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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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was Besseres als wir anderen. O ja, eine richtige Dame mit einer eigenen Wohnung und feinen Kleidern.«
    »Was weißt du sonst noch?«
    »Agnes hatte Angst. Sie sagte, sie hätte etwas gesehen.« Der Mund des Mädchens wurde schlaff, und sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was, aber es war, nachdem eins der anderen Mädchen umgebracht worden war. Jedenfalls wollte sie nicht mehr ausgehen. Sie hat einen der Straßenjungen dafür bezahlt, daß er ihre Haustür im Auge behielt.« Dann streckte sie die schmutzige Hand aus. »Bitte, Sir«, flüsterte sie eifrig, »kann ich das Geld haben?«
    Corbett drückte ihr die Münze in die Hand. Dann zog er seinen Dolch aus der Scheide und ging durch die dunkle Gasse davon. Vor dem Laden neben der Apotheke blieb er stehen und schaute an der Fassade aus verrottendem Holz und bröckelndem Putz hinauf, ehe er an die Tür klopfte. Ein zahnloses altes Weib machte ihm auf; ihre Augen saßen wie kleine schwarze Knöpfe in einem gelblichen, runzligen Gesicht. Eine Nachteule, dachte Corbett, eine der alten Vetteln, die den Straßendirnen Kammern vermieteten, ihnen das Geld abnahmen und beide Augen zudrückten. Zuerst wußte die Alte natürlich überhaupt nichts, aber als ein paar Münzen den Besitzer gewechselt hatten, erinnerte sie sich plötzlich an alles. Corbett hörte ihrem Geschnatter zu. Die Vettel erzählte ihm nichts, was er nicht schon von der Hure erfahren hatte, aber für eine weitere Münze zeigte sie ihm Agnes’ Kammer. Da war nichts mehr; die Habseligkeiten des Mädchens und jedes einzelne Möbelstück waren fortgeschafft worden, und dem Sekretär wurde klar, daß die Alte mit ihm spielte, als wäre er ein Fisch an der Angel.
    Draußen auf der Straße lehnte Corbett sich an die Wand und schaute umher. Es war dreckig hier. Die Dinge, die er in der Gosse auf dem grünlichen Wasser schwimmen sah, drehten ihm den Magen um, und der Müll, der sich an den Hauswänden auftürmte, stank so sehr, daß er sich die Nase zuhalten mußte. Er war sicher, daß man ihn beobachtete, und vorsichtig spähte er in die engen Gassen hinein, die in die Cock Lane mündeten. Er tastete sich ein Stück weit die Straße hinauf, die Hände immer an der Hauswand, aber dann zog er sie hastig weg, als seine Finger etwas Warmes und Pelziges berührten. Er wandte sich fluchend ab, und die Ratte huschte in eine Ritze. Er ging zurück zu der Apotheke. Ja, er hatte ihn gesehen: einen kleinen Schatten in einer der Seitengassen. »Das wird ein teurer Vormittag«, murmelte er. Er nahm noch eine Münze aus seinem Geldbeutel und hielt sie hoch. »Ich weiß, daß du da bist, Junge!« rief er leise. »Du paßt immer noch auf das Haus auf, nicht wahr? Ich will dir nichts tun.« Er dämpfte seine Stimme, um die Huren, die noch an der Ecke der Cock Lane beieinanderstanden, nicht aufmerksam zu machen; auch spähten Gesichter mit hungrigen Augen aus den Fenstern herab. »Komm her, mein Junge«, sagte Corbett. »Du sollst gut belohnt werden.«
    Der Bettlerjunge kam aus der Gasse hervor. Er war barfuß, und sein Gesicht war so schmal, daß die großen Augen ihn aussehen ließen wie eine junge Eule, die Angst vor dem Licht hatte. Nervös zupfte er an dem groben Sackleinen, das ihm als Umhang diente. Er streckte die kleine Hand aus.
    »Danke, Sir.«
    Die Stimme klang dünn, und Corbett erkannte den berufsmäßigen Bettler. Das arme Kind wurde wahrscheinlich von den Eltern zum Betteln auf die Straße geschickt. Corbett drückte sich in den Eingang der Apotheke und winkte den Jungen heran. Der Kleine, stets auf der Hut vor den Gefahren der Straße, kam vorsichtig näher, und er ließ das Silberstück nicht aus den Augen. Corbett griff rasch zu und packte den dünnen Arm des Jungen, und Mitgefühl durchzuckte ihn. Nur Haut und Knochen; wie lange, dachte er, würde das Kind den nächsten Winter überstehen?
    »Komm her!« drängte er rasch. »Ich tue dir nichts. Schau, hier ist ein Silberstück. Ich gebe dir noch eins, wenn du mir die Wahrheit sagst.«
    Der Junge saugte am Knöchel seiner freien Hand.
    »Du kanntest Agnes, das Mädchen, das tot ist?«
    Der Junge nickte.
    »Warum hatte sie Angst?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Warum ist sie in ihrer Kammer geblieben?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Was weißt du denn?«
    »Ein Mann ist gekommen.«
    »Was für ein Mann?«
    »Ein Priester, ein Mönch. Er war groß und trug eine Kutte und eine Kapuze, aber er ist schnell wieder gegangen.«
    »Und was ist noch passiert?«
    »Agnes hat

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