Der Klang Deiner Gedanken
Donnie, Lonnie, Connie ...“
„Und Bonnie“, ergänzte sie.
„Wir reimen uns“, sagte Lonnie.
Die Lady mit den grünen Augen sah ihn erstaunt an. „Tatsächlich?“
Walt lachte auf und die junge Frau warf ihm einen amüsierten Blick zu. Sie war allem Anschein nach zu gut erzogen, um laut mitzulachen, aber Humor schien sie zu haben. Sie gefiel ihm. Kein Mustern, kein Beurteilen. Eben ganz normal.
Die Mutter in dem roten Kostüm kehrte mit Connie auf der Hüfte zu ihrer Sitzbank zurück. Kaum hatten sie sich hingesetzt, löschte ein Tunnel das Sonnenlicht. Die Kinder kreischten.
Walt nahm einen Schluck aus der sprudelnden Colaflasche und hockte sich wieder hin. „An die Tunnel solltet ihr euch lieber gewöhnen. Wir müssen in den Tehachapi Mountains durch achtzehn Stück davon. Und in ein paar Minuten kommt das Beste: die Tehachapischleife. Der Zug fährt einmal im Kreis. Das wird euch gefallen.“
Die Jungs drückten sich die Nase an der Scheibe platt. Bald darauf rollte der Zug aus dem Tunnel und fuhr in die Schleife ein, die sich um einen mit Eichen übersäten Hügel wand. Walt lieferte ihnen ein paar Erklärungen und war froh, sich an die Ausarbeitungen für eins seiner Seminare während des Ingenieurstudiums zu erinnern.
Nach der Abfahrt ins Central Valley und einem Zwischenhalt in Bakersfield wickelte Walt sein Sandwich aus. Seine Mom hätte ihm ordentlich den Kopf gewaschen, wenn sie hätte sehen können, dass er nicht im Speisewagen aß. Aber weil diese Waggons kriegsbedingt reduziert worden waren, blieb ihm keine andere Wahl. Er biss genüsslich in das Sandwich hinein und schloss die Augen. Das Essen im Stützpunkt war entweder matschig oder hart gewesen, aber dieses Hühnchen war kühl, fest und abgeschmeckt mit Zwiebel, Sellerie, und ... Apfel? Ja, Apfel.
„Mama, ich hab Hunger“, quengelte Lonnie. „Wann gibt es Mittagessen?“
„Bei Oma. In etwa einer Stunde.“
Mit all den Kinderaugen auf sich gerichtet schmeckte Walt das Sandwich längst nicht mehr so gut.
„Können wir nicht was kaufen?“, fragte Donnie.
„Nein. Und jetzt sei ruhig. Wir essen in Fresno.“ Das Gesicht der Frau hatte sich farblich inzwischen ihrem Kostüm angepasst, und Walt nahm an, dass ihre Börse genauso leer war wie seine Brieftasche.
Alles, was er noch hatte, war die Apfelsine. Die perfekte Apfelsine. Er zog sie aus der Tüte. Sie hatte genau dieselbe Größe wie das Loch in seinem Bauch, war aber vermutlich nicht so groß wie die Löcher in den Kindermägen.
„Eine Apfelsine?“ Walt zwang sich zu einem Lächeln. „Vielleicht möchten Ihre Kinder eine Apfelsine?“
„Oh nein, vielen Dank.“
„Ganz im Ernst. Ich habe bei einem Freund übernachtet und seine Frau hat mir etwas zu essen eingepackt. Ich kann Apfelsinen nicht ausstehen.“
Sie willigte ein. Walt drückte den Daumen in die Schale und setzte einen Duftnebel frei, der nach Zitrusfrucht, Sommer und Sonne roch. Er verteilte die Stückchen und die Kinder gaben Ruhe. Mehr als alles anderes wollte Walt sich die Finger ablecken, um wenigstens den Geschmack im Mund zu haben, aber er nutzte stattdessen sein Taschentuch.
Als sie Fresno erreichten, erwiderte Walt den militärischen Gruß der kleinen Jungs und nahm ihren Dank für die Cola, die Orangenstückchen und die Geschichten entgegen.
„Ach, Miss“, rief die rotgekleidete Mutter über ihre Schulter hinweg der Lady mit den grünen Augen zu. „Geben Sie ja acht, dass der nette junge Mann einen Platz bekommt.“
„Oh. Ja. Natürlich.“
Walt sah sich suchend um, aber im Gang standen nur Soldaten – keine Frauen, keine älteren Herren und niemand höheren Ranges. Zwei Matrosen setzten sich auf den Platz der Rotgekleideten und machten sich für ein Schläfchen bereit. Damit war die Chance, sich in ein Gespräch mit ihnen zu retten, auch verbaut.
Walt hatte keine Wahl. Er musste sich neben sie setzen. „Danke.“ Er schaffte es gerade so, seine Zunge nicht zu verschlucken.
„Gern geschehen. Sie haben schließlich lange genug gestanden.“ Ein leichtes Beben in ihrem Lächeln löste einen Anflug von Mut in ihm aus.
„Ja. Das stimmt.“ Die Lokomotive stieß gewaltige Dampfwolken aus und der Zug rollte aus dem Bahnhof und an einigen Lagerhäusern vorbei. Worüber sollte er reden? „Und, gefällt Ihnen die Reise?“
„Oh, ja. So ein Tapetenwechsel tut doch sehr gut.“
„Wem sagen Sie das. Ich bin schon viel zu lange in der Wüste. Kann es kaum erwarten, Gras zu sehen. Selbst
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