Die 39 Zeichen 08 - Die Entführung am Himalaya

Prolog
    Nach dem Tode Grace Cahills gibt es bei der Testamentseröffnung eine Überraschung: Grace hat ihre Erben vor die Wahl gestellt, entweder eine Million Dollar aus ihrem umfangreichen Vermögen anzunehmen oder auf das Geld zu verzichten und dafür an einer Art »Wettbewerb« mitzumachen, in dem 39 Zeichen die Teilnehmer am Ende zu einem Geheimnis führen sollen, das dem Gewinner unvergleichliche Macht verspricht.
    Der elfjährige Dan und die 14-jährige Amy Cahill, Grace’ geliebte Enkelkinder, beschließen, die Herausforderung anzunehmen. Die beiden Waisen verzichten auf das Geld und entscheiden sich stattdessen für die ungewöhnliche Rätseljagd, die sie schließlich nicht nur um die ganze Welt führen soll, sondern sie auch mit der Geschichte ihrer berühmten Familie konfrontiert.
    Mit dieser Entscheidung begeben sie sich in größere Gefahr, als sie zunächst ahnen, denn ihre konkurrierenden Verwandten scheinen in jeder Hinsicht skrupellos zu sein: die Geschwister Kabra – Ian und Natalie – sind im selben Alter wie Dan und Amy und gehören dem Familienzweig der Lucians an, den strategisch und politisch begabten Cahills; auch Irina Spasky, ehemalige und hochgefährliche KGB-Agentin, ist eine Lucian; der Film- und Musikstar Jonah Wizard dagegen ist ein Janus, der künstlerische Zweig der Familie; die fünfköpfige Familie Holt ist Teil des Tomas-Clans, der physisch und militärisch ausgerichtet ist; und schließlich gibt es da noch Alistair Oh, einen verarmten Industriemagnaten, der zu den Ekaterina gehört, die vor allem auf technisch-erfinderischem Gebiet hervorstechen.
    Welchem Zweig Amy und Dan angehören, hat ihnen ihre Großmutter nie verraten.
    Nachdem sie nur knapp dem tödlichen Feuer entkommen sind, ist Südafrika ihr nächstes Ziel. Dort erhoffen sie sich, das nächste Zeichen zu finden, und stolpern auf ihrer Suche geradewegs in das Hauptquartier der Tomas’. Als schon alles verloren scheint, gelingt ihnen die Flucht in Grace’ afrikanisches Zuhause in Madagaskar. Dort entschlüsseln sie das nächste Rätsel:

ALOE,
    eine Pflanze, die auch bei größter Hitze wochenlang ohne Wasser auskommen kann. Manche ihrer Arten werden wegen der heilenden Wirkung ihres Saftes auch in der Medizin eingesetzt.

Erstes Kapitel
    Sie waren kaum mit der Katzenbox an dem Passagier vorbei, da begann der Mann auch schon zu niesen.
    Ha-tschi! … Ha-tschi! … Ha-tschi!
    Amy und Dan Cahill blieben wie versteinert im Gang der British-Airways-Maschine 777 stehen und warteten, dass der Niesanfall vorüberging. Doch er ging nicht vorüber. Das Niesen wurde nur immer schlimmer und der arme Mann wurde bei jedem Nieser heftig durchgeschüttelt.
    » So schlimm kann es ja nun wirklich nicht sein!« Dan schüttelte ungeduldig den Kopf.
    In der Katzenbox sah sich Saladin verängstigt um. »Mrrp?«
    Nellie Gomez, das Au-pair-Mädchen der Cahill-Kinder, stand hinter den beiden. Da sie über die Kopfhörer ihres iPod in voller Lautstärke mit den Ramones beschallt wurde, nahm sie nicht mehr wahr als einen Mann mit feuchten Augen.
    »Ich habe euch doch gesagt, dass die am Taco-Stand mit Habanero-Chili würzen!«, erklärte sie etwas zu laut.
    Nellies dröhnende Stimme lenkte die Aufmerksamkeit der Stewardess auf den Vorfall. Sie sprach den niesenden Mann auf Chinesisch an und wandte sich dann Amy und Dan zu. »Mr Lee hat eine Katzenhaarallergie. Euer Tier muss leider im Gepäckraum reisen.«
    »Aber auf dem letzten Flug von Madagaskar durfte er bei uns bleiben«, protestierte Amy.
    Nellie hatte unterdessen ihren iPod ausgestellt. »Können Sie den Herrn nicht auf einem anderen Platz unterbringen?«
    »Es tut mir leid. Der Flug ist ausgebucht.«
    Saladin räumte das Feld nicht ohne Widerspruch. Das erboste Miauen des Ägyptischen Maus hallte im gesamten Flugzeug wider, bis sich die Kabinentür hinter ihm schloss.
    Als sich Amy und Dan an Mr Lee vorbei zu ihren Sitzen quetschten, putzte sich dieser noch immer die Nase. Nellie, die eine Reihe hinter ihnen saß, war schon wieder in die Musik ihres iPod versunken.
    »So ein Mist.« Dan zappelte ungeduldig herum, obwohl das Flugzeug noch nicht einmal den Flugsteig verlassen hatte. »Das ist jetzt unser zweiter Superlangstreckenflug in Folge und wir dürfen nicht einmal Saladin bei uns behalten. Schlimmer geht’s ja wohl nicht, oder?«
    Amy und Dan wechselten einen kurzen Blick.Frage war dämlich, das wusste Dan genau. Konnte es schlimmer kommen? Ihre Lage war bereits schlimmer als