Der Kardinal im Kreml
zweites Fahrzeug«, wandte ein FBI-Agent ein.
»Hier, Sir. Da reflektiert etwas die Sonne; wahrscheinlich eine Windschutzscheibe.«
»Warum eigentlich kein Rückfenster?« fragte der Agent.
»Also ich würde ein Auto rückwärts in ein Versteck fahren, nur für den Fall, daà ich rasch weg müÃte«, erwiderte die Frau, ohne aufzublicken.
Sie kam zum nächsten Bild. »Bitte sehr ... da blitzt die StoÃstange, und das da ist wahrscheinlich der Kühlergrill. Sehen Sie, wie das Fahrzeug abgedeckt ist? Hier, der Schatten da neben dem Wohnwagen, das könnte ein Mensch sein â« Der nächste Abzug brachte Klarheit. »Ja, das ist ein Mann.«
Insgesamt hatte die Aktion dreiÃig verwendbare Aufnahmen des Verstecks gebracht. Acht davon wurden auf Plakatformat vergröÃert und zu dem Hubschrauber gebracht, der im Hangar stand. Dort wartete Gus Werner. Ãberhastete Operationen störten ihn ebensosehr wie die Leute im Wohnwagen, aber auch seine Optionen waren beschränkt.
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»So, Oberst Filitow, jetzt sind wir im Jahr 1976 angelangt.«
»Als Dimitri Fedorowitsch Verteidigungsminister wurde, nahm er mich mit in sein neues Amt. Das erleichterte mir natürlich die Arbeit.«
»Und gab Ihnen bessere Chancen.«
»Jawohl.«
Vorwürfe, Anschuldigungen und Kommentare zu Mischas Verbrechen gab es nun keine mehr. Das erste Geständnis war dem Mann schwergefallen, aber dann folgte meist eine leichte Phase, die Wochen dauern mochte; Watutin hatte keine Ahnung, wann diese enden würde. Anfangs ging es um die Ermittlung des AusmaÃes des Verrats, und dann wurde der Gefangene in allen Einzelheiten zu jeder Episode vernommen. Mit Hilfe dieser Zweiphasenmethode erstellte man eine Art Register mit Querverweisen
nur für den Fall, daà der Häftling später versuchte, bestimmte Dinge abzustreiten oder zu verändern. Schon die erste Phase, in deren Verlauf man über Einzelheiten hinwegging, schockierte Watutin und seine Männer. Technische Daten aller Panzer und Geschütze der Sowjetunion waren an den Westen gegangen, noch ehe die Produktion begonnen hatte. Verraten worden waren Flugzeugdaten, Leistungswerte aller denkbaren atomaren und konventionellen Sprengköpfe, Informationen über die Zuverlässigkeit von Interkontinentalraketen, über interne Streitigkeiten - erst im Verteidigungsministerium, später auch, nach Ustinows Ernennung, im Politbüro. Den gröÃten Schaden hatte Filitow mit der Weiterleitung sowjetischer strategischer Ãberlegungen angerichtet, und über Strategie muÃte Filitow als Vertrauter Ustinows alles gewuÃt haben, was es zu wissen gab.
Nun, Mischa, was halten Sie davon ...? Diese Frage muÃte Ustinow tausendmal gestellt haben, ohne etwas zu ahnen.
»Was war Ustinow eigentlich für ein Mann?« fragte der Oberst vom Zweiten Direktorat.
»Er war brillant«, erwiderte Filitow sofort. »Sein Verwaltungsgeschick war ohne Parallele. Auch sein Einfühlungsvermögen in Herstellungsprozesse war beispiellos. Er brauchte nur die Nase in eine Fabrik zu stecken und wuÃte schon, ob ordentlich gearbeitet wurde. Er konnte fünf Jahre in die Zukunft sehen und voraussagen, welche Waffen gebraucht wurden und welche nicht. Nur ihren Einsatz im Gefecht verstand er nicht so ganz, was häufig zu Streit führte, wenn ich Modifikationen zur leichteren Bedienung vorschlug. Manchmal konnte ich ihn überzeugen, manchmal aber auch nicht.«.
Erstaunlich, dachte Watutin und machte sich Notizen. Mischa kämpfte unablässig für die Verbesserung der Waffen, obwohl er alles an den Westen verriet ... warum? Doch diese Frage konnte er vorerst noch nicht stellen. Mischa durfte sich nicht als Patriot fühlen, ehe sein Verrat ganz dokumentiert war. Es konnte Monate dauern, erkannte
Watutin nun, bis das Geständnis in allen Einzelheiten heraus war.
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»Wie spät ist es jetzt in Washington?« fragte Ryan.
»Kurz vor zehn am Vormittag«, erwiderte Candela. »Ihre Sitzung war heute kurz.«
»Ja, die andere Seite bat aus irgendwelchen Gründen um eine frühere Vertagung. Nachrichten aus Washington zum Fall Gregory?«
»Kein Wort«, versetzte Candela düster.
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»Sie haben gesagt, die Amerikaner wären bereit, ihre Verteidigungssysteme zur Verhandlung zu stellen«, sprach Narmonow zu seinem KGB-Chef. Der AuÃenminister hatte
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