Der Kammerjäger
Insekten, die er über die Jahre gesammelt hatte.
In das einzige Fenster war ein großer weißer, wie eine Belüftungsanlage aussehender Kasten geklemmt, dessen geschlossene Hälfte in den Raum hineinragte und dessen andere der Außenwelt offenstand. Der Kasten gab ein elektrisches Summen von sich, das von den abelhas assassinas erzeugt wurde, wie die Portugiesen sie nannten. Die amerikanischen Medien bezeichneten sie lieber als «Killerbienen».
Bob hatte sie im College für ein Experiment mit Honigherstellung erworben und sie wegen des Honigs behalten, nachdem er ein B+ für sein Projekt bekommen hatte. Es waren im allgemeinen friedliche, fleißige Tiere, die einen nicht belästigten, wenn man sie nicht belästigte.
Wann immer Bob den Honig einsammelte (was die Bienen als Belästigung empfanden), benutzte er seinen selbstgemachten Smoker - ein Gerät, mit dem man den Rauch von verbranntem Sackleinen verteilt, um das Bienenvolk zu beruhigen. Stets wirtschaftlich denkend, hatte er seinen eigenen Smoker konstruiert, anstatt einen zu kaufen. Das aus ein paar Stahlabfällen zusammengebaute Gerät sah zwar aus wie der mißlungene Prototyp einer extraterrestrischen Waffe, aber es funktionierte.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums, so weit wie möglich von Bobs Honigquelle entfernt, waren die Bienenmörder (Apiomerus crassipes) untergebracht. Bob hielt sie deswegen so auf Distanz, weil er vermeiden wollte, daß sich die Insekten gegenseitig provozierten.
Die Bienenmörder, ein wichtiger Teil von Bobs Experiment, sind wieselflinke und schlaue Killer, die sich von jedem Insekt ernähren, das arglos genug ist, sich in ihre Reichweite zu wagen. Rubinrot mit hübschen schwarzen Zeichnungen, wartet der Bienenmörder geduldig, bis sich ein Opfer nähert. Dann stürzt er sich mit alarmierender Schnelligkeit auf seine Beute, stößt seinen spitzen Rüssel in den Rücken des Opfers und spritzt ihm eine lähmende Speichelflüssigkeit ein. Während die Einzel- und Netzaugen mit kaltem Blick ins Leere starren, saugt der Bienenmörder schließlich seinem Opfer langsam die Körpersäfte aus und läßt nur noch einen vertrockneten Kadaver zurück.
Bob hoffte, die Bienenmörder und ihre Schnelligkeit mit einem seiner schaben tötenden Hybriden kreuzen zu können.
Neben ihnen wohnten die Gezackten Raubwanzen (Phymata erosa), wilde, mordwütige Insekten, die andere Käfer abschlachteten, selbst wenn sie sie nicht fressen wollten. Es machte ihnen einfach Spaß zu töten.
Die Gezackte Raubwanze, blaßgrüngelb mit kolbenförmigen Fühlern, wird so genannt wegen den gezackten Stacheln, die die Seiten ihres Prothorax säumen. Ihre muskelbepackten Vorderbeine sind ideal dafür ausgestattet, die Beute zu packen und beim Fressen festzuhalten. Diese Mordwanze würde ein Silberfischchen buchstäblich in Stücke reißen, nur um sich zu amüsieren. Ihre orangeroten Augen haben große, schwarze, pupillenähnliche Flecken und rotieren widerlich wie die eines Chamäleons, was ein beunruhigendes, mörderisches Starren ergibt.
Kürzlich hatte Bob mit seinem Plan Fortschritte erzielt, die verschiedenen Mordwanzen zu kreuzen, um einen hochfrisier- ten Hybriden zu bekommen. Aber diese Fortschritte waren nicht ohne Mühe errungen worden. Zuerst hatte Bob gehofft, die verschiedenen Arten würden sich so leicht kreuzen lassen wie Hunderassen. Natürlich stellte es sich als schwieriger heraus.
Bei seinen ersten Kreuzungsversuchen hatte er einfach Männchen und Weibchen verschiedener Arten zusammen in ein Insektarium getan. Er schaffte es aber nicht ganz, bestimmte Arten dazu zu überreden, miteinander zu kopulieren, und so hatte er einmal aus Frust einen mit Aprikosenwein gefüllten Glasdeckel in das Insektarium gestellt und das Licht gedämpft. Das verhalf ihm zwar zu einigen interessanten Beobachtungen über alkohol-bedingte Verhaltensstörungen bei Insekten, löste jedoch nicht sein Problem.
Schließlich ließ sich Bob von einem seiner früheren College-Professoren helfen, der ihm zeigte, wie man die Eier kreuzweise befruchtet, um die gewünschten hybriden Lebensformen zu erzeugen. Die relative Unkompliziertheit des Züchtungsverfahrens war auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Insekten genetisch nah genug miteinander verwandt waren für eine direkte Kreuzung.
Drei der Insektarien waren für Käfer, Termiten und Kakerlaken reserviert - schmackhafte Leckerbissen für Bobs räuberische Insekten, und eines bevölkerte Bob mit
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