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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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gleichgekommen; er war der Zielsicherste im Schuß, der Geschickteste auf Kundschaftergängen und in allem der unbestrittene Anführer der Knabenhorde gewesen zum Stolz des Vaters Mattotaupa. Uinonah drückte einen Augenblick die Augen zu, als sie an die Jahre dachte, die dann gefolgt waren. Aber der Sohn des Geächteten war zurückgekehrt; seit zwei Sommern hatte sie den Bruder wieder als Schutz und Schirm und Ernährer. Er war der Kriegshäuptling! Uinonah sah die großen schönen Adlerfedern, die sein Haupt schmückten; sie selbst hatte seinen Rock aus Elenleder gearbeitet und reich in Blau und Rot bestickt. Aus der Lederscheide schaute der in Form eines Vogelkopfes geschnitzte Messergriff.
    Tokei-ihto sagte nichts. Seine Züge blieben ohne Bewegung, aber in seine Augen kam ein weicheres Licht, als Fremde es je darin gesehen hatten. Auch ihm schien der Abschied heute schwer zu werden.
    Das Gebell Ohitikas weckte die Geschwister. Mit großen Sätzen sprang der Wolfshund zu seinem Herrn heran, der sich ohne ein Wort wandte und ging. Der Häuptling begab sich zu der Pferdeherde, die nicht weit entfernt unter der Hut einiger Knaben weidete. Nicht weniger als ein Dutzend junger und kräftiger Tiere war darunter, die das Lasso des Häuptlings in den letzten beiden Jahren eingefangen hatte. Auf dem Rücken des falben Mustangs saß Scheschoka, die Drossel, und sang süß in den Morgen hinein; eine Schar ihrer schwarzgefiederten Schwestern lief durch das Gras hinter den Pferden her und pickte nach Futter. Der Hengst hob den Kopf und sog die Luft durch die geblähten Nüstern; dann sprang er übermütig spielend zu seinem Herrn, während die Schwarzdrossel sich schleunigst davonmachte.
    Der Häuptling begrüßte seinen besten Mustang und wartete, bis noch zwei Krieger herbeikamen, zwei betagte Männer, die ihn begleiteten und bei den Verhandlungen unterstützen sollten. Sobald sie erschienen, sprang Tokei-ihto auf, und nachdem auch die beiden Alten und der Biber die Mustangs bestiegen hatten, begann der Ritt.
    Rechts und links schwärmten die Knaben und einige junge Männer auf ihren Pferden umher und zeigten Reiterkunststücke. Hapedah und sein Freund Tschaske hatten gelernt, sich unter dem Bauche des galoppierenden Pferdes durchzuschlängeln, nur mit der Haarschlinge am Rist als Halt, und sie waren stolz, dieses schwierige Manöver vor den Augen des Häuptlings zweimal tadellos durchführen zu können. Von den Anführern der Jungen Hunde wurde besondere Tüchtigkeit erwartet. Als die Reitergruppe die nähere Umgebung des Dorfes verließ, blieben die Knaben und Jünglinge zurück. Tokeiihto führte seine drei Begleiter, ohne viel überlegen zu müssen. Jede Bodenerhebung, jedes Gewässer, jeder Strauch, ja fast jedes Grasbüschel waren ihm hier bekannt.
    Erst mit sinkender Sonne wurde Rast gemacht und das Nachtlager bezogen. Als der Häuptling, der die Wache für den zweiten Teil der Nacht übernommen hatte, wach wurde, erkannte er am Stand der Sterne, daß es eine Stunde nach Mitternacht war.
    Er erhob sich und schlich hinauf zu Tschapa Kraushaar, der auf einer Hügelgruppe lag und von dort über das Plattetal Ausschau hielt.
    »Ablösung!« sagte der Häuptling zu dem Krieger, als dieser sich nicht rühren wollte.
    Aber der Biber war noch nicht müde.
    »Bleiben wir zu zweit«, schlug er vor. »Ich habe dir noch etwas zu sagen.«
    Tokei-ihto richtete sich neben seinem Gefährten ein.
    »Harka!« Der Biber nannte den Namen seines Jugendgefährten mit dem vertrauten Klang der Knabenfreundschaft. »Warum hast du nicht verlangt, daß eine größere Schar von Kriegern dich begleitet? Auf der Blockhausstation lauert der Rote Fuchs!«
    »Du weißt, wo unsere Männer jetzt gebraucht werden. Die Generäle ziehen mit ihren Langmessern durch unsere Prärien nördlich der Black Hills, und unsere Oberhäuptlinge müssen ihnen dort entgegentreten. Der Kampf der Dakota ist der letzte Kampf um die Prärie. Wenn wir geschlagen werden, sind alle besiegt. Die Krieger der Dakota können nicht jetzt ihre Pläne ändern, um den Sohn eines Geächteten zu beschützen wie ein kleines Mädchen, das Angst hat.«
    »Schweig, deine Worte verwirren alles. Es wäre besser, du gingest mit zu der großen Versammlung unserer Häuptlinge und Krieger und du kämpftest mit uns im Norden gegen die Langmesser und ihre Generäle, als daß du dich am Niobrara verräterisch ermorden läßt. Aber nun sage mir wenigstens, was ich tun soll, wenn die Langmesser sich

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