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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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er will jeden verderben, der sich auf ihm niederlässt, er wird auch Euch ans Messer liefern!«
    »Ihr seht Gespenster!«, wehrte der Schwarzbärtige ungehalten ab. »Wie kann dieser Kelim -?«
    Yeza ließ ihn nicht ausreden. »Jeden Fußbreit von Webkante zu Webkante, in jedem Knoten seiner tausend Fransen hockt ein garstiger djinnl Sie werden dafür sorgen, dass Euch schlimmstes Unheil widerfährt!«
    Ihre Schwarzseherei brachte den Emir schon deswegen auf, weil ihm der unverschämte mongolische Bote in den Sinn kam. Dessen Verstümmelung hatte er bislang erfolgreich verdrängt. »Niemand weiß von meinem kühnen Schachzug, mich nach Mard' Hazab zu begeben! Ich habe meine Stadt mit unbekanntem Ziel verlassen, um jede Unbill durch die Mongolen von ihr abzuwenden. Hier vermutet mich keiner, und wenn nicht Euer Kelim - «
    »Es ist gewiss nicht der meine!«
    »- oder sonst wer - zum Beispiel Euer Prinzgemahl - «
    »Der wird schweigen, schon um meinetwillen!«
    »Hier holt uns keiner raus«, versuchte El-Kamil Zuversicht zu zeigen. »Mard' Hazab ist uneinnehmbar!«
    Yeza ließ es ihm nicht durchgehen. »Ihr hättet in Mayyafaraqin bleiben sollen!«, erregte sie sich über so viel Unverstand. »Dorthin ist für jedes Heer der Weg ziemlich weit und der Beute Lohn zu unergiebig. Doch durch Euren unüberlegten Schritt, Euch ausgerech-98
    net hier zu verschanzen, seid Ihr den Mongolen sehr entgegengekommen, sie werden ihre Chance und ihre Übermacht nutzen!«
    »So hat noch nie eine Frau mit mir gesprochen!« Bei allem Ärger musste er ihr Recht geben. »Ihr meint, wir sollten uns nach Mayyafaraqin zurückziehen? «
    »Nicht >wir<, Ihr!« Yeza hielt seinem empörten Blick stand. »Wenn ich Euch folgen würde, dann hättet Ihr nichts gewonnen, die Mongolen würden sich unweigerlich an unsere Fersen heften. Stöbern sie mich hingegen hier wieder auf, mag sein, dass sie sich mit dem Erfolg zufrieden geben!«
    »Ich lass ihnen den Kelim!?« El-Kamil versuchte zu handeln, Yeza lachte.
    »Den solltet Ihr ihnen auf jeden Fall schenken, zumal sie schon lange auf seine Ankunft warten - «
    »Und damit hätten sie die tausend bösen djinn am Halse!«, scherzte der Emir erleichtert. »Und Ihr kommt mit mir!«
    Yeza sah ein, dass sie ihn nicht umzustimmen vermochte. »Unsere Wege haben sich gekreuzt, El-Kamil«, sprach sie ernsthaft und erhob sich, bereit, die Treppe wieder hinabzusteigen in die düstere Einsamkeit des Harem.
    »Begeht jetzt nicht auch noch den Fehler, Euer Schicksal mit dem meinen verknüpfen zu wollen!«
    »Eher geb' ich mein Leben«, stöhnte der Schwarzbärtige und schlang seine Hände um ihre Taille, bevor Yeza sich ihm entziehen konnte, »als dass ich von Euch lassen will!«
    EIN EINSAMER WOLF strich durch das Gebirge. Roc hatte die schonungslosen Vorhaltungen des Schamanen insofern beherzigt, dass ihm daraus kalter Trotz erwachsen war. Wenn er sich nicht aufgeben wollte, durfte er keinen Tag länger ziellos durch die Felswüste irren, sondern musste schnellstens Beute schlagen.
    Die zwei Reiter verfolgte er nun schon seit Stunden, er durfte sie nicht aus den Augen verlieren. Zu seinem Jagdglück trug entscheidend bei, dass die beiden Mongolen es offensichtlich nicht eilig hatten, sodass es ihm -
    wenn auch mit hängender Zunge - bisher
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    jedes Mal wieder gelungen war, ihnen auf den Fersen zu bleiben. Einfach gestaltete sich das nicht, denn um nicht von den Reitern entdeckt zu werden, musste er beim Springen von Stein zu Stein sich immer wieder wie eine Eidechse in die Felsen pressen, um für jedes aufmerksame Auge eins zu scheinen mit seiner Umgebung. Doch die Mongolen trabten ohne jeden Argwohn gemächlich im Tal dahin. Während der Jüngere, ein Knabe noch, außer seinem Pferd nichts mit sich führte, war der ältere Krieger mit Schwert, Pfeil und Bogen gut bewaffnet, und seine Satteltaschen schienen prall gefüllt.
    Khazar und der junge Baitschu wussten sich ihrem Ziele nahe. Der alte Hirte, den sie trafen, als er seine Schafherde an das spärliche Rinnsal trieb, das jetzt im heißen Sommer von dem reißenden Wildbach übrig geblieben war, hatte ihnen zwar bedeutet, dass Mard' Hazab noch recht weit, sehr, sehr weit entfernt sei, aber ein Zug von fremden Kriegern sei vor wenigen, ein, zwei Stunden hier durch das Tal gezogen. Nach der umständlichen, aber bildhaften Beschreibung konnten das nur ihre Leute sein. Baitschu entdeckte die kaum verwehten Hufspuren im Sand des trockenen Flussbetts. Genau diese

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