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Der Kaiser von China

Der Kaiser von China

Titel: Der Kaiser von China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Rammstedt
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die du liebst«, flüsterte ich leise, das flüsterte ich in den vergangenen Wochen immer, wenn mich etwas an ihm empörte, auch wenn der Satz nicht ganz stimmte, aber das durfte mich nicht stören, denn »Ich habe ein paar Mal mit der Frau geschlafen, die du bis vor kurzem geliebt hast« hatte nicht annähernd die gleiche Wirkung.
    »Wie bitte?«, fragte mein Großvater, und ich sagte: »Nichts«, und dann fing er mit den möglichen Reiserouten an, die er mir sofort auswendig aufsagte, es fielen unzählige Namen von Städten, von Bergen, von Tempeln und Restaurants, und ich konnte all das jetzt schon nicht mehr hören, also unterbrach ich ihn und sagte, dass ich mich am liebsten überraschen lassen würde, stand auf und ging zurück ins Gartenhaus. Und das mit der Überraschung war ihm dann ja zweifellos gelungen.
    Am Nachmittag ließ ich mir von meinen Geschwistern das Fahrtgeld auszahlen, »Danke«, sagte ich, und meine Geschwister winkten ab, »Wir haben zu danken«. Darüber, wie ich meinen Anteil auftreiben sollte, machte ich mir keine Gedanken, es würde eine Lösung geben. Bisher hatte es immer eine Lösung gegeben.
    »Ich fahre nach China«, sagte ich am nächsten Tag am Telefon, und Franziska sagte, das sei ja mal was Neues, und ich sagte: »Allerdings«, etwas Brandneues sei das sogar, und ich hoffte, dass Franziskas Schweigen, das nun folgte, ein verblüfftes Schweigen war. Nach ein paar Sekunden hörte ich sie aber krachend in einen Apfel beißen, offenbar mussten heute alle, mit denen ich sprach, irgendwo reinbeißen, offenbar regte meine Entschlossenheit unglaublich den Appetit an, und dann fragte Franziska auch noch mit vollem Mund, ob ich etwa nur anrufe, um ihr das mitzuteilen, und weil ich das nicht zugeben wollte, weil ich nicht wollte, dass Franziska noch einmal in ihren Apfel biss oder sogar auflegte, sagte ich: »Natürlich nicht«, ich müsse ihr aber etwas Wichtiges sagen, und ich hoffte, dass mir auf die Schnelle einfiel, was das sein könnte. Da sei sie ja mal gespannt, sagte Franziska und biss trotzdem in den Apfel, und vielleicht lag es an ihrem lauten Kauen, vielleicht wollte ich, dass sie sich verschluckte, vielleicht fiel mir aber auch einfach nichts anderes ein, »Ich werde dich verlassen«, sagte ich jedenfalls, und ärgerte mich darüber, wie aufgesagt das klang. Und Franziska verschluckte sich nicht, sie schnaubte nur verächtlich. Das könnte mir so passen, sagte sie, aber dafür sei es leider zu spät, denn wenn sie sich recht erinnere, habe sie mich gestern schon verlassen, und ich sagte, da sei sie aber nicht besonders deutlich gewesen, und außerdem habe sie das bereits so oft getan, dass ich einfach nicht wüsste, wann genau das ernstzunehmen sei, und Franziska sagte: »Immer«, immer sei das ernstzunehmen , und ich fragte, warum sie dann nicht einfach mal konsequent wäre, und Franziska sagte, dass sie sich von mir nicht über Konsequenz belehren lassen wolle, ich käme schließlich nicht einmal in die Verlegenheit, zu meinen Entscheidungen stehen zu müssen, weil es gar keine Entscheidungen gebe, und schon wieder biss sie in ihren Apfel, es krachte so laut, dass ich den Hörer vom Ohr nehmen musste, dann sagte ich: »In Ordnung, dann heiraten wir halt«, und Franziska verschluckte sich tatsächlich. Wie ich denn auf so etwas käme, fragte sie, als sie mit dem Husten fertig war. »Warum?«, sagte ich, das sei doch ihre eigene Idee gewesen, und Franziska überlegte kurz, dann schien sie sich an ihren Satz aus dem Auto zu erinnern, sie lachte kurz auf und sagte, da hätte ich wohl etwas missverstanden, sie habe damals nicht vorgeschlagen zu heiraten, sondern lediglich, dass ich ihr einen Antrag mache, und ich sagte, das sehe ihr mal wieder ähnlich, alle sollten sich gefälligst um sie reißen, aber selbst wolle sie sich bloß nicht festlegen, und Franziska fragte, was ich denn bitte vom Reißen verstehe, und ich sagte: »Jede Menge«, und dass sie jetzt bitte nicht das Thema wechseln sollte. »Heiraten wir jetzt oder nicht?«, fragte ich, ich schrie es sogar, und Franziska schrie: »In Ordnung, wir heiraten«, und auch ich schrie: »In Ordnung«, und Franziska schrie es noch einmal, wir warfen uns das »In Ordnung« minutenlang um die Ohren, bis Franziska »Wann?« schrie, und ich schrie zurück: »Gleich morgen«, und Franziska schrie: »Warum nicht jetzt sofort?«, und ich schrie: »Von mir aus gern«, und dann schrie Franziska nicht mehr, mit ruhiger Stimme sagte sie:

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