Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
eines kanadischen Schwerwasserreaktors 1955 nutzte Indien zur Herstellung der 1974 gezündeten Atombombe. Pakistan profitierte bei seinen ersten Schritten zur Bombe in den achtziger Jahren massiv von den geheimen Subventionen, die die USA zur Unterstützung der antisowjetischen Kämpfer in Afghanistan durch das Land schleusten.
Demgegenüber war der afrikanische Kontinent lange Zeit ein Ort minderen Interesses für die USA. Am Ende der Amtszeit Eisen-howers wurde zwar ein eigenes «Afrikanisches Büro» im US-Außen-ministerium eingerichtet, doch erst Kennedy verwies dezidiert auf die Notwendigkeit einer aktiveren Afrikapolitik, um dort den Einfluß des Ostblocks zurückzudrängen. Bis in die siebziger Jahre blieb sie allerdings vorrangig eine Reaktion auf angenommene oder tatsächliche sowjetische Aktionen. 40 Nach der Präsidentschaft Carters, der versucht hatte, die Hilfen strenger nach entwicklungspolitischen Gesichtspunkten zu vergeben, konzentrierte sich die Unterstützung in den heißen letzten Jahren des Kalten Krieges dann wieder sichtbarer auf strategische Kriterien. Unter Reagan gab es fünf Schwerpunkte in Afrika. Im Norden erhielt Ägypten in den letzten sechs Jahren des Kalten Krieges regelmäßig über zwei Milliarden US-Dollar Sicherheitshilfe. Mit ihr sollte auch die isla-mistische Bedrohung zurückgedrängt werden. Diese Begründung traf auch beim zweiten Schwerpunkt zu: Marokko und Tunesien wurden aus dem gleichen Grund in die Sicherheitshilfe einbezogen. Zu einem dritten strategischen Schwerpunkt entwickelte sich Somalia am Horn von Afrika, gegenüber der Arabischen Halbinsel. Auch die Nachbarländer Somalias, den Sudan und Kenia, bezog man in diese Unterstützung ein, da das zwischen diesen drei Ländern liegende Äthiopien kontinuierlich Einflußgebiet des Ostblocks blieb. Südlich des Sudan erhielt der Kongo (1971-1997: Zaire) als vierter Schwerpunkt Unterstützung, weil hier einerseits das Überleben der US-freundlichen Regierung von Mobutu Sese-Seko gegen die vom Ostblock unterstützten angolanischen Truppen und gegen Sambia abgesichert werden sollte. Andererseits wurde von hier aus auch die westliche Hilfe nach Angola geschleust, wo sich vom Westen und vom Ostblock und China unterstützte Gruppen seit Anfang der sechziger Jahre einen fast dreißigjährigen Bürgerkrieg lieferten. Ein Gutteil der weiteren Hilfe wurde auch im Westen mittels halboffizieller Organisationen oder über sichere Verbündete in die Wege geleitet. Dazu gehörten Frankreich, Belgien, Großbritannien, Westdeutschland und Taiwan.
Besonders eindrucksvoll kann man wiederum anhand der beiden deutschen Staaten die Blockpolitik nachvollziehen. Gleichzeitig zeigte sich hier sehr deutlich der spezifisch deutsch-deutsche Sonderkonflikt des Kalten Krieges. Beide deutsche Staaten waren intensiv in der Dritten Welt engagiert und fochten hier den großen, vor allem aber ihren eigenen Kalten Krieg aus, bei dem die Bundesrepublik in der ersten Hälfte des Konflikts bis etwa 1970 vor allem um die Alleinvertretung Deutschlands, die DDR um die internationale Anerkennung kämpfte. Offiziell war die Bundesrepublik seit 1953 in der Entwicklungshilfe engagiert, als erstmals eine halbe Million Mark aus dem Marshall-Plan für unterentwickelte Gebiete zur «Förderung des Erfahrungsaustausches» bereitgestellt wurden. 41 1956 waren insgesamt 53,5 Millionen Mark im Bundeshaushalt für diesen Zweck vorgesehen, die bezeichnenderweise zum größten Teil aus dem Etat des Auswärtigen Amts stammten. Am Ende des Kalten Krieges lag die Summe der offiziellen Entwicklungshilfe der Bundesrepublik bei jährlich 5,2 Milliarden US-Dollar (1990). 42 Die Anfänge der Hilfen aus der DDR für die Dritte Welt fanden sich dagegen bereits im Jahr 1950. Nordkorea war das erste Land, das während des Koreakrieges unentgeltliche Warenlieferungen erhielt. Ab 1953 wurden auch die Vietnamesen im Kampf gegen die Franzosen unterstützt, seit der Teilung des Landes 1954 floß Hilfe ins kommunistische Nordvietnam. Wie die Bundesrepublik begann auch die DDR-Führung mit der offiziellen Verleihung der Souveränität 1955 die Beziehungen zur Dritten Welt systematischer auszubauen. Zunehmend spielten dabei neben den an der Sowjetunion orientierten Entwicklungsländern und den revolutionären Bewegungen auch bürgerliche Staaten eine Rolle.
Die Konflikte zwischen den beiden Deutschlands in der Dritten Welt ergaben sich damit automatisch und zeigten sich allein in der ersten
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