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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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mir eine Botschaft gegeben.«
    »Was für eine Botschaft?«
    »Ein Stück Pergament, Sir. Ich sollte es nach Westminster bringen.«
    »Zu wem?«
    »Ich weiß nicht.« Die großen Augen schwammen in Tränen. »Ich habe unrecht getan. Ich wollte nicht, aber ich hatte Hunger. Ich habe die Botschaft in die Gosse geworfen und das Geld, das mir das Mädchen gegeben hat, in einer Bäckerei ausgegeben.«
    Corbett lächelte. »Kannst du lesen?«
    »Nein, aber Agnes konnte schreiben. Sie war klug. Sie konnte ein paar Worte lesen und ein bißchen schreiben. Sie hat gesagt, wenn ich auf ihre Tür aufpasse, bringt sie es mir eines Tages bei.«
    »Aber du weißt nicht, an wen die Botschaft gerichtet war?«
    »Ich glaube, an eine Frau.«
    »Wieso?«
    »Weil Agnes gesagt hat, ich soll sie am späten Nachmittag ins Kapitelhaus bringen.« Der Junge verzog das Gesicht. »Agnes hat gesagt, sie würde schon Bescheid wissen.«
    »Ist das alles?«
    »Ja, Herr, ehrlich. Bitte«, wimmerte der Junge, »laßt mich los. Ihr habt mir eine Münze versprochen.«
    Corbett gab ihm das Geld und der Junge taumelte zurück. »Wenn du Hunger hast«, sagte Corbett und betrachtete die jämmerlichen, spindeldürren Beinchen, »dann komm zu Corbetts Haus in der Bread Street. Sag den Dienern, der Herr hat dich geschickt.«
    Der Junge wandte sich ab und rannte wie der Wind in eine der dunklen Gassen.
    Corbett richtete sich auf und ging zurück. Bei einer kleinen Schenke an der Brücke über den Holborn machte er halt. Er ging hinein, bestellte sich einen Krug Ale und setzte sich an das einzige Fenster. In der hinteren Ecke waren ein paar Kesselflicker dabei, einen riesigen, sabbernden Mastiff zu reizen; sie trieben ihn zur Raserei, indem sie ihm Fleisch anboten und es dann wegzogen, so daß die scharfen Zähne des Hundes ihre Finger um Haaresbreite verfehlten. Corbett sah ihre Grausamkeit und dachte an den Bettlerjungen, an den grausamen Tod, den Agnes erlitten hatte, und an die abstoßende Scheußlichkeit der Huren in der Cock Lane. Ob Bruder Thomas recht hatte? Ob die stinkende Fäulnis in dieser Stadt etwas von dem Bösen hervorbrachte, das durch die Straßen schlich? Er nahm einen Schluck aus seinem Humpen und versuchte, nicht auf das Knurren des Hundes u,1d die Hetze der Kesselflicker zu achten. Agnes hatte also etwas gesehen. Sie hatte sich in ihrer Kammer versteckt und war von einem Mann besucht worden, der wie ein Mönch oder ein Priester gekleidet gewesen war. War das der Mörder gewesen? Und wenn ja, wieso hatte er da nicht zugeschlagen? Weil das Haus beobachtet wurde? Aber sicher hätte Agnes sich doch geweigert, die Tür zu öffnen. Das war nur logisch. Warum also war der Mann in die Cock Lane gekommen? Natürlich! Corbett stellte seinen Humpen ab. Agnes war in den Tod gelockt worden. Der Mörder hatte ihr wahrscheinlich eine Botschaft zukommen lassen, vielleicht im Namen eines anderen, und sie aufgefordert, sich mit ihm in der Kirche bei Grey Friars zu treffen. Corbett strich mit den Fingern über den Rand des Humpens und versuchte, sich ein Bild von den Einzelheiten hinter diesem Mord zu machen. Agnes hatte etwas gewußt, und deshalb hatte sie sich versteckt, und sie hatte eine Botschaft an jemanden geschickt, der ihr helfen würde, an eine der Schwestern der Hl. Martha, an Lady Fitzwarren vielleicht, oder an Lady Mary. Aber der Junge hatte die Botschaft weggeworfen. Er schloß die Augen. Wie war es weitergegangen? Irgendwie hatte der Mörder gewußt, daß Agnes eine Bedrohung darstellte, und so hatte er sie zu Hause aufgesucht. Die Botschaft, die er hinterlassen hatte, war rätselhaft gewesen; das arme Mädchen hatte kaum lesen und schreiben können, sicher nicht genug, um verschiedene Handschriften voneinander zu unterscheiden. Der Rest dürfte einfach gewesen sein. Agnes war zur Kirche gegangen und hatte auf Erlösung gehofft, und der Mörder hatte auf sie gewartet.
    Corbett blickte plötzlich auf, denn Geschrei und Gebrüll kamen aus der hinteren Ecke des Schankraums. Er lächelte bei sich. Manchmal gab es doch Gerechtigkeit, denn der Bullbeißer hatte sich losgerissen und einen seiner Peiniger beim Arm gepackt. Schon war die Schankstube blutbespritzt. Corbett trank sein Bier aus und ließ den Lärm hinter sich. Er hatte noch einen Besuch zu machen.
    Er ging die Straße hinauf, über die Stadtgrenze hinaus und um die Priorei von St. John von Jerusalem herum zur anderen Seite von Smithfield. Dort fragte er einen Wasserhändler nach dem Haus

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