Der Katalysator
höchster theoretischer Prozentertrag verzeichnet: Sechs Urea ergibt ein Trialin plus sechs Ammoniak plus drei Kohlendioxyd?“
„Zweiundzwanzig“, antwortete die Konsole mit einer sonoren Baritonstimme.
„Bedingungen?“
„Temperatur: dreihundert Grad Celsius; Druck: einhundertvierzig at, in Edelstahl-Autoklav; Reaktionszeit: dreißig Minuten. Serane, J. S. U. S. Patent 5.601.432.2003.“
„Höchstertrag bei atmosphärischem Druck?“ fragte Paul.
„Fünf Komma sechs Prozent.“
„Bedingungen?“
„Temperatur: dreihundertfünfundzwanzig Grad Celsius; Reaktionszeit: zehn Minuten; Quarzröhre über Kieselsäure-Katalysator. Serane, J. S. U. S. Patent 5.997.306.2004.“
„Welches ist der theoretische Maximalertrag bei atmosphärischem Druck?“
„Achtundneunzig Prozent.“
Paul wechselte einen Blick mit Serane.
„Bezug Serane 5.997.306: Modifiziere die Bedingungen, um theoretischen Maximalertrag zu erreichen.“
„Daten leider nicht ausreichend.“
„Würde eine substantielle Temperaturveränderung den Ertrag bei 5.997.306 signifikant erhöhen?“
„Nein.“
„Würde eine substantielle Veränderung der Reaktionszeit den Ertrag erhöhen?“
„Nein.“
„Würde ein substantiell anderer Katalysator den Ertrag signifikant erhöhen?“
Die Maschine schien zu zögern. „Es käme darauf an, wie Sie substantiell anders definieren.“
„Ein Katalysator, der nicht aus Kieselsäure besteht.“
„Die Antwort ist nein. Der Katalysator sollte Kieselsäure enthalten.“
Paul schaute Serane ratlos an. „Was gibt’s denn noch?“ fragte er den Wissenschaftler flüsternd.
Aber Serane ließ sich nicht beirren. Er sprach in sein Handmikrophon. „Serane hier. Würde eine geringfügige – ich wiederhole: eine geringfügige – Veränderung der Temperatur, der Reaktionszeit oder des Katalysators den Ertrag bei atmosphärischem Druck vergrößern?“
„Ja, Dr. Serane.“
„Was für eine Veränderung?“
„Eine Veränderung des Katalysators.“
„Müßte die Kieselsäure modifiziert werden?“
„Ja.“
„In welcher Weise?“
„Daten leider nicht ausreichend.“
„Müßten wir die Kieselsäure aktivieren?“
„Ja.“
„Wie?“
„Daten leider nicht ausreichend.“
Sie waren in einer Sackgasse angelangt. Paul deutete auf das Visi, das bisher tot gewesen war. „Funktioniert der Holo-Monitor?“ fragte er die Maschine.
„Selbstverständlich.“
„Zeig mir ein Optimalflußdiagramm für eine Urea-Trialin-Hochdruck-Produktionsanlage.“
Augenblicklich formte sich vor dem Monitor ein dreidimensionales Bild.
Serane beugte sich vor und studierte das Arrangement. Schließlich lehnte er sich wieder zurück. „Keine Veränderung seit letzter Woche.“ Flüsternd sagte er zu Paul: „Es kommt dem, was ich für unsere eigene kommerzielle Hochdruckanlage empfohlen habe, ziemlich nahe, aber wir haben immer noch ein paar Tricks, auf die selbst dieses Wesen hier noch nicht gekommen ist.“
Paul wandte sich wieder dem Bildschirm zu. „Hast du ein 3D von Dr. Peter Lindstrom?“
Das lächelnde Gesicht eines Mannes in den Sechzigern schwebte auf das Visi. Es war ein farbiges Holo. „Hallo. Peter Lindstrom hier.“ Die Augen funkelten, der Mund kräuselte sich, und man sah eine Reihe gleichmäßiger, wohlgepflegter Zähne. „Kann ich Ihnen helfen?“
„Das haben Sie schon getan“, sagte Paul. „Und vielen Dank.“
„Gern geschehen“, antwortete das Gesicht. „Ich hoffe, ich habe Ihnen nützen können.“
Paul schaltete ab.
„Ein atmosphärisches Trialin-Verfahren – mit dem Fünffachen des Ertrages Ihrer gegenwärtigen Hochdruckproduktion?“ Paul schüttelte den Kopf.
„Ich weiß es nicht, Paul. Ich glaube, es ist machbar. Meine Mitarbeiter glauben es ebenfalls. Und jetzt erhalten wir vom Computer die Bestätigung. Wir müssen eine andere Kieselsäure finden, und wir müssen sie aktivieren. Interessant. Vierzig Lindstrom-Abonnenten wissen darüber ebensogut Bescheid wie wir. Und sie wissen es schon länger. Und trotzdem ist noch niemand auf die richtige Kombination gekommen. Wenn es ihnen glückt, ist Kussmans Trialin-Fabrik über Nacht wertlos. Und man wird die richtige Kombination finden. Die Frage ist nur: Wer bekommt das Patent?“
8
Symposion
Die Versammlung begann ganz formlos, wie die Anfangstakte von Donnators Song. Sie fand in Seranes Haus statt. Die meisten seiner Mitarbeiter waren da und auch ein paar „Außenseiter“ wie Paul. Sie alle waren
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