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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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sein: offenbar aus scharfer Berechnung. Das Schweigen dauerte noch eine Weile an, und dann begannen alle lebhaft miteinander zu reden, während der Junker sich niederlegte, die Hände unter dem Kopf verschränkt und das eine Knie über das andere geworfen wie jemand, den das Ergebnis nichts angeht. Und hier möchte ich sagen, daß dieser tollkühne Mensch sich zu weit vorwagte und seiner Sache schadete. Jedenfalls wandte sich die Stimmung nach einigem Hinundherüberlegen endgültig gegen ihn. Möglicherweise hatte er gehofft die Affäre vom Piratenschiff zu wiederholen und selbst zum Führer ernannt zu werden, wenn die Bedingungen auch hart gewesen wären. Die Dinge gingen so weit, daß Mountain tatsächlich einen solchen Vorschlag machte, aber der Felsen, gegen den er anrannte, war Hastie. Dieser Bursche war nicht beliebt, denn er war mißmutig und faul, häßlich und hinterhältig, aber er hatte eine Zeitlang Theologie studiert im Edinburgher Kolleg, bevor schlechte Führung seine Aussichten vernichtet hatten, und jetzt erinnerte er sich dessen, was er gelernt hatte, und wandte es an. Er war noch nicht weit gekommen, als der Junker sich scheinbar sorglos auf die Seite legte, was nach Mountains Ansicht geschah, um den Beginnder Verzweiflung im Ausdruck seines Gesichtes zu verbergen. Hastie bezeichnete das meiste dessen, was sie gehört hätten, als nicht zur Sache gehörig. Sie wünschten nichts als den Schatz! Was über Harris vorgetragen sei, könne wahr sein, und sie würden es zu gegebener Zeit in Betracht ziehen. Aber was habe das mit dem Schatz zu tun? Sie hätten viele Worte gehört, aber die Wahrheit sei, daß Mr. Durie verflucht ängstlich und deshalb mehrere Male geflohen sei. Hier sei er nun wieder da, ganz gleich, ob man ihn gefangen habe oder ob er freiwillig zurückgekehrt sei: die Hauptsache sei, endlich die Sache zu Ende zu führen. Was die Absetzung und Neuwahl eines Führers beträfe, so hoffe er, sie seien alle freie Leute und könnten ihre Geschäfte selbst erledigen. Das sei nur Sand, den man ihnen in die Augen streuen wolle, und dasselbe gelte von dem Vorschlag, mit Harris zu kämpfen.
    »Er soll mit niemand in diesem Lager kämpfen, das kann ich ihm sagen«, fuhr Hastie fort. »Wir hatten Mühe genug, ihm seine Waffen zu nehmen, und wir wären große Narren, wenn wir sie ihm zurückgäben. Falls der Gentleman aber Ablenkung sucht, so kann ich ihm mehr bieten, als ihm vielleicht lieb ist. Ich habe nicht die Absicht, den Rest meines Lebens in diesen Bergen zu verbringen, schon jetzt dauert es mir zu lange, und ich schlage vor, daß er uns sofort sagen soll, wo der Schatz liegt, widrigenfalls er sofort erschossen wird. Und hier«, sagte er und zog seine Waffe, »hier ist die Pistole, die ich gebrauchen werde.«
    »Kommen Sie, ich nenne Sie einen Mann!« rief derJunker, richtete sich auf und sah den Sprecher mit bewundernder Miene an.
    »Ich habe Sie nicht gefragt, wie Sie mich nennen mögen«, erwiderte Hastie, »was wählen Sie?«
    »Das ist eine eigene Frage«, sagte der Junker. »In der Not frißt der Teufel Fliegen. Tatsache ist, daß wir ganz in der Nähe des Platzes sind, und ich werde ihn euch morgen zeigen.«
    Damit erhob er sich, als ob alles erledigt sei, und zwar ganz in seinem Sinne erledigt, und ging zu seinem Zelt, wohin Secundra schon vorher geeilt war.
    An diese letzten Drehungen und Wendungen meines alten Feindes kann ich nur mit Bewunderung denken. Selbst das Mitleid schleicht sich kaum in mein Gefühl ein: so tapfer ertrug dieser Mann sein Mißgeschick, so kühn leistete er Widerstand. Selbst in dieser Stunde, als er wußte, daß er vollkommen verloren sei, und als er begriff, daß er nichts erreicht hatte als einen Wechsel der Feinde, und daß er Harris gestürzt hatte, um Hastie an seine Stelle zu setzen, selbst jetzt war kein Zeichen der Schwäche in seiner Haltung wahrzunehmen. Er zog sich ruhig, mit sicherem und liebenswürdigem Ausdruck, in sein Zelt zurück, als wolle er nach dem Theater ein Nachtessen mit den Schauspielern einnehmen, obgleich er damals schon, wie ich vermute, entschlossen war, die unglaublichen Gefahren eines allerletzten Ausweges auf sich zu nehmen. Drinnen allerdings mochte seine Seele zittern, wenn man sie hätte sehen können.
    Schon frühzeitig während der Nacht verbreitete sich im Lager das Gerücht, er sei krank, und gleich amnächsten Morgen rief er Hastie an sein Lager und fragte sehr besorgt, ob er Kenntnisse in der Medizin besitze.

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