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Der Kelte

Der Kelte

Titel: Der Kelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Gavilan
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lehnte er den Kopf gegen die Wand und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, flatterten erneut seine Lider.
    „Ruh dich aus!“, bat Rose ihn. „Du bist am Ende deiner Kräfte.“ Sie hatte genug erfahren, um für eine Weile darüber nachzudenken.
    Er wollte widersprechen, aber ihm fehlte die Kraft dazu. Rose half ihm, sich wieder hinzulegen, dann sanken seine Lider nach unten und er wurde ohnmächtig.
    Zeitreisen? Was genau hatte Alan gesagt? Immer, wenn sie starb, sprang sie in eine andere Zeit? Was für ein Unsinn! Nachdenklich und innerlich aufgewühlt schaute Rose auf den dunkelhaarigen, bleichen Mann nieder. Die Muskeln an seinem Bauch und seinen Armen zeichneten sich deutlich sichtbar ab, und beim Anblick seines nackten Oberkörpers begann ihr Herz zu klopfen.
    „Du wurdest nicht 1985 geboren, wie du glaubst“, hatte Alan gesagt, „sondern im ersten Jahrhundert vor Christus.“
    Und plötzlich löste dieser eine Satz in Rose eine Erinnerung aus. Wie ein Film begann eine Szene vor ihrem inneren Auge abzulaufen. Sie sah sich selbst in einem bäurisch aussehenden Gewand aus grobem Leinstoff am Ufer eines Flusses stehen ...
     
    62 v. Chr.
     
    Ihre Mutter lag am Ufer des kleinen Flusses am Dorfrand. Ihr grünes Obergewand hatte beinahe die Farbe des Mooses unter ihrem Körper. Die weißen Leinenärmel des Unterkleides waren jedoch braun geworden von getrocknetem Blut. Die linke Hand ihrer Mutter hing ins Wasser, in der Rechten lag noch das Messer, mit dem sie sich die Adern an den Handgelenken geöffnet hatte.
    Zärtlich strich Rose über die roten Haare der Toten. Sie hatte nach ihr gesucht und sie leblos am Bach gefunden. Sie wollte um Hilfe rufen, aber ihre Kehle ließ nur ein Schluchzen zu. Nach einer Ewigkeit spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Sie drehte sich um und sah durch den Schleier ihrer Tränen Alan, der sich zu ihr herunterbeugte, sie hochzog, in seine Arme schloss.
    Er war ihr Fels, sie klammerte sich an ihn, und er hielt sie fest, während sie weinte. Der Schmerz über den Verlust ihrer Mutter zerriss ihr Herz, doch Alans Nähe und seine Wärme schützen sie vor der Verzweiflung. Wie hoffnungslos musste man sein, um seinem Leben ein Ende zu setzen? Die Frau am Wasser hatte gelitten, so sehr gelitten, dass ihr der Tod gnädiger vorgekommen war als das Leben ...
     
    2014
     
    Mit einem Ruck tauchte Rose aus der Erinnerung auf, und Bruchstücke von weiteren Bildern taumelten durch ihren Geist. Sie sah sich selbst in einem mit einem Blumenmuster versehenen Sessel, ein Buch auf den Knien. Tränen auf ihren Wangen. Dann: Alan. Alan, der sie küsste und liebkoste. Alan mit dem Stein in der Hand, bereit, ihn auf sie herabsausen zu lassen. Alan, nicht mehr ihr Beschützer, sondern ihr Tod ...
    Ein Klopfen an der Tür riss sie aus diesen Erinnerungsfetzen und holte sie in die kleine Kammer des Gasthauses zurück. „Rose, Alan, seid ihr hier?“, hörte sie Enoras Stimme durch die verriegelte Tür.
    Rose öffnete, und Enora betrat den kleinen Raum. Sie trug jetzt nicht mehr ihre Chinos, sondern ein zeitgemäßes bodenlanges Kleid mit Mieder und tiefem Dekolleté. In Roses Augen, die Enora allenfalls im Minirock und mit Stiefeln kannte, sah das Kleid an der zierlichen Gestalt geradezu absurd aus. Enoras Wange zierte ein blutiger Striemen – das einzige Anzeichen dafür, dass sie kürzlich einen Kampf mit Branwen ausgefochten hatte.
    Sie musterte Alan, der noch immer bewusstlos war. „Für eine Weile haben wir Ruhe vor Branwen“, sagte sie zufrieden. „Sie ist damit beschäftigt, ihre Wunden zu lecken.“
    Rose betrachtete Enora und wunderte sich darüber, wie grimmig diese trotz des damenhaften Kleides plötzlich wirkte. Grimmig und kampferprobt. „Jetzt weiß ich, warum du immer so viel Kampfsport gemacht hast“, versuchte sie sich an einem dumpfen Scherz, der ihre noch immer heftige Verwirrung bemänteln sollte.
    Enoras Kopf ruckte zu ihr herum. „Du erinnerst dich?“, krächzte sie. Sie brauchte mehrere Sekunden, bevor sie diese Erkenntnis verdaut hatte. Um ihre Gedanken zu sortieren, wandte sie sich dem bewusstlosen Alan zu und untersuchte seine Schulter. „Hast du ihm den Verband angelegt?“, fragte sie.
    Rose nickte.
    „Gute Arbeit!“
    „Wird er ...“ Rose stockte. „... überleben?“, fügte sie dann leise hinzu. Die Vorstellung, dass Alan sterben könnte, erfüllte sie mit namenlosem Entsetzen. Wieder blitzten Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Alan und sie. In

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