Der Kelim der Prinzessin
Ankunft in der Hauptstadt. Er bestimmte den nächs-248
ten Morgen zum Zeitpunkt des Abmarsches. - »König von Damaskus«? Rog überlegte, ob Yeza wohl damit einverstanden wäre.
Eigentlich müsste sie sich freuen? Und wenn nicht, dann wäre klar erwiesen, wie wenig ihr an seinem Glück gelegen sei. Zudem verspürte er keine Lust, mit Yeza stets Machtanspruch - und vor allem Ansehen - zu teilen.
Der Trencavel ahnte nicht, dass ein anderer bereits sehr feste Vorstellungen hinter seiner glatten Stirn wälzte, wie er den gleichen Titel an sich reißen könnte: Ali war gewillt, den Kampf um die Herrschaft von Damaskus mit allen Mitteln aufzunehmen.
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WANKELMUT UND ZWIETRACHT DER GROSSMEISTER
DAS HAUPTHEER DER MONGOLEN hatte sich inzwischen ohne sonderliche Hast durch die Buqaia-Ebene
südwärts vorgeschoben und lagerte unweit der Tempelruinen von Baalbek, dem antiken Heliopolis. Alle Landstriche um sie herum waren so weit >befriedet<, dass der II-Khan jetzt darangehen konnte, seinen Einzug in der Hauptstadt Syriens zu planen. Die von ihm gewünschte pax Mongolica war zwar längst nicht von allen lokalen Machthabern als segensreicher, quasi paradiesischer Zustand dankbar akzeptiert worden, aber keiner wagte mehr, sich offen dagegen aufzulehnen. Die Johanniter vom Kräh des Chevaliers, die Templer von Safita und Tortosa, selbst die Assassinen von Masyaf hatten Ergebenheitsadressen geschickt und die muslimischen Emire Syriens samt und sonders Geiseln gestellt. Der Oberkommandierende Kitbogha, der dieses gewaltige Unternehmen für seinen Herrn Hulagu durchgeführt - und dabei nie die Übersicht verloren hatte -, konnte durchaus zufrieden sein. Von dem abgelegenen und wegen seiner aufsässigen Derwische als schwierig erachteten Palmyra hatte Dungai, der Hauptmann, der das uneingeschränkte Vertrauen Kitboghas besaß, eine Delegation mitgebracht, die ohne Umstände - wenn man einmal von der hilfreichen Intervention des Schamanen absah - mit geradezu heiterer Bereitwilligkeit die legendäre Handelsstadt in der Wüste dem Schutz des Königlichen Paares unterstellte. Das genügte überraschenderweise dem Il-Khan vollauf und erfüllte die Dokuz-Khatun mit großer Freude, zeigte es doch, welch gute Ausstrahlung von den beiden Friedenskönigen ausging.
Dem bedächtigen Kitbogha schien es unangebracht, gerade jetzt darauf hinzuweisen, dass bis dato weder Rog noch Yeza - wenngleich von Arslan offensichtlich aufgespürt - wieder vereint im mongolischen Lager am 250
Hofe des Il-Khan zur Verfügung stünden. Umso beglückter war der bärbeißige Oberkommandierende, als jetzt die ersten Meldereiter seines erfolgreich heimkehrenden Generals Sundchak eintrafen und berichteten, dass die
»Königin« Yeza sich in dessen Gefolge befände.
Sundchak war übel gelaunt. Knapp berichtete er von der Erfüllung seiner Mission, der Zerstörung von Mard'
Hazab und der Gefangennahme des dorthin geflüchteten El-Kamil. Der stiernackige General bestand darauf, den Verbrecher auf der Stelle dem Il-Khan vorzuführen, damit der über dessen Bestrafung befinden könne. Kitbogha verweigerte seinem Untergebenen eine sofortige Audienz bei Hulagu und verlangte stattdessen zu wissen, was denn mit Yeza sei? Sundchak reagierte gereizt.
»Die Dame reist in Gesellschaft des Bretonen, der sie in Schutzhaft genommen hat!«, knurrte der Fleischerhund aufsässig seinen Vorgesetzten an. »Sie hatte sich zur Herrscherin von Palmyra aufgeschwungen, zur Königin dieser aufrührerischen Derwische!«, bellte er voller Empörung. »Ich habe Euch die Köpfe der Anführer mitgebracht.« Er gab seinen Leuten einen Wink, sie sollten die auf Lanzen gespießten Trophäen hereintragen, aber Kitbogha verwies ihm auch das.
»Eine Delegation aus Palmyra ist grad' vor zwei Tagen von unserem Il-Khan Hulagu und der Dokuz-Khatun hier huldvoll empfangen worden«, hielt er dem schnaubenden Sundchak mit kühler Überlegenheit entgegen. »Ich glaube nicht, dass der Il-Khan über Eure überflüssigen Mitbringsel besonders erfreut sein wird. Euer eigenmächtiges Handeln stört die Politik der Befriedung Syriens gewaltig!«
Sundchak zog seinen hochroten Glatzkopf ein. »Was erregt Ihr Euch über die paar Schädel von verrückten Derwischen?«, muckte er aber doch auf. »Den Emir habe ich dem Il-Khan lebend herbeigeschafft, damit er ihn persönlich häuten, pfählen und rösten mag, den Schurken, der es gewagt hat - « Ein gefährliches Grammeln, wie das eines Vulkans kurz vor dem
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