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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Abschied ein, darauf hatte ich auch nicht mehr gezählt, wenngleich ich mir eine versöhnliche Geste gewünscht hätte.
    Nach den Berechnungen des Roten Falken befanden wir uns in der Höhe von Philippolis, dessen Ruinen aber auf die Entfernung und im bereits hellen Tageslicht nicht auszumachen waren, und wir beschlossen auf Damaskus im Norden zuzuhalten. Doch gerieten wir immer tiefer in die Wüste, weil wir den letzten Karawanenweg verfehlt hatten. Da wegen der drohenden Mongolengefahr immer weniger Handelsreisende den Weg in die Stadt suchten, verwehten Sand und Winde schnell alle Spuren, die die Kamele normalerweise hinterlassen. Hohe Sanddünen trugen zusätzlich dazu bei, dass man leicht die Orientierung verlor. Wir richteten uns nach dem Stand der Sonne, die immer unbarmherziger auf uns niederbrannte, und hofften, irgendwann auf wüstenerfahrene Beduinen zu stoßen, die uns in die angestrebte Richtung weisen sollten. Doch ob wir uns nun mühsam die sanften Kämme hinaufquälten oder in den Tälern gegen das Versinken in den Sandwehen ankämpften, immer waren wir allein -
    bis wir plötzlich eines äußerst seltsamen Zuges ansichtig wurden, der sich in Entgegengesetzter Richtung quer durch die Wüste bewegte.
    Es waren keine gewöhnlichen Reisenden, das sah ich schon an der stattlichen Kamelkarawane, die ihnen folgte, alle Tiere schwer bepackt mit Truhen und Körben, Kisten, Fässern und Säcken. Es handelte sich auch nicht um reiche Kaufleute. Fasziniert starrte ich auf die voranschreitenden Herrschaften. Ein bizarrer Hofstaat in prächtigen, für eine solche Reise völlig ungeeigneten Gewändern. Ich erkannte auch, außer wenigen bewaffneten Reisigen, leicht gekleidete junge Weiber auf den Kamelen - vielleicht Tänzerinnen? -und herumlaufende Zwerge. Über einer schwergewichtigen Gestalt wurde sorgsam ein Baldachin gehalten, Diener fächelten dem fet-236
    ten Riesen Kühlung zu, an seiner Seite ritt eine unverschleierte Frau, die sich nur durch einen Schirm gegen die Sonne schützte. Sie mussten uns jetzt ebenfalls erblickt haben, denn sie hielten an, was für uns eine Einladung bedeutete, näher zu kommen. Der Rote Falke, dessen Augen schärfer waren als die meinen, hielt mich, der ich gleich lostraben wollte, zurück.
    »Für mich ist das An-Nasir, der Sultan von Damaskus«, sagte er mit leiser Stimme zu seinem klugen Weib, »er muss aus seiner Stadt geflohen sein!«
    »Der Vater des -?«, fragte ich betroffen.
    Der Emir winkte ungehalten ab. »Über das peinsame Zusammentreffen mit seinem Sohn sollten wir lieber schweigen, William«, flüsterte er mir zu, als hätte es an mir gelegen, dass wir den Armen schmählich seinem Schicksal überlassen hatten. Doch ich nickte einverständig, zumal der Rote Falke jetzt eine weitere Person erspäht hatte, die auch ich kannte. »Jene imratun kheir muhad-jaba an seiner Seite ist Clarion von Salentin, seine Favoritin!«
    »Lasst uns nicht unhöflich sein!«, drängte jetzt die kluge Saratz. »Auch wenn wir ihnen keine Hilfe anzubieten haben, sie werden uns sicher den Weg nach Damaskus weisen können!«
    Wir ließen unsere Tiere den Hang hinabsteigen und hielten auf die stattliche farbenprächtige Gruppe zu.
    Es war der Sultan, und es war auch Clarion, die uns sofort erkannte und es dem riesigen Fettkloß mitteilte. Die Leibwächter ließen uns daraufhin absteigen und näher treten. Auf Geheiß der Favoritin wurde uns von den Dienern nach Rosen duftendes Wasser mit leichtem Minzgeschmack als Erfrischungstrank gereicht. Clarion hatte sich von ihrem Reittier gleiten lassen und begrüßte uns mit großer Herzlichkeit. Für An-Nasir war es wohl ein zu großer Aufwand, von seinem Kamel gehievt zu werden, obgleich mehrere starke Männer dafür
    bereitstanden. Der Rote Falke richtete seinen Blick fragend hinauf zu der massigen Gestalt, doch stand es dem Sultan zu, das Gespräch zu eröffnen.
    »Ich habe mich entschlossen«, schnaufte der von seiner Sänfte herab, die Last war auf zwei Kamele verteilt, »bei meinem Bruder
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    im Amte, beim Sultan von Kairo, Beistand zu erfragen - gegen die heranrückenden Mongolen - «
    Der Rote Falke war nicht gewillt, so zeigte sich, dem vormals mächtigen Herrscher zu Gefallen die Lage schön zu reden. »Das hättet Ihr schon längst - «, begann er, aber Clarion unterbrach ihn voller Spott.
    »Was glaubt Ihr, Emir, treibt Seine Hoheit hier inmitten der Wüste seit dem Tag, an dem wir Damaskus verlassen mussten?« Sie schob die Antwort

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