Der Killer im Lorbeer
begleiten.
Seit vier Stunden haben sie Edward Gaunt in der Mangel. Die Kommissarin, der Sergeant und der hinzugezogene Superintendent. Gaunt kennt seine Rechte. Schlimmer noch, er kennt seine Chancen. Er schätzt sie richtig ein, sie stehen nicht schlecht. Solange Emily ihrem Mann für den Mord an Miss Perry ein Alibi gibt, kann er nicht überführt werden. Rosys Gedankenkette mag logisch sein – die Aussage von Rank, die Vergiftung Emilys, Gaunts Ausraster gegenüber Ralph, seine Flucht –, alles spricht gegen ihn, doch es genügt nicht, um ihm den Mord an Miss Perry nachzuweisen. Weder wurde Gaunt in der Nähe des Tatortes gesehen, noch weisen DNA-Spuren eindeutig auf ihn hin, eine Tatwaffe wurde nicht gefunden. All das zusammen macht Rosy wütend. Das Verhör wird gegen neunzehn Uhr abgebrochen. Gaunt bleibt in Haft. Sein Anwalt hat bereits die Entlassung beantragt, da bei dem Tutor angeblich keine Fluchtgefahr bestehe.
Nach einem Tag wie diesem kriegen Rosy normalerweise keine zehn Pferde in den Pub. Und doch lehnt sie jetzt am Tresen, neben ihr der einäugige Sergeant. Ralph kann sich ausmalen, welche Vorwürfe ihm seine Frau machen wird: Nach einem traumatischen Erlebnis und einer OP hängt er an der Bar und trinkt Bier. Unvernünftiger geht es nicht. Unvernunft ist in dieser Nacht angesagt, sie tröstet über die Tatsache hinweg, dass man fast am Ziel ist und es trotzdem nicht erreicht.
»Wir müssen Gaunt weiter bearbeiten. Irgendwann knickt er ein.« Ralph fasst das martialische Gefühl in Worte, das die Ermittler gepackt hat. Sie wollen den Schuldigen niederstrecken. Nicht irgendwann, wenn die Juristen ihre Arbeit aufgenommen haben – noch diese Nacht.
»Ich verstehe die Frau nicht!« Rosy wischt das Kondenswasser von der Flasche. Das Bier ist so kalt, dass es beim Schlucken wehtut. »Wir sagen Emily, ihr Mann vergiftet sie, aber sie hält dicht. Sie hält bedingungslos zu ihm! Warum?«
»Weil sie ihn dadurch endgültig in der Hand hat.«
Rosy mustert den Kollegen. »Der Punkt geht an dich. Gaunt wollte sie verlassen, für dieses Ziel hätte er sogar Emilys Tod in Kauf genommen. Jetzt ist er für immer an sie gefesselt. Bleibt er bei ihr, schweigt sie. Verlässt er sie, sagt sie gegen ihn aus, und er wandert ins Gefängnis.«
Ralph starrt ins Bierglas. »Unter solchen Umständen beisammenzubleiben ist die Hölle.«
»Vielleicht kriegen wir ihn über den Mord an Mrs Lancaster. Nehmen wir an, Gwendolyn schenkte auch ihrer Chefin am Dienstag reinen Wein ein.« Rosy nimmt einen Schluck. » Ich habe mich verliebt. Ich gehe mit meinem Verlobten weg von hier. Ich kündige.«
Ralph nickt. »Und was sagt die Lancaster darauf?«
»Sie versucht, Gwen umzustimmen: Ihr kennt euch erst seit einer Woche. Mach keinen Fehler. Wirf dein Leben nicht weg .«
»Aber Gwendolyn bleibt bei ihrem Entschluss. Sie verlässt die erschütterte Chefin. Doch die will Gwen nicht ziehen lassen. Dienstagnacht erträgt sie die Sehnsucht nicht länger, läuft zu Gwens Wohnung. Dort ist alles dunkel. Mrs Lancaster wartet. Gwen kommt nicht. Was macht sie?«
»Vielleicht kam sie zufällig am Labyrinth vorbei, als Gaunt und Gwendolyn hineingegangen sind.«
»In dem Fall hätte Gaunt die Tat keinesfalls begangen.«
»Und Ogilvy? Könnte der am Dienstag etwas beobachtet haben, als er am Apartment von Miss Perry vorbeifuhr?«
»Ogilvy war nicht in Trench«, antwortet Rosy trocken.
»Hobbs sagt …«
»Hör mir auf mit Hobbs! Der hat uns lange genug zum Narren gehalten. Im Protokoll steht: Hobbs ging zum Minimarkt und kaufte die neueste Ausgabe der SMART. Ich habe das überprüfen lassen. Die SMART erscheint schon am Montag. Dienstag war sie bereits ausverkauft.«
»Das heißt?«
»Der Alte hat sich schlicht im Tag geirrt. Ogilvy fuhr Montagabend an Miss Perrys Wohnung vorbei. Da war sie noch am Leben.« Rosy dreht sich auf dem Hocker um, starrt ins Lokal. »Emily Gaunt sagt, sie hat mit Mrs Lancaster telefoniert. Wann war das?«
»Am Abend vor Lancasters Tod.«
»Sie sagte: Harriet brauchte jemanden, der ihr zuhört. Der Tod von Miss Perry war ein schecklicher Schlag für sie. « Rosy sieht Ralph an. »Das war drei Tage nach dem Mord. Weshalb ruft die Lancaster ihre Freundin jetzt erst an? Außerdem ist es nicht glaubhaft, dass sie ihren Schmerz ausgerechnet mit der Frau des Mannes teilt, der mit Gwen eine Affäre hatte. Mrs Gaunt lügt!«
»Die Lancaster wollte zu dir, weil sie etwas auf dem Herzen hatte.«
»Vorher
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