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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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Russen bloß immer so todernst – könnt ihr euch denn nicht mal gehenlassen?«
    Â»Vielleicht sollten wir uns mehr mit Amerikanern umgeben«, gestand Jasow zu. »Sie haben einen Prachtkerl von Sohn, und selbst wenn er in der Olympiamannschaft gegen uns antritt, werde ich ihm vergeben.« Ein strahlendes Lächeln war seine Belohnung.
    Â»Wie nett von Ihnen.«
    Â 
    Â»Haben Sie etwas gesehen?«
    Â»Nur eine dumme Frau, die sich nicht eingekriegt hat«, erwiderte der Fotograf.
    Â»Wann ist der Film entwickelt?«

    Â»In zwei Stunden.«
    Â»Dann zischen Sie los«, sagte der Offizier.
    Â»Haben Sie denn etwas gesehen?« fragte der andere KGB-Mann seinen Vorgesetzten.
    Â»Nein, ich glaube nicht. Wir haben sie zwei Stunden lang beobachtet, und sie benimmt sich wie eine typische amerikanische Mutter, die sich in ihren Enthusiasmus hineinsteigert. Andererseits erregte sie die Aufmerksamkeit des Verteidigungsministers und des Hauptverdächtigen in einem Fall von Landesverrat. Das reicht, Genosse, finden Sie nicht auch?«
    Â 
    Zwei Stunden später lagen über zweitausend Fotos vor dem Offizier ausgebreitet. Die japanische Kamera gab am unteren Bildrand die Uhrzeit an, und der KGB-Fotograf verstand sich auf sein Handwerk so gut wie jeder Profi von der Presse. Er hatte fast ununterbrochen geknipst und nur innegehalten, um einen neuen Film in die Kamera mit Autowinder einzulegen. Anfangs hatte der Offizier einen Camcorder verlangt, war aber von dem Fotografen von dieser Idee abgebracht worden. Eine Standbildkamera war dank höherer Auflösung und Lichtempfindlichkeit eher in der Lage, rasche kleine Bewegungen zu erfassen.
    Der Offizier hatte eine Lupe und widmete jedem Bild ein paar Sekunden. Als Mrs. Foley in der Bildsequenz auftauchte, nahm er sich mehr Zeit, sah sich geruhsam ihre Kleidung, ihren Schmuck und ihr Gesicht an. Ihr Lächeln kam ihm ganz besonders schwachsinnig vor, erinnerte ihn an die Fernsehreklame im Westen, und dann erinnerte er sich, sie schreien gehört zu haben. Warum mußten Amerikaner eigentlich immer so laut sein?
    Doch seltsam: Durchs Fernglas hatte sie ausgesehen, als hätte sie ein Spatzenhirn. Hier aber, auf den Fotos, funkelten ihre Augen wach, schienen sich auf etwas zu konzentrieren. Wie kam das?
    Er sah sich weitere Bilder an und sagte sich dabei, daß die Foleys eigentlich nie genau durchleuchtet worden waren. Ihre Akten waren relativ dünn. Beim Zweiten Direktorat
galten sie als unbedeutende Figuren. Irgend etwas sagte ihm, daß das ein Fehler war, aber die Stimme war noch nicht laut genug. Nun kam er zur letzten Bilderserie, schaute auf die Uhr. Drei Uhr früh, verflucht noch mal. Er goß sich eine neue Tasse Tee ein.
    Ah, das mußte beim zweiten Tor aufgenommen worden sein. Sie sprang wie eine Gazelle. Hübsche Beine, stellte er fest. Nur noch ein paar Schnappschüsse bis zum Ende des Spiels. Ja, da küßte sie Jasow ab, hängte sich dann an Filitow...
    Er erstarrte. Die Kamera hatte etwas festgehalten, was ihm durchs Fernglas entgangen war. Beim Umarmen von Filitow war der Blick der Frau auf einen der Leibwächter geheftet, den einzigen, der nicht dem Spiel zuschaute. Ihre linke Hand lag nicht auf Filitows Rücken, sondern befand sich, den Blicken des Beobachters entzogen, unten bei seiner Rechten. Er ging ein paar Bilder zurück. Kurz vor der Umarmung hatte sie die Hand in der Manteltasche gehabt. Als sie den Verteidigungsminister umarmt hatte, war sie zur Faust geballt. Nach Filitow war sie wieder offen. Jetzt war er sicher.
    Â»Das ist doch nicht zu fassen –«, flüsterte er.
    Wie lange sind die Foleys schon hier? Er strapazierte seinen erschöpften Verstand, fand aber keine Antwort. Seit mindestens zwei Jahren – und wir haben nichts gemerkt. Er griff nach dem Telefonhörer und wählte Watutins Privatnummer. Es wurde schon beim ersten Läuten abgenommen.
    Â»Ich habe etwas Interessantes«, sagte der Offizier schlicht.
    Â»Schicken Sie einen Wagen.«
    Fünfundzwanzig Minuten später traf Watutin unrasiert und reizbar ein. Der Major legte ihm nur die relevante Bilderserie vor.
    Â»Wir hatten sie niemals im Verdacht«, sagte er, als der Oberst sich die Fotos durch die Lupe betrachtete.
    Â»Vorzügliche Tarnung«, merkte Watutin säuerlich an. Er hatte gerade erst eine Stunde geschlafen, als das Telefon ging, und hatte noch immer Schwierigkeiten, ohne

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