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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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bin Abwehroffizier, kein Parteitheoretiker. Nun aber war er als ›Eingeweihter‹ untrennbar mit Gerasimow verbunden; wenn der KGB-Chef stürzte, würde man ihn in die Provinz abschieben, wenn er Erfolg hatte, mochte er Chef des Zweiten Direktorats werden. Nicht übel ... Aber nun war er in die politischen Mühlen geraten und hatte keine andere Wahl, als seine Arbeit nach besten Möglichkeiten zu tun.
    Er setzte dem Tagtraum ein Ende und konzentrierte sich
wieder auf seine Berichte. Oberst Bondarenko ist sauber, dachte er. Eine mehrmalige Überprüfung hatte ergeben, daß er ein Patriot und überdurchschnittlicher Offizier war und nichts sonst. Filitow also, dachte Watutin. So verrückt es auch klang, der hochdekorierte Held war ein Verräter.
    Doch wie sollte das ohne die Unterstützung des Verteidigungsministeriums bewiesen werden? Watutin zitierte seine nächsten Mitarbeiter zu sich.
    Â»Fortschritte im Fall Filitow?« fragte er.
    Â»Unsere besten Leute beschatten ihn«, antwortete ein Offizier. »Sechs insgesamt und rund um die Uhr. Inzwischen haben wir rund um sein Wohnhaus Fernsehkameras aufgestellt, sechs Leute sehen sich jeden Abend die Videobänder an. Die Observation verdächtiger Briten und Amerikaner ist intensiviert worden. Unsere Personallage ist gespannt, und wir riskieren, entdeckt zu werden, aber das läßt sich nicht vermeiden. Ansonsten kann ich nur berichten, daß Filitow gelegentlich im Schlaf spricht – zu einem Romanow, wie es sich anhört. Die Worte sind zu undeutlich, aber ich habe die Bänder einem Sprachpathologen gegeben; vielleicht bekommt der etwas heraus. Auf jeden Fall kann Filitow keinen Furz lassen, ohne daß wir es merken. Lediglich kontinuierlicher visueller Kontakt ist nicht möglich, ohne ihn argwöhnisch zu machen. Jeden Tag, wenn er um eine Ecke biegt oder einen Laden betritt, ist er uns für zehn oder fünfzehn Sekunden entzogen – das reicht für eine Übergabe im Vorbeigehen oder die Benutzung eines toten Briefkastens.«
    Watutin nickte. Selbst die schärfste Überwachung hatte ihre Grenzen.
    Â»Und noch etwas«, sagte der Offizier, ein Major. »Habe ich erst gestern erfahren. Einmal in der Woche geht Filitow persönlich in den Dokumentenvernichtungsraum. Der Mann, der dort arbeitet, meldete uns das – nach seinem Dienstschluß. Heller Junge. Filitow überwachte die Installation der Anlage vor Jahren persönlich. Ganz normales System.«
    Â»Und der Fall Altunin?« fragte Watutin dann.

    Ein anderer Offizier schlug sein Notizbuch auf. »Wir haben keine Ahnung, wo er sich vor seiner Ermordung aufhielt. Mag sein, daß er sich allein versteckte, mag sein, daß er bei Freunden Unterschlupf fand, die wir noch nicht identifizieren konnten. Zwischen seinem Tod und den Bewegungen der Ausländer konnten wir keinen Zusammenhang finden. Außer plump gefälschten Papieren hatte er nichts Belastendes bei sich. Falls die CIA ihn ermordet haben sollte, hat sie saubere Arbeit geleistet. Keine weiteren Hinweise, nichts.«
    Â»Ihre Meinung?«
    Â»Der Fall Altunin ist eine Sackgasse«, antwortete der Major. »Es gibt noch ein halbes Dutzend Aspekte zu überprüfen, aber keiner sieht vielversprechend aus.« Er machte eine kurze Pause. »Genosse ...«
    Â»Fahren Sie fort.«
    Â»Ich halte die Sache für einen Zufall. Ich glaube, daß Altunin einem ganz normalen Mord zum Opfer fiel, weil er versuchte, zum falschen Zeitpunkt den falschen Güterwagen zu betreten. Dafür existieren zwar keine Beweise, aber das sagt mir mein Gefühl.«
    Â»Wie sicher sind Sie?«
    Â»Ganz sicher kann man nie sein, Genosse Oberst, aber die CIA würde doch entweder die Leiche beiseite geschafft oder falsche Hinweise hinterlassen haben.«
    Â»Richtig. Verfolgen Sie Ihre Spuren trotzdem weiter.«
    Â»Selbstverständlich, Genosse Oberst. Vier bis sechs Tage werde ich wohl noch brauchen.«
    Â»Gut. Noch etwas?« fragte Watutin. Man schüttelte die Köpfe. »Dann kehren Sie in Ihre Abteilungen zurück, Genossen.«
    Â 
    Ich mach’s beim Hockeyspiel, dachte Mary Pat Foley. KARDINAL war von einer Telefonzelle aus alarmiert worden und würde zugegen sein. Sie hatte vor, die Übergabe selbst vorzunehmen. Drei Filmkassetten lagen in ihrer Tasche; ein simpler Händedruck sollte genügen. Ihr Sohn spielte mit Filitows

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