Der junge Häuptling
euch doch mit dieser Flüssigkeit schon ganz gut angefreundet, wie? Sagt man jedenfalls.«
Jackman hatte die Hand an den Becher gelegt, aber da Tokei-ihto noch nicht zu dem seinen gegriffen hatte, zögerte auch der Oberst, den Becher zu erheben.
»Der Name Feuerwasser stammt nicht aus den Gedanken der roten Männer«, antwortete der Häuptling kalt.
»Die weißen Männer haben ihn uns auf die Lippen gegeben. Die Krieger der Dakota pflegen dieses Wasser ›Mini-waken‹ zu nennen, das ist ›Heiligwasser‹.« Jackman und seine Offiziere lachten. Major Smith blieb ernst.
»Heiligwasser?« nahm der Oberst den Faden des Gesprächs wieder auf, der ihm zugeworfen war. »Wie kommt ihr denn darauf?«
»Unsere Ohren haben gehört, daß die weißen Männer solches Wasser an jenen Orten trinken, an denen sie dem großen Geist dienen.«
»In der Kirche … ach verdammt – den Wein meint ihr …« Jackman wurde verlegen.
»Na ja, aber das ist ja wieder etwas anderes als Brandy, obwohl man sich auch damit besaufen kann. So, also Heiligwasser … aber hier ist nicht der geeignete Ort für eine Predigt. Trinken wir lieber eins. Wie ist es mit unseren roten Freunden? Wollen sie endlich auch ein Schlückchen riskieren?«
»Wir trinken nicht – eines Gelübdes wegen. Oberst Jackman aber mag sich nicht stören lassen. Wir lieben es zuzusehen.«
»Zuviel Enthaltsamkeit ist auch nicht das richtige. Einseitig ist es nichts mit dem Alkohol. Ihr seid ein ungemütlicher Herr! Wollt ihr es wirklich nicht versuchen?«
»Wir danken.« Jackman schob mißgelaunt seinen Becher weg.
»Abstinenzverein bei den Dakota!« versuchte er zu spotten. Er mußte einsehen, daß seine List gescheitert war.
»Da müssen wir uns also trocken verständigen!« Der Oberst legte die Arme auf den Tisch und beugte sich mit gewellter Vertraulichkeit vor, um den nächsten Umgehungsangriff vorzubereiten. »Wir sind tatsächlich keine Unmenschen! Es muß sich alles auf eine Weise regeln lassen, bei der jeder zu seinem Recht kommt.«
»Hat Oberst Jackman einen Vorschlag?«
»In der Hoffnung auf den Frieden habe ich hundert Vorschläge. Man müßte nur erst wissen, was du eigentlich willst.«
»Das hat meine Zunge ausgesprochen.«
»Gewiß, gewiß. Wir wollen euch ja nicht das Leben nehmen. Du bist ein Mann von großen Fähigkeiten. Wir haben dich hier kennengelernt – also toll einfach, was man von dir erzählt hat. Toll! Das ganze Fort in die Luft gesprengt … Es ist klar, daß wir in dir einen ernst zu nehmenden Verhandlungspartner sehen. Wenn du auch noch sehr jung bist. Deine eigenen Leute scheinen genügend Vertrauen zu dir zu haben … wie weit gehen eigentlich deine Vollmachten?« Jackman stellte die letzte Frage schnell und lauernd.
»So weit, wie sie in dem sprechenden Papier der Ratsversammlung beschrieben worden sind. Meine Ohren sind bestimmt, die Vorschläge der Langmesser anzuhören, und meine Zunge soll sie den Häuptlingen und Ältesten der Dakota wiederholen.«
»Ah so … hm. Du hast also gar nicht die Berechtigung, im Namen der gesamten Dakota zu unterschreiben oder abzulehnen?«
»Nein.«
»Oh, dann waren wir doch vorhin nahe daran, uns auf eine durchaus überflüssige Weise zu entzweien. Es hat dann auch wirklich keinen Zweck, das Thema ganz aufzurollen. Ich muß – ich muß tatsächlich aussprechen, daß es, gelinde gesagt, eine Anmaßung ist, mir da irgendeinen Unterhändler ohne Vollmachten herzuschicken … was stellt man sich da drüben bei euch eigentlich unter einem Obersten vor?!«
»Einen Anführer von Langmessern, der im Auftrag seines großen Vaters und seiner Ältesten Tatankayotanka und Tokei-ihto hierher auf das Fort geladen hat. Die weißen Männer haben mich gerufen. Wenn ihnen aber mein Gesicht nicht gefällt, so werde ich wieder gehen.« Der Indianer sprach in so ruhig abweisendem Ton, daß es Jackman unangenehm war.
»Wir wollen nicht schon wieder die Klingen kreuzen; einmal am Tag genügt. Wir haben dich deshalb gerufen, weil dein Ruhm und dein Einfluß bei den Dakota außerordentlich zu sein schienen. Wir glauben, daß du die Fähigkeit zu einem zweiten ›Pontiac‹ hast. Ich finde es höchst ungereimt, daß sie einem Mann wie dir nicht größere Vollmachten gegeben haben. Von unserer Seite wäre man durchaus geneigt, Verträge mit dir endgültig abzuschließen. Du bist doch zumindest der Häuptling der Bärenbande?«
»Kriegshäuptling der Söhne der Großen Bärin.«
»Gut, wir haben jetzt Krieg,
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