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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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verschmierter, kirschroter Lippenstift und die zahlreichen Lagen verkrusteter Schminke darunter konnten die Spuren des Lebens auf der Straße nicht vertuschen.
Vielleicht war sie früher mal schön
, dachte Nick, doch ihr verfilztes Haar, die tief in den Höhlen liegenden Augen und die eingefallenen Wangen erinnerten nun eher an einen Kadaver.
    Sie wälzte sich herum, setzte sich auf, fasste Nick ins Auge und lächelte.
    Ein kahlköpfiger Mann mit langem, weißgrauem Bart streckte den Kopf aus einem nahen Schlafsack. »Wer ist da?«
    Nick stellte fest, dass um ihn herum im Gebüsch mehrere Schlafsäcke lagen. Dazwischen waren Pappkartons, blaue Plastikplanen und ein Einkaufswagen voller Mülltüten verstreut.
    »Nur ein Junge«, sagte die Frau. »Ein hübsches kleines Kerlchen.«
    Nick rollte sich von ihr runter, doch als er aufstehen wollte, packte sie ihn mit harten, knochigen Händen am Unterarm. Nick schrie und versuchte, sich loszureißen.
    »Wo willst du denn hin, mein Süßer?«
    »Suchst du was, Junge?«, fragte der Mann und rappelte sich wankend auf. Weitere Köpfe lugten aus Schlafsäcken und Pappkartons hervor, lauter trübe, verschlafene Blicke, die sich auf Nick richteten.
    »Natürlich sucht er etwas«, sagte die Frau und lächelte verschlagen. »Für zehn Kröten blas ich dich in den siebten Himmel. Haste zehn Kröten?«
    Nick starrte sie entsetzt an.
    Der alte Mann grunzte und gab ein Kichern von sich. »Das ist ein Bombengeschäft, Junge. Glaub mir. Die bringt dich zum Jodeln.« Ein paar andere Männer nickten und lachten.
    Nick schüttelte hastig den Kopf und wollte sich dem Klammergriff der Frau entwinden, doch sie ließ nicht locker.
    »Dann fünf Kröten«, sagte sie. »Fünf Kröten, dafür blas ich dir deine kleine Rakete. Was hältst du davon?«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Nick eine Bewegung hinter sich: zwei Männer, die zäh und hungrig aussahen und ihn wie eine Gratismahlzeit beäugten.
    »Lassen Sie mich los«, flehte Nick und versuchte, ihre Finger einzeln zu lösen. »Bitte.
Bitte
lassen Sie mich los.«
    »Du verpasst was«, gurrte sie und öffnete die Finger, worauf er rückwärtstaumelte und gegen einen der beiden Männer prallte. Der Mann packte Nick bei den Haaren, drehte ihn um und tastete mit der anderen Hand nach seiner Tasche. Nick schrie auf und riss sich los. Er spürte, wie sich mehrere Haarbüschel aus seiner Kopfhaut lösten, aber das war ihm egal, solange er nur seine Tasche hatte. Auf die Tasche kam es an, auf seinen letzten Trumpf. Er drückte sie fest an die Brust, wankte, fasste Fuß und kraxelte aus dem Graben. Oben trampelte er durchs Gebüsch und rannte davon, verfolgt von gräulichem Gelächter. Erst als der Graben weit hinter ihm lag, hielt er inne. Schließlich erreichte er einen Spielplatz und lehnte sich an eine große, grinsende Schildkröte, um Atem zu schöpfen und sich zur Ruhe zu zwingen.
    In einem Graben
, dachte er.
Werde ich heute Nacht in einem Graben schlafen? Und die Nacht darauf und die darauf? Zwischen solchen Gruselgestalten?
    Er ließ die Tasche zwischen seinen Füßen zu Boden fallen. Sein Herz raste noch immer. Mit den Augen suchte er die Schatten ab, die Bäume, um sich zu vergewissern, dass niemandin der Nähe war oder ihm folgte. Dann holte er ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und zählte es hastig durch.
Sechsundfünfzig Dollar. Wie weit komme ich damit?
Er hob die Tasche auf.
Nein, das ist ja nicht alles. Sobald ich einen Dealer finde, habe ich so viel Geld, wie ich brauche
. Den Teil seines Plans hatte er sich natürlich noch nicht so genau überlegt: Wie sollte ein Vierzehnjähriger es anstellen, einen großen Drogendeal abzuschließen?
Das kriege ich schon hin
, beruhigte er sich.
Ich muss es nur geschickt anstellen. Ich gehe zu … zu … zu wem soll ich bloß mit dem Zeug?
»Verdammt.«
    Dann sagte er sich, dass es im Moment einzig und allein darauf ankam, die U-Bahn-Haltestelle zu erreichen und schnellstens von hier zu verschwinden.
Und dann was? Hm?
Er warf einen Blick ins Gebüsch, und ihm wurde klar, dass er noch nicht einmal einen Schlafsack hatte. Langsam fragte er sich, ob seine Mutter nicht recht gehabt hatte. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, Marko einfach nicht in die Quere zu kommen. Dann hätte er jetzt zumindest noch einen Schlafplatz und etwas zu essen. Er krempelte seinen Ärmel hoch und betrachtete die Brandwunde an seinem Arm. Sofort erinnerte er sich wieder an Markos abscheuliches Grinsen, an seine

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