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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Vorschlag. Ich glaube, siewaren meistens dumme Kerle. Harris besaß allerdings einige Fertigkeit, Mountain war kein Narr, Hastie war ein gebildeter Mensch, aber selbst diese hatten offenbar im Leben Schiffbruch erlitten, und die übrigen waren der Abschaum kolonialer Verderbtheit. Der Entschluß, den sie schließlich faßten, war das Ergebnis von Habgier und Hoffnung auf Gewinn, weniger das vernünftiger Überlegung. Sie wollten abwarten, wachsam sein und den Junker beobachten, dabei stillschweigen und seinem Argwohn keine neue Nahrung bieten, wobei man sich, soviel ich feststellen kann, ganz darauf verließ, daß das Opfer ebenso habgierig, hoffnungsfroh und unvernünftig war und schließlich Leben und Besitz verlieren werde.
    Zweimal im Laufe des nächsten Tages mußten Secundra und der Junker annehmen, es sei ihnen gelungen zu entwischen, aber zweimal wurden sie wieder umzingelt. Der Junker verriet, obgleich er beim zweiten Male etwas blaß wurde, kein Zeichen von Enttäuschung, er entschuldigte sich wegen der Torheit, mit der er sich verlaufen habe, dankte den Leuten, die ihn einholten, für ihre Dienstleistung und schloß sich dem Zuge wieder an, indem er seine gewöhnliche Höflichkeit und Heiterkeit in Miene und Benehmen zur Schau trug. Aber es ist kein Zweifel, daß er Unrat gewittert hatte, denn von nun an flüsterten er und Secundra sich einander nur noch ins Ohr, und Harris lauschte und fror vor dem Zelt vergebens. Am selben Abend wurde angekündigt, daß sie die Boote verlassen und zu Fuß weiter vordringen müßten, ein Umstand, der die Aussichtenauf Flucht stark verminderte, da er die allgemeine Verwirrung, die sonst bei den Stromschnellen zu entstehen pflegte, aufhob.
    Und nun begann zwischen den beiden Parteien ein schweigender Kampf, auf der einen Seite ums Leben, auf der anderen um Reichtümer. Man befand sich jetzt in der Nähe des Teiles der Einöde, wo der Junker selbst die Rolle des Führers übernehmen mußte, und indem Harris und seine Leute dies zum Vorwand nahmen, um ihn zu überlisten, saßen sie jede Nacht mit ihm beim Feuer und versuchten ihm irgendeine Andeutung zu entlocken. Er wußte genau, daß es seinen Tod bedeutete, wenn er sein Geheimnis verriet. Andererseits durfte er die Antwort auf ihre Fragen nicht verweigern und mußte sich den Anschein geben, ihnen nach besten Kräften helfen zu wollen, da er sonst sein Mißtrauen offenbart hätte. Und doch versicherte mich Mountain, daß die Stirn des Mannes nie gerunzelt war. Er saß inmitten dieser Verbrecher, und sein Leben hing an einem Faden, während er dasaß wie ein ruhiger und humorvoller Hausvater am eigenen Kamin. Auf alles hatte er eine Antwort, und zwar sehr oft eine witzige Antwort, er ging über Drohungen hinweg und beachtete Beleidigungen nicht, er plauderte, lachte und lauschte auf die unbefangenste Art. Kurzum, er benahm sich so, daß jeder Verdacht entwaffnet und sogar die Überzeugung von seinem Mitwissen erschüttert wurde. Mountain bekannte mir, daß sie beinahe die Aussagen ihres Anführers in Frage gezogen hätten und zur Annahme neigten, daß ihr Opfer noch nichts von ihren Plänenwußte, wenn nicht die Tatsache bestanden hätte, daß er allen Fragen fortgesetzt, wenn auch sehr klug, auswich und, was noch mehr bewies, wiederholt versucht hätte zu entkommen. Über den letzten Fluchtversuch, der die Dinge auf die Spitze trieb, will ich nun berichten. Zunächst muß ich sagen, daß die Stimmung bei den Spießgesellen von Harris immer schlechter wurde, Höflichkeit wurde kaum noch gespielt, und der Junker und Secundra waren, was sehr bezeichnend ist, unter irgendeinem Vorwande ihrer Waffen beraubt worden. Das bedrohte Paar hielt jedoch den Schein der Freundschaft immer noch geschickt aufrecht, Secundra verbeugte sich nach allen Seiten, der Junker lächelte allen zu, und in der letzten Nacht des Waffenstillstandes war er sogar so weit gegangen, Lieder in dieser Gesellschaft vorzutragen. Auch hatte man beobachtet, daß er außergewöhnlich herzhaft gegessen und viel getrunken hatte, ohne Zweifel absichtlich.
    Jedenfalls kam er um drei Uhr in der Frühe aus dem Zelt heraus, und man hörte, wie er nach Art eines Mannes, der zuviel genossen hat, stöhnte und fluchte. Eine Zeitlang bemühte sich Secundra in aller Öffentlichkeit um seinen Herrn, dem schließlich besser wurde und der nun hinter dem Zelt auf dem eisigen Boden in Schlaf verfiel, während der Inder ins Zelt zurückging. Etwas später wurde die Wache gewechselt.

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