freien Blick über die Station bot.
Tokei-ihto sah nun mit eigenen Augen, was er aus den Meldungen seiner Späher über den Wiederaufbau schon wußte. Die weißen Männer hatten den Schaden, den ihnen Tokei-ihtos kühner Handstreich zugefügt hatte, schnell wieder ausgeglichen. Die beiden Blockhäuser waren ungefähr in derselben Anordnung wie früher wiederhergestellt, nur noch größer und geräumiger. Auch der Turm stand wieder, aber jetzt vom Kommandantenhaus getrennt. Das Wasser des Flusses reichte nicht mehr bis zu den Palisaden; es hatte sich in sein Bett zurückgezogen.
Aus der Station drangen die Geräusche eines Gewimmels von Menschen und Pferden, Hufstampfen, Schritte, Zurufe, schwach herüber. Die verstärkte Besatzung hatte wahrscheinlich kaum Platz innerhalb der Umzäunung. Dennoch schien man es für notwendig gehalten zu haben, alle Mann mit ihren Tieren in der Station unterzubringen. Der Dakota glaubte zu hören, wie das große Schloß des gegen Westen gerichteten Tores knarrte.
Die Torflügel öffneten sich quietschend, und die Berittenen, die dahinter gehalten hatten, quollen heraus. Der Dakotahäuptling erkannte auch in der Entfernung sofort den aufrechten, weißhaarigen Major auf seiner lebhaften Fuchsstute; kurz hinter ihm hielten drei Offiziere, von denen dem Indianer nur einer bekannt war: Anthony Roach. – Der Leutnant trug wieder eine neue Uniform, die tadellos saß.
Major Smith setzte seine Fuchsstute in leichten Galopp und kam mit seinen drei Begleitern zu der Hügelkuppe. Er begrüßte den Häuptling.
»Wir folgen der Einladung der Langmesser«, antwortete der Dakota langsam.
»Major Smith kennt das sprechende Leder, das ihm der Rat der Dakota durch den Kundschafter Tobias gesandt hat. Es war eine Frage darin.«
Man sah, wie sich das Gesicht des Majors färbte. »Ja, es war eine Frage darin. Ich hatte gehofft, daß Tokei-ihto persönlich auf diese Frage nicht mehr zurückkommen würde. Sie ist eine unerhörte Beleidigung für unsere Armee!«
»Ist Major Smith imstande, mit seiner Mannesehre dafür einzustehen, daß bei der Zusammenkunft ohne jede Hinterlist verfahren wird? Tokei-ihto und die Krieger der Dakota gehen so frei, wie sie gekommen sind, zu jeder Stunde, die ihnen selbst beliebt?«
»So ist es. Dafür stehe ich so gut wie jeder andere ein.«
»Tokei-ihto und seine Krieger werden dir auf das Fort folgen.«
Die beiden Gruppen, die Offiziere und die Indianer, trieben ihre Tiere den Abhang hinunter und strebten dann im Galopp der Station zu.
Sobald alle eingeritten waren, schloß der Wächter die Torflügel und verband sie mit dem schweren, knarrenden Schloß. Mit beherrschten Mienen, mit mißtrauischem Blick beobachteten die Indianer die Menge der
Weitere Kostenlose Bücher