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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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Sozialdemokraten (76 Mandate) mit nur vier Mandaten politisch geradezu einbrach, war ihr noch ein Ministerium zugestanden worden. Stalin blieb bei seiner Ansicht, wenngleich die Konflikte, auch mit Renner, Zunahmen. Kommunistische Putschversuche in Österreich, wie sie zwischen 1947 und 1950 stattfanden, unterstützte Moskau genausowenig wie in Finnland. 42
    Wie mit jenen Ländern umgegangen wurde, die im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite gekämpft hatten und gleichzeitig unverzichtbare Teile des sowjetischen Sicherheitskordons darstellten, zeigte sich an den Beispielen Rumänien, Bulgarien und Ungarn. 43 Hier wurden Sowjetisierung und Gleichschaltung mit Härte vorangetrieben. Westliche Einmischungen blieben unerwünscht. Wie wichtig Rumänien geopolitisch war, konnte man daran ablesen, daß die Sowjetisierung unmittelbar 1944 begann, obwohl praktisch keine Kommunisten vorhanden waren. Der KP-Chef des Landes, Gheorghe Gheorghiu-Dej, sah sich sogar gezwungen, zunächst mit Bürgerlichen, vor allem mit der gegnerischen Bauernpartei unter Juliu Maniu, zusammenzuarbeiten. Als ab 1947 diese Hilfe nicht mehr notwendig war, wurde Maniu, der sich ausdrücklich für die Beteiligung am amerikanischen Marshall-Plan ausgesprochen hatte, entmachtet und zu lebenslanger Haft verurteilt. Er starb 1953 im Gefängnis. Die Bindung an Moskau garantierte ab 1947 «Stalins Statthalterin» in Rumänien, Ana Pauker. Auch in Bulgarien beseitigte man bekannte Antikommunisten bereits Anfang 1945, um mögliche Widerstände bereits im Vorfeld zu ersticken. Unter Georgi Dimitrow, dem Chef der ehemaligen Komintern und ihrer Nachfolgeorganisation, wurde das Land nach den gefälschten Wahlen im November des Jahres zu einem unproblematischen Teil des von Stalin geforderten Sicherheitskordons. Bis 1947 war jegliche Opposition gnadenlos zerschlagen. In Ungarn ging man ebenso hart vor, nachdem sich Ende 1945 die bürgerliche Partei der Kleinlandwirte als überraschend stark erwiesen und zunächst nur wenig Spielraum für die ungarische KP gelassen hatte. Nach Verhaftungen, die auch hier vor allem auf dem Vorwurf der Verschwörung und des Hochverrats beruhten, brachten Neuwahlen 1948 schließlich die gewünschte kommunistische Mehrheit der Sozialistischen Arbeiterpartei (USAP). Wie wichtig das Land, das traditionell als eines der militärischen Einfallstore nach Osteuropa galt, geostrategisch blieb, zeigte sich, als Chruschtschow den Ungarischen Aufstand 1956 gnadenlos niederschlagen ließ.
    Aus den restlichen Staaten, die als von deutscher Herrschaft befreite Länder unter sowjetische Herrschaft gerieten - Jugoslawien, Albanien und die Tschechoslowakei -, drohte nach Stalins Auffassung 1944/45 keine Gefahr. 44 Jugoslawien schien durch Tito, Albanien durch Enver Hoxha und die Tschechoslowakei durch den nachgiebigen bürgerlichen Staatspräsidenten Edvard Benes und die in Moskau instruierten Kader der BQ 3 keine Gefahr zu bilden. Aus Jugoslawien zogen die sowjetischen Truppen bereits im März 1945 ab. Nach den Wahlen im November 1945 begann dann 1946/ 47 die «Selbst-Sowjetisierung» des Landes. Es war die aus Stalins Sicht zu eigenständige Außenpolitik Titos, die dann 1948 zum Bruch führte. In Albanien war es das Vertrauen zu Hoxha, das das Land aus Stalins Sicht unkompliziert machte. Die albanische Führung setzte tatsächlich bis zur Öffnung des Eisernen Vorhangs 1990 konsequent auf das Modell Stalin. Hier brach man 1961 sogar die Beziehungen zur UdSSR unter Chruschtschow ab, nachdem dort ab 1956 eine Entstalinisierungsdebatte begonnen worden war. Statt dessen setzte Albanien auf die politische Kooperation mit China, das gegenüber der Entstalinisierung ebenso kritisch geblieben war.
    Auch in der Tschechoslowakei war das geopolitische Interesse der UdSSR unübersehbar. Ab 1944 hatten sich die zumeist im Exil befindlichen Parteien neu organisiert. Auf die Regierungsbildung hatte die Sowjetunion seit März 1945 dezidiert Einfluß genommen. Das berüchtigte Regierungsprogramm von Kosice (dt. Ka-schau) war in Moskau ausgearbeitet worden. In der CSR zweifelte bei Kriegsende kaum jemand daran, daß die Sowjetunion eine wichtige Rolle für die Zukunft des Landes spielen werde, obwohl gleichzeitig gewisse Hoffnungen auf den Amerikanern ruhten, die 1945 noch bis vor Prag vorgerückt waren. Wie stark die Hoffnungen blieben, zeigte sich 1947 auch in dem Wunsch, am Marshall-Plan teilzunehmen, und schlaglichtartig noch einmal im Juni 1953 während des

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