Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)
Historische Einführung
Die Firma M. Welte & Söhne , Freiburg im Breisgau, wurde 1832 mit einer Werkstatt für Spieluhren in Vöhrenbach gegründet. 1872 zog die Firma nach Freiburg in das neu erschlossene Gewerbegebiet beim Hauptbahnhof im Stadtteil Stühlinger um. Sie stellte bis 1932 konkurrenzlos hochwertige selbstspielende mechanische Musikinstrumente her.
Maßgeblich für den Erfolg der Welte -Instrumente war die Entwicklung der Steuerung dieser selbstspielenden Instrumente durch Notenrollen – Lochstreifen aus Papier, die die empfindlichen Stiftwalzen ersetzten. 1883 wurde das Verfahren patentiert, und Welte war damit endgültig Marktführer auf diesem Sektor geworden.
Die Instrumente spielten auf Rollschuhbahnen und Eislaufflächen in den USA, in europäischen Königshäusern, auf Luxusdampfschiffen oder im Sultanspalast von Sumatra.
1905 kamen unter dem Namen „Mignon“ (Welte-Mignon-Reproduktionsklavier) Instrumente auf den Markt, die als Tonträger wiederum die sogenannten Noten- oder Klavierrollen benutzten. Diese waren eine Gemeinschaftsentwicklung von Edwin Welte (1876-1958) und dessen Schwager Karl Bokisch (1874-1952), der mit Edwin Weltes Schwester Frieda (1874-1930) verheiratet war. Damit war es möglich, das einmal eingespielte Musikstück eines Pianisten inklusive seiner Anschlagsdynamik originalgetreu wiederzugeben.
Der Erste Weltkrieg und die Einführung neuer Technologien wie Rundfunk, Schallplattenspieler und ähnliches trafen das Werk schwer. Der Schwerpunkt der Arbeit änderte sich zwangsläufig mehrmals.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Arbeit des Werkes blockiert, da Edwin Welte mit der Jüdin Betty Dreyfuß (1873-1955) verheiratet war. (Ihr Bruder Bernhard war unter dem Namen Barney Dreyfuss in den USA ein berühmter Baseballspieler.)
1944 wurde der Firmenkomplex durch Bomben vollständig zerstört.
Der Hintergrund dieses Romans
1911, als bei der Werft Harland & Wolff und bei der Reederei White Star darüber nachgedacht wurde, wie die Titanic noch ein wenig luxuriöser ausgestattet werden konnte, beschloss man, bei der Firma Welte & Söhne eine pneumatische Orgel zu bestellen.
Aufgrund fehlender Aufzeichnungen kann über den geplanten Standort der Orgel nur spekuliert werden. Das kunstvoll gearbeitete Orgelgehäuse hätte zu der Wandvertäfelung des Restaurants der ersten Klasse gepasst, oder aber, wie auf dem Schwesterschiff Britannic geplant, in das Treppenhaus der ersten Klasse. Angeblich haben Überlebende von einer Orgel im Treppenhaus der Titanic berichtet. (Fotos vom Inneren der Titanic existieren kaum. Die meisten Bilder stammen von der fast identischen Schwester Olympic. )
Karl Bokisch begleitete damals die Orgelteile nach England/Irland, um den Aufbau und die Inbetriebnahme an Bord persönlich zu beaufsichtigen. Gerüchten zufolge existiert eine Fotografie von ihm vor der mächtigen Orgel im Treppenhaus des Dampfers, das vermutlich von einem seiner Angestellten an Bord aufgenommen worden war.
Man hatte gerade mit dem Einbau des Orgelwerks begonnen, als eines von Karl Bokischs Kindern lebensgefährlich erkrankte und er sofort nach Deutschland zurückkehrte. Es wird vermutet, dass die Orgelteile daraufhin eingelagert wurden, um sie nach der Jungfernfahrt in die Titanic einzubauen.
Die Orgel für das Schwesterschiff Britannic wurde im Frühjahr 1914 eingebaut, aber schon im Sommer 1914 nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wieder entfernt, da der Luxusliner zu einem Hospitalschiff umfunktioniert wurde. Es sank 1916 vor Griechenland. Die Orgel wurde daraufhin vermutlich zurückgeschickt und weiterverkauft. Vor einiger Zeit wurde sie bei ihrer Restauration im Seewener Musikautomaten-Museum in der Schweiz „wiederentdeckt“: Ein Orgelbauer reinigte einige ansonsten unzugä ngliche Stellen der zwischen 1912 und 1914 erbauten Welte-Philharmonie-Orgel und entdeckte dabei gleich dreimal den eingestanzten Namen Britanik (die falsche Schreibweise kann möglicherweise durch mangelnde Englischkenntnisse der Orgelbauer in der Fa. Welte erklärt werden).
Als ich 2008 diesen Roman über die Titanic zu schreiben begann, der sich in der Hauptsache um die wenig beachteten Hafenarbeiter rund um die Werft Harland & Wolff und die Schiffsmannschaft dreht, aber auch um die Passagiere der zweiten Klasse, stieß ich auf diese Geschichte. So entstand dieser Roman „unter Beteiligung“ der Firma Welte. Allerdings habe ich für den Inhalt des Romans ein paar Details der
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