Der Junker von Ballantrae
Wort.
Mr. Henry ging ohne Antwort zu geben am unteren Ende der Halle auf und ab, denn er wußte ausgezeichnet zu schweigen. Plötzlich kam er zurück.
»Ich bin der Jüngere, und ich muß gehen«, sagte er. »Mein Lord hier ist der Herr, und er sagt, daß ich gehen muß. Was sagst du dazu, mein Bruder?«
»Ich sage dies, Harry«, antwortete der Junker, »daß es nur zwei Wege gibt, wenn hartnäckige Leute aneinandergeraten: Zweikampf – ich denke, daß keiner von uns Lust hat, so weit zu gehen – oder Entscheidung durch den Zufall. Hier ist ein Goldstück. Wollen wir es entscheiden lassen?«
»Ich will dadurch stehen und fallen«, sagte Mr. Henry. »Kopf: ich gehe; Wappen: ich bleibe.«
Die Münze wurde hochgeworfen. Die Münze fiel und zeigte die Wappenseite.
»Das ist eine Lehre für Jakob«, sagte der Junker.
»Wir alle werden das bereuen«, antwortete Mr. Henry und stürzte aus der Halle.
Miß Alison ergriff das Goldstück, das soeben ihren Geliebten ins Feld gesandt hatte, und schleuderte es durch das Familienwappen in dem großen bemalten Fenster.
»Wenn du mich so liebtest, wie ich dich liebe, wärst du geblieben!« rief sie aus.
»Ich könnte dich, Liebste, nicht lieben so sehr, liebt' ich Kampf und Ehre nicht mehr!« sang der Junker.
»Ach!« rief sie. »Du hast kein Herz, ich hoffe, du wirst getötet!«
Sie eilte aus dem Raum und lief weinend auf ihr Zimmer.
Es scheint, daß der Junker sich in heiterster Haltung zum Lord wandte und sagte: »Sie muß ein Teufel von einem Weib sein!«
»Ich glaube, du bist ein Teufel von einem Sohn«, rief der Vater aus. »Du, der du immer mein Lieblingssohn gewesen bist, zu meiner Schande sei es gestanden! Niemals habe ich eine gute Stunde mit dir erlebt, seit du geboren bist, nein, niemals eine gute Stunde«, und er wiederholte es zum dritten Male. Ob es die Leichtsinnigkeit des Junkers oder sein Ungehorsam oder Mr. Henrys Wort vom Lieblingssohn war, was den alten Lord so aufbrachte, weiß ich nicht, aber ich neige zu der Ansicht, daß es das letztere war, denn nach allen Berichten, die mir zur Verfügung stehen, begann er von dieser Stunde an, Mr. Henry mehr zu beachten.
Alles in allem ritt der Junker in ziemlich böser Stimmung gegen seine Familie nordwärts, woran sich dieanderen mit großem Kummer erinnerten, als es zu spät schien. Durch Drohungen und Begünstigungen hatte er ungefähr ein Dutzend Leute um sich versammelt, zumeist Söhne von Pächtern. Sie waren alleziemlich betrunken, als sie aufbrachen und den Hügel bei der alten Abtei lärmend und singend hinaufritten, die weiße Kokarde am Hut. Es war ein verzweifeltes Abenteuer für eine so kleine Schar, fast ganz Schottland ohne Unterstützung zu durchqueren. Man glaubte das um so mehr, als gerade damals, da dies Dutzend Leutchen den Hügel hinaufkletterte, ein großes Schiff aus der Flotte des Königs mit flatterndem Wimpel in der Bucht lag und sie durch die Mannschaft eines einzigen Bootes hätte aufreiben können. Am nächsten Nachmittag mußte Mr. Henry abreisen, nachdem der Junker einen genügenden Vorsprung gewonnen hatte. Ganz allein ritt er von dannen, um der Regierung König Georgs sein Schwert zur Verfügung zu stellen und ein Handschreiben seines Vaters zu überreichen. Miß Alison wurde in ihrem Zimmer eingeschlossen, bis beide fortgezogen waren. Sie weinte fast ununterbrochen, nur nähte sie die Kokarde an des Junkers Hut, die (wie John Paul mir erzählte) von Tränen durchtränkt war, als er sie ihm hinuntertrug.
In der ganzen nächsten Zeit blieben Mr. Henry und der alte Lord ihrem Plan treu. Daß sie jemals etwas unternommen hätten, ist mehr, als ich weiß, und ich glaube auch nicht, daß sie sich sehr energisch um die Sache des Königs bemühten. Sie hielten sich an ihren Treuschwur, wechselten Briefe mit dem Lord-Präsidenten, weilten ruhig zu Hause und hatten wenig oder keine Verbindung mit dem Junker, solange die Zwistigkeiten dauerten. Auch war er seinerseits nicht sehr mitteilsam. Miß Alison sandte ihm zwar stets Stafetten, aber ichweiß nicht, ob sie jemals eine Antwort erhielt. Einst ritt Macconochie für sie hin und fand die Hochländer vor Carlisle, wo der Junker in hoher Gunst stand beim Prinzen. Er nahm den Brief, wie Macconochie erzählte, öffnete ihn, überflog ihn, den Mund gespitzt wie ein Mann der flötet, und steckte ihn in seinen Gürtel. Als das Pferd aufbäumte, fiel er unbeachtet zur Erde. Macconochie hob ihn auf und nahm ihn an sich, und ich selbst habe
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