Der Killer wartet
Moment zu kauen auf.
"Na, weil ich mich schnell genug geduckt habe, deswegen", meinte er dann und lachte dabei verlegen. "Du hättest es wohl lieber, wenn es anders gekommen wäre, was?
"Quatsch!"
"Naja..."
"Über so etwas macht man keine Scherze, Martin!" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und beugte sich dann nach vorn über den Tisch. "Überleg doch mal! Wenn das Profis waren, wieso dann eine solche Stümperei? Vielleicht vermutest du den Killer in einer ganz falschen Ecke und es hat am Ende gar nichts mit diesem Stasi-Zeug zu tun! Kann doch auch sein, oder?"
"Aus welcher Ecke soll's denn sonst kommen, Carola?"
"Keine Ahnung!"
"Na siehst du, dir fällt sonst auch keine Adresse ein, von der das kommen kann."
Feller steckte den Rest des Brötchens in den Mund und stand auf.
"Das haben wir doch alles schon hundertmal durchgekaut!"
murmelte er.
"Und was soll dieses Foto?" fragte Carola. "Darüber habe ich mir auch den Kopf zerbrochen!"
"Mein Gott, ich weiß es nicht!"
"Und wenn das eine Art Warnung ist? So nach der Art: Der hier ist schon tot und du bist der nächste?"
Schulterzucken.
"Warum sollten sie so etwas tun? Das ergibt nur einen Sinn, wenn..."
Carola nickte.
"Wenn sie dich gar nicht um jeden Preis töten wollen, Martin!" vollendete sie. "Vielleicht kannst du dich mit ihnen... einigen..."
Er lachte heiser und schüttelte dabei den Kopf.
"Nein", murmelte er.
"Und warum nicht? Man könnte es versuchen!"
"Wie stellst du dir das vor? Den einzigen, den ich von dieser Bande etwas besser kannte war dieser Otto. Aber auch von dem wußte ich so gut wie nichts. Nichts, hörst du? Nur seinen falschen Namen und sein Gesicht. Und die Tatsache, daß er tot ist."
"Du vergißt den Mann auf dem Foto", gab Carola zu bedenken.
"Von dem weiß ich noch weniger."
Carola stand jetzt auch auf.
"Herrgott, du bist doch früher auch mit diesen Leuten in Kontakt gekommen, wenn's nötig war - irgendwie!"
"Nein."
Sie verstand nicht.
"Was heißt nein?"
"Es war immer umgekehrt. Sie haben mit mir Kontakt aufgenommen. Es war eine Einbahnstraße. Sie wußten alles über mich und ich nichts über sie. Das waren nun mal die Spielre-geln, und ich hatte weder die Lust noch überhaupt die Möglichkeit, daran etwas zu ändern." Er sah sie an. "Aber mir wird schon was einfallen!", meinte er. "Ich hoffe, du hälst zu mir!"
Ihre Züge wurden etwas sanfter. Sie kam näher, umrundete den Tisch und nestelte an seinem Hemdkragen.
"Sicher tu ich das!"
"Wirklich?"
"Es hängt alles davon ab."
"Ich weiß."
Er nahm sie in den Arm. Etwas hölzern zwar, aber er tat es. Er roch ihr Haar, während er ihre Stimme hörte: "Was immer gewesen ist, es ist lange her und es war eine andere Zeit."
Feller strich ihr über den Kopf.
"Ja", sagte er. "Jeder hat das Recht auf einen Fehler, oder?"
"Sicher."
Er löste sich von ihr.
Sie brachte ihn noch zur Tür.
"Hast du unseren Herrn Sohn eigentlich schon geweckt?"
erkundigte er sich noch.
Sie nickte.
"Schon dreimal!"
"Der schafft doch nicht mehr pünktlich zu sein!" Und dabei lag das Geschwister Scholl Gymnasium schon mehr oder weniger um die Ecke.
"Ich werde etwas früher zum Dienst fahren, dann kann ich ihn mitnehmen."
Feller schüttelte den Kopf.
"Einen verwöhnten Pimpel haben wir da großgezogen! Die paar Meter laß ihn ruhig zu Fuß laufen. Den Ärger muß er dann selber durchstehen!"
"Wie du schon sagtest: Jeder hat das Recht auf Fehler."
"Ja, und unser gemeinsamer Fehler wird hoffentlich bald ein Stück erwachsener!"
*
"Dein Freund hat wieder angerufen!" begrüßte Charly seinen Chef, als der gerade aus dem Wagen gestiegen war. Martin Fellers Gesicht verfinsterte sich leicht.
"Was?" fragte er überflüssigerweise. Er wirkte ziemlich unwirsch.
"Na, du weißt schon, der eine da... Sag mal, was steckt da eigentlich hinter? Was will der Kerl von dir?
"Ich weiß es nicht", erklärte Feller. Er wollte an Charly vorbei, aber der faßte ihn leicht an der Schulter.
"Brauchst du irgendwie Hilfe, Chef?"
"Quatsch!"
"Ach komm schon! Ich kenn dich doch! Das sieht doch ein Blinder, daß mit dir was nicht in Ordnung ist!"
Feller versuchte ein milderes Gesicht aufzusetzen.
"Es ist alles okay", behauptete er und seufzte. "Jedenfalls gibt es keine Probleme, die ich nicht selber lösen könnte..."
In Charlys Gesicht stand der blanke Zweifel.
"Du weißt, ich bin dein Freund", sagte er dann gedämpft.
"Du kannst auf mich zählen, woll!"
Feller nickte.
"Danke, Charly.
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