Der junge Häuptling
Truppen. Als Smith und seine Offiziere vom Pferd stiegen, glitten auch sie von ihren Tieren herab. Die Pferde sollten von den Mannschaften fortgebracht werden.
Tokei-ihtos Wildhengst schnappte nach dem Arm des Soldaten, der den Zügel greifen wollte. Der Mann fuhr erschreckt zurück. Der Häuptling sah sich suchend um.
»Wo ist Tobias, euer Kundschafter? Ihm wird das Tier folgen.«
»Tobias! He! Tobias!« schrie der Dragoner schallend über den Hof. Von der Pfahlmauer im Hintergrund der umstehenden Menge löste sich die lange Gestalt des Kundschafters. Tobias kam herbei. Er trug den Lederanzug, den Uinonah und Blitzwolke gearbeitet hatten, aber die Schlangenhaut war wieder aus seinen Haaren verschwunden und durch ein grünes Tuch ersetzt. Seine Mienen zeigten die alte ausdruckslose Gleichgültigkeit. Ohne den Häuptling zu begrüßen, nahm er den Zügelriemen des Falben, der auf Tokei-ihtos Aufforderung hin dem Kundschafter langsam folgte. Major Smith begab sich mit dem Häuptling zum Kommandantenhaus; seine Offiziere und die Indianer folgten.
An einigen untersten Balken des Hauses sah man noch die Spuren des Brandes. Beim Eintreten erfaßte Tokeiihtos Blick einen langgestreckten Raum, der durch eine halbhohe Zwischenwand bis zu zwei Drittel der Schmalseite geteilt war. Der Raum hatte zwei Türen, die eine, durch die man vom Hof eintrat, an der nördlichen Schmalseite, und eine weitere, die an der gegenüberliegenden Schmalseite in einen Nebenraum führte. Die dritte Tür war weggefallen, da die Verbindung zum Turm nicht mehr bestand. Der unmittelbar bei der Eingangstür gelegene Teil des Raumes war leer. In der hinteren, türlosen Hälfte, von der Zwischenwand gedeckt, stand wieder der alte schwere Holztisch mit der verkohlten Eichenplatte, der fast die ganze Breite des abgeteilten Raumes einnahm. Wandbänke faßten den Tisch an drei Seiten ein. Es war ein nach Westen gerichtetes Fenster vorhanden, durch das Licht auf Tisch und Bänke fiel, außerdem waren ein paar Schießluken in die Blockwände eingelassen. Sieben Offiziere saßen auf der Wandbank mit dem Rücken gegen die Außenwand und die feste Innenwand. Vor sich auf dem Tisch hatten sie eine Karte ausgebreitet. Sie erhoben sich jetzt. Tokei-ihto erkannte unter ihnen an der Uniform einen Obersten. Durch die Vermittlung von Smith und Tokei-ihto stellten sich die Offiziere und die indianischen Unterhändler einander vor.
Oberst Jackman begrüßte den Häuptling gemessen und bat ihn, mit seinen Kriegern Platz zu nehmen. Die Dakota und Smith ließen sich auf den einzigen freien Plätzen der Wandbank mit dem Rücken gegen die Zwischenwand nieder. Tokei-ihto hatte den Eindruck, daß man ihn und seine Begleiter auf diese Patze manövriert habe, von denen aus die Tür zum Hof nicht beobachtet werden konnte. Der Häuptling studierte unauffällig das Äußere seines Verhandlungspartners. Der Oberst war mittelgroß und kurzhalsig; eine mäßige Intelligenz und unbefriedigter Ehrgeiz sprachen aus seinen Zügen. Der Mund wirkte verkniffen. Seine Augen liefen in nicht ganz bezähmter Unruhe umher, an den Dakota vorbei zu der entfernten Eingangstür. Tokei-ihto hörte Geräusche. Die Tür wurde geöffnet, schwer beschuhte Männer tappten in den leeren Teil der Kammer herein; etwa die Hälfte von ihnen kam an der Zwischenwand vorbei.
Es waren Rauhreiter; sie trugen keine Hüte, so daß ihre blonden, braunen oder schwarzen Haare zu sehen waren. Einzelne hatten die Haare lang bis auf die Schultern wachsen lassen wie die Indianer. In den Gürteln der Männer steckten die üblichen Waffen, das Messer und der Revolver. Es wurden ihrer immer mehr. Tokei-ihto zählte nach Ansehen und Geräuschen im ganzen vierzehn, als der letzte eintrat.
Dieser zuletzt eingetretene schlug die Tür hinter sich zu und verschloß sie. Er kam mit langen Schritten unmittelbar an das untere Ende des Tisches heran. Seine Hände waren groß und stark wie sein ganzer Körper. Er warf einen Blick auf die Dakota, ehe er die Lider wieder senkte, und mit einer lässigen Handbewegung wies er zwei Männer auf Standplätze, die für einen etwaigen Anschlag auf die indianischen Unterhändler noch günstiger waren.
Tokei-ihto hatte seinen Feind erkannt.
Jackman nickte Red Fox zu, seine Unruhe schien zu schwinden.
»Ich freue mich«, sagte er zu Tokei-ihto, »daß die Häuptlinge der Dakota zur verabredeten Stunde pünktlich eingetroffen sind. Ich habe alles Material für die Verhandlungen bereit, und ich
Weitere Kostenlose Bücher