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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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    Außerhalb Europas kollidierten die geostrategischen Interessen der Siegermächte im Nahen und Mittleren Osten, speziell in der Türkei und im Iran, aber schließlich auch in der Palästinafrage. Das Interesse Stalins an einer Revision der türkischen Ostgrenze (Kars/Ardahan) und an einer Änderung des 1936 geschlossenen «Meerengenvertrags von Montreux», der der Türkei erlaubt hatte, die Ausgänge des Schwarzen Meeres, den Bosporus und die Dardanellen, wieder zu befestigen, war 1945 kein Geheimnis. Als die Forderungen aus Moskau im folgenden Jahr drängender wurden, reagierten die USA allerdings sofort massiv mit der Entsendung eines amerikanischen Flottenverbands ins östliche Mittelmeer. Die Türkei, so machte auch eine entsprechende US-Note an die UdSSR deutlich, werde notfalls mit Waffengewalt verteidigt. 49 Nur wenig weiter südöstlich prallten die Interessen im Iran noch direkter aufeinander. 50 Der Iran war seit 1941 von britischen und sowjetischen Truppen gemeinsam besetzt worden, um den westalliierten Nachschub in die Sowjetunion zu gewährleisten, insbesondere aber die Ölfelder am Persischen Golf zu sichern. Auch die Amerikaner signalisierten schon seit den dreißiger Jahren ein zunehmendes Interesse an diesem Raum - unter anderem hatte Roosevelt 1945 deswegen mit dem saudi-arabischen König Ibn Saud konferiert. Garant für die Sicherung des Iran für den Westen sollte Schah Mohammed Reza Pahlewi sein. Er war bereits 1941 anstelle des aus alliierter Sicht zu deutschfreundlichen Vaters eingesetzt worden und wurde bis zum Ende der siebziger Jahre, vor allem durch US-Unterstützung, an der Macht gehalten. Ende 1945 hatte sich die Situation verschärft, als Stalin begann, Druck auf die iranische Regierung auszuüben, um Ölfördergenehmigungen zu erhalten. Moskau nutzte dafür die marxistische Tudeh-Partei im Iran und eine eigens gegründete «Demokratische Partei». Im Dezember gelang es iranischen Separatisten tatsächlich, mit dieser Unterstützung im Norden, dem aserbaidschanischen Teil Irans, eine autonome kommunistische Regierung zu bilden. Die iranische Zentralregierung in Teheran verstand dies natürlich als illegale Teilung ihres Staatsgebiets und rief im Januar 1946 mit Unterstützung der Briten die Vereinten Nationen an. Stalin hatte dennoch den Druck schrittweise weiter erhöht. Truppen der Roten Armee marschierten schließlich ins Landesinnere des Iran und erzwangen von Premier Ahmad Qavam die Zustimmung für eine sowje-tisch-iranische Ölgesellschaft und für eine Teilautonomie des Nordens, die sogenannte Volksrepublik Gilan. Die Amerikaner waren alarmiert. Truman sah für dieses Vorgehen überhaupt «keine Rechtfertigung». In Potsdam sei man gezwungen gewesen, den sowjetischen Forderungen zuzustimmen, schrieb er an Byrnes, hier sei man es aber nicht. 51 Tatsächlich beugte sich Stalin dem gemeinsamen Druck der Westmächte. Ab dem 25. März 1946 zog sich die Rote Armee wieder aus dem Iran zurück und auch der Autonomiestatus des Nordiran wurde rückgängig gemacht. Warum Stalin nachgab, blieb lange ungeklärt. Neu freigegebene Dokumente zeigen, daß Moskau hier vergleichbar zum Fall Finnland handelte. Stalin zog sich nicht zuletzt deswegen zurück, weil er auch im Iran keinen Ansatzpunkt für eine kommunistische Revolution sah. Dies teilte er am 8. Mai 1946 auch dem Premier des autonomen Nordiran und Führer der dortigen Demokratischen Partei, Jaafar Pishevari, mit, der seit Februar vergeblich versucht hatte, die Muslime im Iran von der Notwendigkeit eines «Heiligen Krieges» gegen die Zentralregierung Qavam zu überzeugen. 52 Das Land blieb für Moskau ein Sicherheitsproblem. Sowohl der bis 1979 unter US-Einfluß gehaltene Iran als auch der danach installierte islamistische «Gottesstaat» bargen aus Moskauer Sicht ernste Risiken für den Sicherheitsgürtel der Sowjetunion.
    Auch die Palästinafrage, die bereits das angloamerikanische Memorandum im Juni 1945 als Problem angesprochen hatte, zeigte rasch ihre aktuelle Brisanz. In Potsdam war die Erörterung auf Wunsch der USA zwar nicht erfolgt, weil man ohne französische Beteiligung und ohne Vertreter der dortigen Staaten nicht diskutieren wollte. Erst nachdem die Briten der UNO 1947 die Lösung dieser Frage übertrugen, konnte am 29. November 1947 mit 33 gegen 13 Stimmen und zehn Enthaltungen die Teilung Palästinas beschlossen werden. Kurz darauf wurde am 14. Mai 1948 der Staat Israel gegründet. Das geteilte

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