Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
antikommunistischen Pilsener Aufstands. Auch weil die tschechoslowakischen Sympathien nach Westen gerichtet waren, nutzte die KPC die 1947 einsetzende Wirtschaftskrise für einen Anfang 1948 durchgeführten Staatsstreich. Er machte die Tschechoslowakei endgültig zu einem Satellitenstaat im Sicher-heitskordon der UdSSR.
In den von den Westmächten befreiten oder besetzten Gebieten Europas ging es kaum weniger um Geo- und Sicherheitspolitik. Das geostrategische Interesse lag eindeutig auf jenen Gebieten, von denen man annahm, daß kommunistische Machtübernahmen möglich seien: Griechenland, Italien, Frankreich und nicht zuletzt Deutschland. In Griechenland griffen die Briten im Dezember 1944 aktiv ein, um die griechische Nationalregierung unter Georgios Papandreou und die Monarchisten der EDES (Griechische Nationale Befreiungsarmee) gegen die kommunistischen Verbände der EAM (Nationale Befreiungsfront) und der ELAS (Griechische Volksbefreiungsarmee) zu unterstützen. Dennoch eskalierte der Konflikt weiter. Noch bis 1949 konnten sich kommunistische Partisaneneinheiten, die unter anderem Hilfe aus Jugoslawien erhielten, in Nordgriechenland halten. 45 Erst ab diesem Zeitpunkt galt das Gebiet aus westlicher Perspektive als gesichert. Auch in Italien war die Situation seit der umstrittenen Kapitulation der deutschen Truppen 1945 aus westlicher Sicht zunächst kompliziert geblieben. Die Westmächte befürchteten hier ebenfalls eine kommunistische Machtübernahme durch eine «fünfte Kolonne» Moskaus. Italien stand 1945 nach Meinung vieler Beobachter vor dem offenen Bürgerkrieg. Tatsächlich war die italienische Linke, die Kommunisten (PCI) wie die Sozialisten (PSI), außergewöhnlich stark. Unter der Führung Palmiro Togliattis hatte auch die PCI klare Anweisung aus Moskau, zunächst mit der christdemokratischen Regierung unter Ministerpräsident Alcide De Gasperi zusammenzuarbeiten. Ab 1947 fand dann jener berühmte, von den Sowjets wie den Amerikanern finanzierte Wahlkampf statt, der zu einer Art Schlacht zwischen Kommunismus und Demokratie stilisiert wurde und aus dem im April 1948 schließlich die von den USA unterstützte Demo-crazia Cristiana als die dauerhafte Regierungspartei der italienischen Nachkriegszeit hervorging. Sie stellte bis 1981 ununterbrochen den Ministerpräsidenten.
Die Situation in Frankreich war ähnlich. Auch hier wurde ein Bürgerkrieg zunächst als wahrscheinlich angesehen. Die Lage konnte allerdings entschärft werden, als die 1944 an Charles de Gaulle übertragene Führung der Zivilverwaltung von den Kommunisten unter Maurice Thorez akzeptiert worden war. Wie stark die Linke tatsächlich war, zeigte sich in den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung am 26. Oktober 1945. Die kommunistische PCF, die sozialistische SFIO und die linkskatholisch-christdemo-kratischen Volksrepublikaner (MRP) wurden zu den drei stärksten Parteien. Die 1945/46 zunächst vereinbarte Koalition platzte Mitte 1947, als die Kommunisten aus der Regierungsverantwortung ausgeschlossen wurden. Unmittelbar danach rollte eine Streikwelle durch das Land, die eindeutig aus Moskau gesteuert war. Erst vor diesem Hintergrund votierte schließlich eine Mehrheit der Franzosen für den Westen. 46
In Deutschland, dem Ausgangspunkt des Zweiten Weltkriegs, trafen die geostrategischen Interessen der Siegermächte am deutlichsten aufeinander. Eine Teilung des Landes, wie sie 1949 dann durch die «doppelte Staatsgründung» erfolgte, war 1945 keineswegs eine ausgemachte Sache 47 Das geopolitische Sicherheitsinteresse der Sowjets wie der Amerikaner verlangte ein Deutschland, das nach zwei Weltkriegen keine Gefahr mehr sein durfte. Ob es dafür einer Sowjetisierung, einer Westbindung oder einer Neutralisierung Deutschlands bedurfte, blieb zunächst offen. Immerhin zeigt die Entsendung von drei kommunistischen Kadergruppen in die SBZ im Sommer 1945, daß es Moskau darauf ankam, eine politisch kontrollierte Regierung zu etablieren. In ähnlicher Weise forcierten die Westmächte in ihren Besatzungszonen den Aufbau von Institutionen, die am westlichen Demokratieverständnis orientiert waren. Zuviel politische Eigenständigkeit der Deutschen wollten 1945 allerdings weder die Sowjets noch die Angloamerikaner. Noch herrschte vor allem Mißtrauen gegenüber den Deutschen. «Revolution wird nicht geduldet» - diesen Satz eines Vertreters der
Militärregierung aus den Westzonen konnten auch die Amtskollegen im Ostteil Deutschlands
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