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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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an. Die neuen Wachen krochen an den Strecktauen entlang zu ihren Posten, die abgelösten schlurften in den dunklen, feuchten Rumpf, wo sie sich an Masten, Balken, Ringen und ähnlichem anseilen mußten, wenn sie in einen erschöpften Schlaf fallen wollten.
    Den Aufbauten vergleichbar, blieben nur der Kapitän und der Master an Deck und starrten mit salzverkrusteten, geröteten Augen auf die Wellen und die Segel, ab und an einen Befehl an die Rudergänger brüllend. Von Zeit zu Zeit zog sich der Steward des Kapitäns aus der Luke und schlingerte auf die beiden zu, eine Kanne mit seinem Arm und dem Körper schützend.
    Irgendwie schaffte er es immer wieder, mit Talglichtern in der mit Ziegelsteinen verkleideten Kiste in seiner Kammer Kaffee zu erhitzen, der – mit Rum vermischt – die Lebensgeister der beiden vorübergehend auffrischte.
    Der Kapitän neigte sich zu Mr. Hopes Ohr: »Der Sturm wandert über Nord nach West aus. Wir können in der Nacht nicht vor ihm herlaufen. Die Gefahr wäre zu groß, daß wir querschlagen. Wir müssen halsen und beiliegen.«
    Der Master stimmte zu, daß es keine andere Lösung gäbe.
    »Gut, dann holen Sie die besten Leute ans Ruder und die besten Toppgäste an die Masten. Die Trosse können wir nicht einholen. Sie muß losgeschlagen werden!«
    Die Bootsmannsmaate riefen unter Deck alle kräftigen und erfahrenen Seeleute: »Fertig machen zum Halsen! An Deck, ihr faulen Hurensöhne!«
    »Gott steh uns bei«, murmelte der alte Zimmermann und faltete die Hände.
    Offiziere und Mannschaften sammelten sich am Niedergang.
    Mr. Grant brüllte ihnen zu: »Wir laufen unter Sturmfock und dichtgerefftem Großmarssegel. Vor der Halse wird die Fock gesetzt, aber nur der Hals. Das Segel in Lee gut beschlagen, damit der Sturm es nicht löst und zerfetzt! William Hansen, Sie nehmen acht Mann und erledigen das zuerst. Die anderen stehen an ihren Posten bereit. Mr. Morsey und ich geben die Befehle vom Achterdeck weiter. Alles klar? An Deck! Eine Hand für das Schiff, eine Hand für euch!«
    Die Gruppe hastete nach oben, klammerte sich an die Strecktaue und hangelte sich in dem stäubenden Gischt an die Posten, die Augen immer wieder vor dem stechenden Salzwasser zusammengekniffen.
    »Fock am Hals gesetzt«, ertönte die Meldung von vorn.
    Kapitän Brisbane klammerte sich an eine Want und hielt mit der anderen das Sprachrohr. »Mr. Hope, Sie beachten die Wellen achteraus und rufen mir zu, wann die Lage günstig ist.«
    Der Master sah die zweite, die dritte hohe Welle und dann die kleinere dahinter. »Fertig, los!«
    Kapitän Brisbane hob das Sprachrohr: »Klar zum Halsen! Groß-Geitaue hol steif …«
    Und der Kommandoschwall ging über Mr. Morsey zu Mr. Grant. Alle packten an. Eine bockende Rah schleuderte einen Mann an Deck, aber bevor er schreiend von der Woge über Bord gespült werden konnte, warfen sich zwei andere über ihn, deckten ihn mit ihren in Taue und Ringen verklammerten Körpern und schleiften ihn zum Niedergang.
    Die Rudergänger kämpften mit dem großen, bockenden Ruderrad. Aber das Heck drehte durch den Wind. Die Fock zog, und das Ruder drückte. Die nächste große Welle kam schon schräg von vorn. Der Kapitän ließ zwei untere Stagsegel und den Sturmbesan setzen.
    Er beobachtete eine Weile, wie das Schiff den Wind schräg von vorn nahm und sagte zum Master: »Mr. Hope, Sie lassen sich für zwei Stunden von Ihrem Ersten Maat ablösen. Danach ziehe ich mir trockene Sachen an, und Mr. Grant vertritt mich so lange.«
    »Aber Sir, ich halte noch durch!« protestierte der Master.
    Daran zweifele er nicht, erwiderte der Kapitän, aber im Augenblick habe sich die Lage stabilisiert, und wenn es wieder schlimmer werde, müsse er auf die wachen Reaktionen des Masters bauen können. Mr. Hope tauchte in Gischt und Dunkelheit unter, und Charles Haddington nahm seinen Platz ein.
    Unter Deck war David gerade von einem Rundgang zurückgekehrt, bei dem er die Befestigung der vorderen Steuerbordgeschütze überprüfen mußte. ›Rundgang‹ war eine poetische Umschreibung des Stolperns und Umhergeschleudertwerdens.
    Einmal hatte er sich das Schienenbein so an einer Lafette geschlagen, daß er seinen Schmerz hinausschrie und minutenlang liegenblieb. Natürlich hörte ihn niemand in dem Krachen der Wogen und dem Stöhnen des Rumpfes.
    Jetzt stieß ihn schon wieder Mr. Bates an: »Die jungen Herren der Backbordwache mit an die vorderen Pumpen. Wir brauchen jeden Arm!«
    Und David hob die

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