Der Kelim der Prinzessin
und wandte sich dem Templer und dem Kabbalisten zu.
»Mir gefällt es nicht«, eröffnete er den beiden, »dass Ihr mit Eurer Sucht - mit Spielleidenschaft mag ich Euer Verhalten nicht mehr entschuldigen - mir jetzt auch meine Okzitanier ansteckt!«
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Die beiden senkten betroffen die Nasen. »Ich brauche diese tüchtigen Burschen, Euch hingegen kaum!« Dem Trencavel taten die alten Weggefährten fast Leid, doch er wollte Härte zeigen. »Wenn Ihr das vorzieht, dann schenk' ich Euch den Kelim und lass Euch morgen mit ihm zurück - « Sein Blick fiel auf Ali, der die
>geretteten< Damaszener zu sich auf den Teppich gebeten hatte, als sei er hier der Herr und Gastgeber. Rogs Stirn verdunkelte sich.
Ali, den auch Guy inzwischen verlassen hatte, sodass er nur noch über Pons als Zuhörer verfügte, versuchte gerade den Baouab und dessen Leute für sich zu gewinnen, er wünsche in ihrer Begleitung in Damaskus einzuziehen. Den Majordomus beeindruckte diese Haltung sehr, zumal nach dem kühlen Empfang durch den Trencavel. Er setzte gerade dazu an, dem jungen Herrn seine Dienste anzubieten, als Rocs ärgerliche Stimme herüberscholl, Ali habe den Teppich sofort zu verlassen, und Terez fügte nicht weniger herablassend, doch laut genug hinzu: »Sitzt Ihr auf Euren Ohren, Ali? Dies ist ein Befehl des Trencavel: Jeglicher Aufenthalt auf dem Kelim ist jedermann ab sofort untersagt!«
Alis Gesicht erstarrte vor Wut und Scham zur Maske.
»Wer ist der«, fragte der in Intrigen erfahrene Baouab provozierend, »dass er so mit Euch zu reden wagt!?«
»Das ist Roc Trencavel, der Gemahl der großen Yeza Esclarmunde!«, tat da Pons ungefragt, aber mit hörbarem Stolz kund. »Zusammen bilden sie das ruhmreiche Königliche Paar!«
Das beeindruckte den gewieften Majordomus noch weit mehr als das Angebot des Ali, der seine
Mameluckenherkunft bewusst verschwiegen, sich dafür in ein geheimnisvolles Licht zu setzen gewusst hatte.
Der Baouab verneigte sich knappstens, eigentlich nur ein höfliches Kopfnicken, gab seinem Gefolge einen Wink, und sie verließen gehorsam den Teppich. Ali hatte die rabiate Handgreiflichkeit der Mannen aus Antioch noch in böser Erinnerung und fügte sich, die Lippen schmal zusammengepresst.
Die angekündigte Karawane traf ein. Roc ließ ihren Treibern und den Kamelen frisches Wasser bringen. Hier machten sich schon dieser spindeldürre Majordomus und seine Dienerschar nützlich,
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die ihm sogleich ihre Dienste angetragen hatten. Im Hinblick auf Damaskus, das jetzt vor ihnen lag, war es vielleicht nicht falsch, über ortskundige Leute zu verfügen. Josh der Zimmermann und David der Templer hatten sich still verdrückt, jedoch aufmerksam die stattliche Karawane inspiziert. Zögerlich, fast schüchtern sprach Joshua seinen alten Freund auf die neue Situation an. Rog gab sich abweisend.
»Solltet Ihr fürderhin zu Eurem großherzigen Angebot stehen, edler Trencavel«, trug David sodann mit fester Stimme vor, »wären doch diese zahlreichen Kamele durchaus in der Lage, zusätzlich auch noch den Kelim zu transportieren - «
»Dafür versprechen wir«, fügte der Zimmermann treuherzig hinzu, »dass wir Euch nach unserer glücklichen Ankunft in Damaskus nicht länger zur Last - «
»Ihr seid mir beide lieb und wert«, unterbrach ihn Rog gerührt, »auch Yeza würde sich freuen, Euch -«
»Was mich betrifft«, erklärte spontan der Templer, »stifte ich meinen Teil des Kelims gern der Großen Moschee, wenn ich weiterhin an Eurer Seite reiten darf, Trencavel.«
Ihm mochte der Kabbaiist nicht nachstehen. »Was soll ich mit der anderen Hälfte des Teppichs anfangen?«, beklagte sich der alte Gauner spaßig. »Längs- oder quergeteilt oder gar im Goldenen Schnitt? Bevor ich diese Zirkulatur eines Rechtecks als mathematisch-geometrisches Problem gelöst habe, da komm' ich lieber gleich mit
- und spiel' in Zukunft auf blankem Boden!«
Rog legte seine Arme über ihrer beider Schultern und ließ sie spüren, dass die alte Freundschaft wiederhergestellt war.
Die Damaszener, die wieder den alten, spindeldürren Baouab zum Sprecher gekürt hatten, unterbreiteten mit einer gewissen Feierlichkeit dem Trencavel ein verlockendes Angebot: Da Stadt und Land nun ohne Herrscher dastünden, wäre es wünschenswert, wenn Rog als männlicher Teil des berühmten Königlichen Paares zu Damaskus die Regierung übernähme - zumal er ja mit den Mongolen im besten Einvernehmen stünde. Rog bat sich Bedenkzeit aus, bis zur
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