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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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gleich nach. »Vielleicht sollte ich mich doch den Mongolen unterwerfen?< Also Kehrtwendung, zurück Richtung Damaskus! >Oder wäre es doch günstiger, zusammen mit den Ägyptern den Mongolen die Stirn zu bieten? < Also gleich wieder umgedreht, Richtung Askalon, oder sonst wo zur Grenze im Süden!« Clarion schilderte das alles höchst amüsiert, als wolle sie die bittere Situation nicht wahrhaben, in der sich der Sultan befand.
    »Wie stellt Ihr Euch eigentlich vor, edler An-Nasir«, wandte sich der Rote Falke daher streng an den Herrscher,
    »werden die Mamelucken auf Eure Schwäche reagieren?«
    »Wieso Schwäche?«, schnaubte das Nilpferd. »Ich biete Kairo ein Bündnis an!«
    »Und Ihr geht ernsthaft davon aus, der Mameluckensultan marschiert sofort los, um Euren Thron zu retten?!« Da An-Nasir außer Schnaufen nichts von sich gab, fuhr er fort. »Wenn sich Kairo in den - vermutlich unvermeidlichen - Krieg verwickeln lässt, dann wird, bei einem Sieg der Ägypter, ganz Syrien der Preis sein -«
    »Und wenn sie ihn verlieren?«, fragte Clarion keck dazwischen.
    »Dann fangen sie ihn erst gar nicht an!«, gab ihr der Emir zur Antwort. »Sie werden ihren besten Heerführer schicken, Baibars, den Bogenschützen!«

»Und wie verhalten sich die Barone des Königreiches?« Die gute Clarion hegte anscheinend noch immer Hoffnung für das politische Überleben ihres Herrn und Gebieters.
    »Die werden die Köpfe einziehen und warten, bis der Sturm vorüber ist«, trug ich mein Scherflein bei, kannte ich mich doch aus in den Krämerseelen von Akkon bis Tyros.
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    »Letztlich spielen beide«, zog der Emir den Disput wieder an sich, »weder das Königreich von Jerusalem noch das Sultanat von Damaskus, keine entscheidende Rolle in dieser Auseinandersetzung - «
    Das Nilpferd schluckte heftig an seinem aufsteigenden Ärger. »Ich kehre auf der Stelle in meine Hauptstadt zurück!«, verkündete er schwer atmend. »Mit mir an der Spitze -«
    Clarion hinterfragte respektlos: »An der Spitze von was?!«
    Dem Emir missfiel die Art, wie sie mit dem Fleischberg umsprang. »Ihr könnt Euren Thron nur retten«, hielt er sich - ihren Einwurf ignorierend - an den Sultan, »wenn Ihr sofort und in Eilmärschen den Mongolen entgegeneilt, bevor sie Damaskus ohne Euer Zutun einnehmen!«
    »Das werden sie nicht wagen!«, polterte An-Nasir. »Ich kann immer noch meine Hand den Ägyptern reichen?!«
    Er war sich schon wieder unsicher.
    »Ihr könntet uns begleiten«, schlug Madulain vor, die sich bisher bescheiden, aber aufmerksam zurückgehalten hatte. »Wir sind auf dem Weg dorthin - «
    Der Sultan schwitzte, seine Hand suchte wie ein kleines Kind die seiner Favoritin. »Clarion, was soll ich tun?«, klagte er.
    »Das habt Ihr doch gehört, mein Herr und Gebieter«, versuchte sie ihn jetzt mit Sanftmut zu bewegen, doch An-Nasir mochte sich nicht entscheiden.
    »Reitet nur voraus, Emir«, forderte er den Roten Falken auf, »und bereitet in der Stadt meine Ankunft vor!«
    Wir hatten keine Zeit zu verlieren, Madulain herzte und küsste Clarion, und wir schwangen uns wieder auf unsere Tiere. Der Baouab, sein Oberhofmeister, ein spindeldürres Männchen, wies uns bereitwillig den richtigen Weg, und wir ließen den grotesken Haufen in der Wüste zurück.
    »Mir gefällt nicht«, bemerkte der Emir nach einiger Zeit nachdenklichen Ritts, »wie diese Vollreife Dame sich über den Sultan lustig macht!«
    Das war zwar an die Prinzessin der Saratz gerichtet, doch ich
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    antwortete aufgewühlt: »Unterschätzt nicht die zärtliche Liebe der Clarion von Salentin zu ihrem Koloss!« Die Begegnung hatte zumindest bei mir einen bitteren, wenn nicht tragischen Nachgeschmack hinterlassen. »Im Zweifelsfall ist sie die Einzige, die treu zu An-Nasir stehen wird!«
    Meine beiden Weggefährten schwiegen. Bedachten sie vielleicht ihr eigenes Verhältnis?
    »Ihr Einfluss wird leider nicht ausreichen«, befand schließlich Madulain, »ihn zu einer Entscheidung zu drängen
    -«
    »Er hat gar keine Wahl«, beschied ihr Mann sie freundlich. »Die Mamelucken würden ihn umbringen - über kurz oder lang!«
    »Und die Mongolen?« Ich wollte meine Einschätzung erst zurückhalten, sprach sie aber dann doch aus.
    »Wahrscheinlich werden auch sie ihn töten, allerdings sofort!«
    Wir stießen endlich auf den Karawanenweg und setzten unsere Reise nach Damaskus fort.
    DIE HORDEN DES SUNDCHAK hatten Palmyra verlassen, eine breite Schneise von willkürlichen Metzeleien und

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