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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dessen Abzeichen ihn als Captain auswiesen. »Übrigens, mein Name ist Clark, und das hier sind meine Leute«, sagte er zu mir. »Dort wird man sich um ihn kümmern. Er wird unter Quarantäne gestellt und ständig überwacht.«
    »Platz sechzehn«, sagte Marino. »Wissen wir etwas darüber, wer den gemietet hat?«
    »So weit sind wir noch nicht«, sagte Martinez. »Sind alle fertig angezogen?« Er sah jeden von uns kurz an, und dann war es Zeit zu gehen.
    Die Küstenwache verfrachtete uns auf zwei Boston Whaler, denn wir mußten Gewässer durchqueren, die zu flach für ein Küstenwachschiff oder ein Patrouillenboot waren. Martinez lenkte unser Boot im Stehen und war so ruhig, als sei es für ihn etwas völlig Alltägliches, mit vierzig Meilen pro Stunde über kabbeliges Wasser zu rasen. Ich saß am Bootsrand und hielt mich krampfhaft an der Reling fest, denn ich war überzeugt, ich würde jeden Moment über Bord gehen. Die Fahrt kam mir vor wie ein Ritt auf einem mechanischen Bullen. Der Wind blies mir so heftig in Mund und Nase, daß ich kaum atmen konnte.
    Marino saß mir gegenüber auf der anderen Seite des Bootes und sah aus, als müßte er sich gleich übergeben. Ich bewegte die Lippen als Zeichen der Aufmunterung, aber er starrte mich bloß ausdruckslos an und hielt sich mit aller Kraft fest.
    Schließlich gelangten wir in eine kleine Bucht namens Flat Cat und verlangsamten unser Tempo. Durch ein Dickicht aus Rohrkolben und Spartinagras, vorbei an Schildern mit der Aufschrift »Motor drosseln«, näherten wir uns dem Park. Zunächst konnte ich außer Kiefern nichts erkennen, doch dann erblickte ich Wege und Sanitäranlagen, eine kleine Ranger-Station und einen einzigen Wohnwagen, der durch die Bäume lugte. Elegant manövrierte Martinez das Boot an den Pier, ein anderer Mann von der Küstenwache vertäute es an einem Pfahl, und das Motorengeräusch erstarb.
    »Ich muß kotzen«, sagte Marino mir ins Ohr, als wir ungelenk von Bord kletterten.
    »Nein, müssen Sie nicht.« Ich packte ihn am Arm.
    »Ich geh' nicht in diesen Wohnwagen.«
    Ich drehte mich um und sah in sein bleiches Gesicht.
    »Sie haben recht«, sagte ich. »Das ist meine Aufgabe, aber zuerst müssen wir den Ranger ausfindig machen.«
    Noch bevor das zweite Boot angelegt hatte, stakste Marino steifbeinig davon, und ich sah durch die Bäume zu dem Wohnwagen hinüber, der deadoc gehörte. Er war ziemlich alt und stand, versteckt im Schatten von Weihrauchkiefern, so weit wie möglich von der RangerStation entfernt. Das Fahrzeug, das ihn gezogen hatte, war nirgends zu sehen. Als wir alle an Land waren, verteilte das USAMRIID-Team die altbekannten orangefarbenen Anzüge, Atemgeräte und Ersatzbatterien mit einer Kapazität von vier Stunden.
    »Also, wir gehen folgendermaßen vor.« Das war Clark, der Leiter des USAMRIID-Teams. »Wir ziehen die Schutzanzüge an und holen den Leichnam da raus.«
    »Ich würde gern zuerst reingehen«, sagte ich. »Allein.«
    »Gut.« Er nickte. »Dann sehen wir, ob sich da drin irgend etwas Gefährliches befindet, was hoffentlich nicht der Fall ist. Anschließend holen wir den Leichnam raus, und dann wird der Wohnwagen abgeschleppt.«
    »Das ist ein Beweisstück«, sagte ich und sah ihn an. »Wir können ihn nicht einfach so abschleppen.«
    Sein Gesichtsausdruck verriet, was er dachte. Der Mörder war möglicherweise tot, der Fall abgeschlossen. Der Wohnwagen stellte einen Infektionsherd dar und mußte verbrannt werden.
    »Nein«, sagte ich zu ihm. »So schnell können wir diesen Fall nicht abschließen.«
    Er entgegnete nichts, schnaubte frustriert und starrte auf den Wohnwagen.
    »Erst mal gehe ich da rein«, sagte ich. »Dann sage ich Ihnen, was zu tun ist.«
    »Na gut.« Er erhob wieder die Stimme. »Also los, Jungs.
    Und vorerst betritt keiner den Wagen außer der Leichenbeschauerin.«
    Sie folgten uns mit der Isoliertrage, diesem grauenerregenden Schneewittchensarg, der nicht für diese Welt gedacht war, durch den Wald. Kiefernnadeln knackten unter meinen Füßen, knusprig wie Weizenschrot, und die Luft war scharf und rein. Der Wohnwagen war ein Dutchman, etwa fünfeinhalb Meter lang, mit einem orangegestreiften Vorzelt.
    »Ein altes Modell. Acht Jahre, möcht' ich wetten«, sagte Marino, der sich mit so etwas auskannte.
    »Was braucht man, um so ein Ding von der Stelle zu bewegen?« fragte ich, während wir in unsere Schutzanzüge stiegen.
    »Einen Pick-up«, sagte er. »Vielleicht einen Van. Viel PS muß er nicht

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