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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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Beatrice Taussig war attraktiv und weltläufig, aber nicht in der Lage, im richtigen Augenblick den ersten Schritt zu tun. Gregory hatte das vermutlich auch nur ein einziges Mal in seinem Leben getan und war aus diesem Grund mit Dr. Long zusammen. Er hatte es geschafft, weil Beatrice der Mut gefehlt hatte. Ist auch besser so, dachte Tanja Bisjarina. Eine Zurückweisung hätte Beatrice Taussig vernichtet.
    Bisjarina fragte sich, was Gregory wohl für ein Mensch war. Wohl ein typischer Akademiker, ein Eierkopf, der die Welt verändern wollte. Bisjarina verstand das. Auch sie wollte die Welt ändern, wenngleich auf andere Weise. Gregory und Tea Clipper standen dieser Vision im Weg.

    Â»Na, geht’s besser?« fragte sie, als die Tränen versiegt waren.
    Â»Ich muß fort.«
    Â»Sind Sie auch wirklich in Ordnung?«
    Â»Ja. Ich weiß nur noch nicht, wann ich –«
    Â»Ich verstehe.« Tanja brachte sie an die Tür. Wenigstens war Beatrice Taussig so vernünftig gewesen, ihren Wagen eine Straße weiter zu parken. ›Ann‹ wartete, hielt die Tür einen Spalt offen, bis sie den unverwechselbaren Auspuffton des Sportwagens hörte. Dann schloß sie die Tür, schaute sich ihre Hände an und ging zurück ins Bad, um sie zu waschen.
    Â 
    Die Nacht brach in Moskau früh herein. Dicke Wolken, die sich ihrer Schneelast zu entledigen begannen, verdeckten die Sonne. Die Delegation versammelte sich im Foyer und begab sich im Gänsemarsch zu den zugewiesenen Wagen, die sie zum Begrüßungsessen bringen sollten. Ryan saß in Fahrzeug Nummer drei. Sie rumpelten über schlaglochübersäte, so gut wie leere Straßen nach Osten, überquerten am Kreml den Fluß und rollten am Gorki-Park vorbei, wo die Moskowiter auf einem zugefrorenen Teich im Schneetreiben Schlittschuh fuhren. Es freute Ryan, richtige Menschen zu sehen, die ihren Spaß hatten. Man darf nicht vergessen, sagte er sich, daß Moskau eine Stadt voller ganz normaler Menschen ist. Diese Tatsache ging leicht unter, wenn man beruflich gezwungen war, sich auf eine kleine Gruppe von ›Gegnern‹ zu konzentrieren.
    Der Wagen bog am Oktober-Platz ab und fuhr nach einer Reihe komplizierter Manöver am Hotel Akademie der Wissenschaften vor. Eine Reihe Birken stand verloren zwischen der Betonmauer und der Straße und reckte kahle Zweige zum fleckigen Himmel. Ryan schüttelte den Kopf. Nach ein paar Stunden Schneefall mochte die Szene direkt schön wirken. Die Temperaturen schwankten um den Gefrierpunkt – es wehte so gut wie kein Wind. Schneewetter. Die Luft war dicht und kalt, als er durch den Haupteingang das Hotel betrat.

    Wie die meisten russischen Gebäude war es überheizt. Jack zog den Mantel aus und reichte ihn einem Garderobenwärter. Die sowjetische Delegation hatte sich bereits aufgestellt, um die Amerikaner zu begrüßen, und am Ende der Reihe warteten auf einem Tisch alkoholische Getränke, von denen alle kosteten. Vor dem eigentlichen Essen sollte neunzig Minuten lang getrunken und Konversation gemacht werden. Willkommen in Moskau. Ryan war dieses Arrangement recht. Genügend Alkohol würde aus jedem Essen ein Festmahl machen. Der Raum war so schwach beleuchtet, daß man durch die großen Fenster den Schnee fallen sehen konnte.
    Â»Tag, Dr. Ryan«, sagte eine bekannte Stimme.
    Â»Sergej Nikolajewitsch, hoffentlich wollen Sie heute nicht mehr Auto fahren«, erwiderte Jack und wies mit seinem Weinglas auf Golowkos Wodka. Der Russe hatte bereits rote Wangen und lustig glänzende blaue Äuglein.
    Â»Na, wie war gestern der Flug?« fragte der Oberst des GRU und lachte herzhaft, ehe Ryan antworten konnte. »Immer noch Angst vorm Fliegen?«
    Â»Es ist eher der Aufprall auf den Boden, der mir Sorgen macht.« Jack grinste.
    Â»Ach ja, Sie haben sich bei einem Hubschrauberabsturz den Rücken verletzt. Verständlich.«
    Ryan wies zum Fenster. »Gibt es heute viel Schnee?«
    Â»Vielleicht einen halben Meter, vielleicht auch mehr. Morgen wird es klar und frisch sein, und dann liegt die Stadt unter einer sauberen weißen Decke.«
    Er hat schon einen in der Krone, dachte Ryan. Nun, das war heute abend nur ein geselliger Anlaß, und die Russen konnten vorzügliche Gastgeber sein, wenn sie dazu in der Laune waren.
    Â»Geht es Ihrer Familie gut?« fragte Golowko in Hörweite eines anderen Mitglieds der

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