Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
Sicherheitsrat (NSC) im Juli 1953 die Ergebnisse für eine Präsentation zusammenfaßte, hatte man sich deutlich auch für eine Verstärkung der direkten Eingriffe in den gegnerischen Machtbereich im globalen Kampf gegen den Kommunismus ausgesprochen. Bis weit in die achtziger Jahre hinein wurden kontinuierlich geheime Operationen auch in den ostmitteleuropäischen Satellitenstaaten durchgeführt, wenngleich sich ihr Schwerpunkt ab Mitte der fünfziger Jahre bereits deutlich in die Dritte Welt verlagerte. Die Grenze für solche Eingriffe sollte jeweils dort gezogen werden, wo Eindämmung und Zurückdrängung zu risikoreich wurden und der Atomkrieg in greifbare Nähe rückte.
Unabhängig von diesen erst später und zum Teil nur intern erkennbaren Differenzierungen der amerikanischen Strategie für den Kalten Krieg zeigte schon die Resonanz auf die Truman-Rede 1947, daß vor allem auch die Öffentlichkeit den globalen Konflikt nun für offiziell eröffnet hielt. Binnen kurzem meldeten sich bei den Amerikanern nun Dutzende von zum Teil eigens gegründeten Organisationen, um sich für den Kampf gegen den Kommunismus zur Verfügung zu stellen. Allein in den Westzonen Deutschlands und dann in der Bundesrepublik residierten in den fünfziger Jahren über zweihundert antikommunistische Befreiungsgruppen, die sich zum Großteil auf die von Truman propagierte amerikanische Offensive beriefen. 11 Nicht alle datierten ihre Gründung wie das Slovak Liberation Committee des ehemaligen Justizministers der von Deutschland abhängigen Slowakei, Ferdinand Durcansky, auf den Tag der Truman-Rede. Fast alle aber beriefen sich auf die USA. Wenige Monate später konterte die Sowjetunion.
Der Kalte Krieg als globaler Klassenkampf
Ebenso wie die amerikanischen Planungen gingen Stalin und seine engen Berater von den Erfahrungen der Vergangenheit und den «Tatsachen» der Gegenwart aus. Auch im Kreml stand der Erste und Zweite Weltkrieg im Mittelpunkt, und auch die Intervention der Westmächte im Russischen Bürgerkrieg ab 1918 behielt ihre Bedeutung. Diese Erfahrungen wurden in gewisser Weise kanonisiert. In den frühen Jahren des Kalten Krieges, die auch die letzten Lebensjahre Stalins waren, fielen die politischen Entscheidungen in der Sowjetunion immer häufiger im kleinen Kreis. In Stalins Datscha bei Kuncevo kamen jeweils alle wichtigen Vertreter des sowjetischen Systems auf «Einladung» zusammen. Neben Berija, Chruschtschow, Malenkow, Molotow und einigen anderen gehörte dazu nicht zuletzt der für den frühen Kalten Krieg maßgebliche «Chefideologe» Andrej Schdanow. Darüber hinaus war diese Zeit des «Spätstalinismus» - im Gegensatz zur Epoche des «Großen Vaterländischen Krieges» - wieder deutlich von der kommunistischen Ideologie gekennzeichnet. Wie in den dreißiger Jahren galt in allen wichtigen Bereichen - Innen- und Außenpolitik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft - allein der Sowjetmarxismus als gültige Maxime. Wenn man so will, war dies ähnlich wie in den USA eine Rückkehr zu traditionellen Feindbildern. In der UdSSR kehrte man zu den Vorstellungen vor dem gemeinsam «mit dem Klassenfeind» geführten Krieg gegen Hitler zurück und zielte auf eine klare antiwestliche Abgrenzung, um die Reihen nach innen zu schließen. Dem Zusammenschluß gegen die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs, der zur Konsolidierung und zu einem enormen Kräfteschub geführt hatte, folgte nun der antiwestliche. Diese Integrationsmechanismen wurden durch die auch im Westen deutlicher erkennbare Ideologisierung des Konflikts weiter verstärkt. 12
Auch in der Sowjetunion begleiteten verschiedene amtliche Verlautbarungen den Übergang in den offiziell erklärten Kalten Krieg. Stalin hatte am 9. Februar 1946 in einer auch im Westen stark beachteten Rede vor dem Obersten Sowjet Lenins These von der Un-vermeidlichkeit von Kriegen mit dem Kapitalismus ausdrücklich bekräftigt. Auch die fast genau ein Jahr später in Moskau gehaltene Wahlrede seines Außenministers Molotow, in der dieser den Zusammenhalt der Sowjetbürger während des Zweiten Weltkriegs als Vorbild für kommende Herausforderungen würdigte, gehörte zu diesen vorbereitenden Verlautbarungen. 13 In diesem Zusammenhang hatte Molotow ausdrücklich die «kriegshetzerischen Abenteurergruppen» und «unersättlichen Imperialisten» im Westen mit ihrem «nicht ungefährliche(n] Geschwätz über einen (dritten Weltkrieg)» angegriffen. Als zentrales Sprachrohr Stalins
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