Der Klang des Herzens
Notizen machte.
»Ja, es wäre ratsam, darauf zu verzichten«, sagte er zu Kitty, beinahe erleichtert darüber, dass hier endlich jemand seine Sprache zu sprechen schien.
»Sie wollen sagen, wir werden das Haus verlieren, oder?«
»Wenn ich recht verstehe, hat deine … Mrs Delancey kein … ähm … regelmäßiges Einkommen mehr. Sie würden besser zurechtkommen, wenn Sie aus diesem teuren Haus aus- und in eine preiswertere Gegend umziehen würden.«
»Hier ausziehen?«, fragte Isabel fassungslos. »Aber das ist Laurents Haus! Hier sind unsere Kinder aufgewachsen. Er hat überall seine Handschrift hinterlassen. Wir können doch nicht ausziehen!«
Kitty machte diese energische Miene wie früher als kleines Mädchen, wenn sie sich wehgetan hatte, aber nicht weinen wollte.
»Kitty, Schätzchen, geh nach oben. Mach dir keine Sorgen. Ich kriege das schon hin.«
Kitty zögerte nur kurz und verschwand dann in verdächtig steifer Haltung. Mr Cartwright schaute ihr betreten nach, als wäre es seine Schuld, dass sie jetzt litt.
Isabel wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte. »Es muss doch was geben, das wir tun können«, drängte sie. »Sie kennen sich mit Geld aus. Ich kann doch die Kinder nicht so einfach entwurzeln. Hier, in diesem Haus, ist die Erinnerung an ihren Vater noch lebendig. Sie haben ihn geliebt. Wahrscheinlich
haben sie ihn öfter gesehen als mich; ich habe ja immer so viel gearbeitet. Ich kann ihnen das nicht antun, Mr Cartwright.«
Er war rot angelaufen. Starrte verlegen auf seine Papiere, schob hier einen Stapel zusammen, legte dort etwas zurecht.
»Sind Sie sicher, dass er nicht vielleicht Besitz in Frankreich hatte?«, erkundigte sie sich.
»Nur Schulden, leider. Wie es scheint, hat er schon vor gut einem Jahr die Zahlungen an seine Exfrau eingestellt. Nein, was wir hier haben, ist ein ziemlich akkurates Bild, fürchte ich.«
Ihr fiel ein, wie Laurent sich gelegentlich über diese Zahlungen an seine erste Frau beschwert hatte. Wir hatten keine Kinder, hatte er gebrummt, ich begreife einfach nicht, wieso diese Frau es nicht schafft, für sich selbst zu sorgen.
»Hören Sie, Mrs Delancey, ich sehe keine Möglichkeit, Ihre Schulden irgendwie umzuschichten. Ihnen bleiben immer noch die hohen Hypothekenschulden, selbst wenn Sie die Nanny entlassen und Ihre Kinder aus der Privatschule rausnehmen würden.«
»Dann werde ich eben etwas verkaufen«, verkündete sie. »Vielleicht ein paar Bilder. Oder Bücher. Ich bin sicher, dass hier irgendwo ein paar wertvolle Erstausgaben rumliegen.«
Ihr Blick fiel auf die zerfledderten Taschenbücher, die überall im Wohnzimmer herumlagen. Sie musste sich eingestehen, wie unwahrscheinlich das war. »Das kann ich ihnen nicht antun. Sie haben genug gelitten.«
»Und Sie würden nicht vielleicht in Ihren alten Beruf zurückkehren wollen?«
Du hast ja keine Ahnung, dachte sie. »Im Moment brauchen die Kinder … wenigstens einen Elternteil«, sie räusperte sich, »… der für sie da ist. Und das, was ich beim Orchester verdiene, hat noch nie für unsere laufenden Ausgaben gereicht.«
Mr Cartwright blätterte murmelnd in seinen Papieren. »Nun ja, eine Möglichkeit gäbe es.«
»Ich wusste doch, dass Ihnen was einfallen würde!« Sie beugte sich eifrig vor.
Er fuhr mit dem Finger die Liste entlang. »Es gibt nichts, das sich zu Geld machen ließe. Bis auf eins: Ihre Geige.«
» Was? «
Er hatte bereits seinen Taschenrechner in der Hand und begann, flink Zahlen einzutippen. »Eine Guarneri, richtig? Sie haben sie für eine sechsstellige Summe versichern lassen. Wenn Sie sie für etwa den gleichen Betrag verkaufen könnten, sollte das zwar nicht für die Schulgebühren reichen, aber Sie könnten zumindest das Haus behalten.« Er hielt ihr den Taschenrechner hin. »Ich habe die Courtage bereits mit eingerechnet, aber es sollte dennoch reichen, um die Hypothekenschulden zu begleichen. Und Sie hätten obendrein noch was übrig. Es wäre das Klügste, was Sie in Ihrer Situation tun könnten.«
»Verkaufen? Meine Geige?«
»Es ist eine Menge Geld. Und das zu einem Zeitpunkt, in dem Sie es bitter nötig haben.«
Als er fort war, ging Isabel nach oben und legte sich aufs Bett. Sie starrte zur Decke, musste daran denken, wie oft sie Laurents Gewicht auf sich gespürt hatte, an die gemütlichen Abende, die sie plaudernd oder lesend verbracht hatten. Ohne zu wissen, was für ein Luxus das war. Wie vergänglich so ein häusliches Glück sein konnte. Die
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