Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
Vom Netzwerk:
wir für unsere Probanden das Venus-Prinzip an, dann haben wir in der Liebe zwei Grundoptionen, die der Überhöhung und die der Erniedrigung - «
    »Demnach auf der einen Seite Harmonie der Seelen, Gleichklang der Körper, und auf der anderen Seite: Hurerei, Verschleudern, Zwist!«
    »So ungefähr könnten wir uns die Bälle zuspielen«, befand Joshua, »gut verschlüsselt, voller Allegorien, aber ich habe mir selbst eine Grube geschaufelt - «
    Der Templer musterte seinen Gefährten mit amüsiertem Grinsen. »Sie ist Euch wohl zu tief geraten?«
    »Der Rand ist mir zu hoch: Ich will Rog und Yeza beim Namen nennen!«
    »Ihre Lage - die wir nicht kennen - ist schon kompliziert genug!«, stimmte ihm David zu. »Ich möchte wetten, dass auch die beiden nicht genau wissen, was sie eigentlich wollen!«
    »Bei Rog sehe ich das ganz deutlich, dazu bedarf es nicht einmal jener im Olymp der griechischen Götter sattsam bekannten
    91
    Geschichten über das uneheliche Verhältnis zwischen Mars und Venus!« Der Zimmermann erwartete umsonst Beifall für seinen mythologischen Schlenker, so fuhr er fort: »Ich stelle mir Rog als Spieler vor, und zwar als einen schlechten, der weder sich selbst, also seine Fähigkeiten richtig einzuschätzen vermag, noch seine Möglichkeiten - und er hat kein klares Ziel! Weder in der Liebe noch auf dem leichten Feld ritterlicher Bewährung, geschweige denn auf dem schweren Boden weltlichen Machtstrebens!«
    »Was die Liebe anbetrifft«, nahm David den Faden auf, »besteht da die selbstverständliche, weil >gewachsene< Konstante seiner Beziehung zu Yeza, an der er nicht rüttelt - «
    »- dazu ist sie, die Gefährtin, Schwester und Geliebte viel zu stark!« Joshua kannte zwar das Königliche Paar auch nicht länger als sein Freund David, aber als Kabbaiist gab er sich gern als Wissender.
    Der Templer fuhr lächelnd fort. »So stark, dass Rog Trencavel sich zunehmend gewisse Freiheiten erlaubt, die er als >Abenteuer< verbucht - «
    »- schon weil ihm die Frauen, die er dabei traf - und sicher noch treffen wird -, nichts bedeuten!«
    David ging über den Einwurf hinweg. »Auch sein Leben als Ritter folgte bisher in gleicher Gedankenlosigkeit dieser unausgegorenen Verhaltensweise, war mehr eine Flucht in Abenteuer als das Streben nach einem bestimmten Ziel, wie Ruhm und Ehr oder gar höheren Idealen!«
    »Nur, dass hier oft die Leben anderer«, wiegelte Joshua ab, »die dem Königlichen Paar gläubig und willig Gefolgschaft leisteten, bedenkenlos geopfert wurden.«
    »Hoffentlich seid Ihr dieser Erkenntnis auch dann noch eingedenk, Zimmermann, wenn sich Euch die Frage bedingungslosen Einstehens für >die Sache< dereinst stellt!«, höhnte der Templer und wurde sich gleichzeitig bewusst, dass er selbst noch viel weniger davor gefeit sein würde, galt ihm doch Treue weit mehr als der Tod.
    Schweigende, aber aufmerksame Zuhörerin des Disputs war Madulain, die keinen Schlaf gefunden hatte.

92
    »Und was die herrscherliche Würde anbetrifft, die beiden, Rog und Yeza, >versprochen< ist, so glaubt zumindest der Trencavel für mein Empfinden immer weniger an ihre Verwirklichung«, warf die Prinzessin der Saratz ihre Meinung in den Ring.
    »Obgleich er das verheißene Königstum hochhält wie ein stolzes Banner!«
    »In Wahrheit klammert er sich an seinen Schaft, fürchtet den Tag, an dem er den Thron wird besteigen müssen!«
    Joshua war mehr als zufrieden mit dieser Formulierung. »So erhebt sich der Sitzende Drache, kehrt sich als cauda draconis ins Gegenteil, beißt sich in den Schwanz - und fliegt davon!« Der Zimmermann liebte es nicht, wenn Fremde sich in seine Streitgespräche mit dem Templer einmischten - schon gar nicht Weibsbilder!
    David lächelte, was der Kabbaiist als Beifall entgegennahm. »Eher ist die contradictio in se bei Yeza Esclarmunde zu finden«, stutzte ihn der Templer zurecht. »Das Jupiter-Syndrom, das für Wissen und Macht steht, zwar mit allen menschlichen Schwächen und Fehlern behaftet, aber von der Glorie des fürstlichen Despoten in der exaltatio bis zum Bettler und Sklaven im >Niedergang< alles umfasst, was zwischen Aufstieg und Fall möglich ist, gilt für die Prinzessin weitaus mehr als bei ihrem männlichen Pendant Rog Trencavel.«
    Auch David genoss es, seinen Gesprächspartner zu verblüffen. »Je weiter sich die Durchsetzung der Herrschaft des Königlichen Paares von jeglicher Realität entfernt, je unwahrscheinlicher eine solche Thronbesteigung wird, desto stärker

Weitere Kostenlose Bücher