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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Fotos, die er mir in Bremen gezeigt hat, und da wußte ich auch schon nicht, was das soll, und hier ist das so, daß alle Leute den Kram von Freddie kennen, aber nirgendwo ist was zu sehen, das ist, als ob er überhaupt keine Spuren hinterlassen hat.«
    »Ja und?«
    »Wenn er schon seit Jahren dieses Zeug aus Schrott zusammenschweißt, warum ist dann nirgendwo was davon zu sehen?«
    »Das liegt daran, daß Freddie die Sachen oft nur fotografiert und dann wieder demontiert, wenn er sie nicht loswird. Damit sie ihm nicht im Weg rumstehen, sagt er.«
    »Und was soll das dann?«
    »Das ist eine doofe Frage. Das soll nichts«, sagte Karl. »Wenn es wirklich Kunst ist, dann soll es nichts. Dann soll es einfach nur sein. Oder in Freddies Fall: gewesen sein. Das reicht schon. Wie diese Schiffchen hier.«
    »Also sind diese Schiffchen Kunst?«
    »Nein, das sind nur Papierschiffchen.« Kar! warf ihm noch einige Papierblätter hinüber. »Bis jetzt jedenfalls.«
    »Ja, ja«, sagte Frank. Sie knickten und zerrissen die Blätter und falteten schweigend und in rasender Geschwindigkeit Schiffchen. Irgendwann war der ganze Tisch mit ihnen bedeckt.
    »Starb<, sagte Karl.
    »Ja«, sagte Frank.
    »Sieht irgendwie gut aus.«
    »Ja«, sagte Frank.
    »Gut, daß die alle gleich groß sind!« sagte Karl.
    »Ja«, sagte Frank. »Wieso?«
    »Weil man sie dann stapeln kann«, sagte Karl und begann, die Papierschiffchen ineinanderzustapeln.
    »Warum sollte man sie stapeln?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ich finde sie ungestapelt besser«, sagte Frank.
    »Wieso besser?«
    »Weiß nicht. Was sollen die denn gestapelt, das sind doch keine Kaffeetassen. «
    »Ja, aber Kunst sind sie auch nicht«, kam Karl auf das Thema zurück. »Bis jetzt jedenfalls nicht. Aber wenn ich das nächste Woche in die Ratiborstraße bringe und da hinstelle, dann ist es Kunst. Das ist der Witz dabei.«
    »Okay«, sagte Frank.
    »Ich hab aber schon was für die Ratiborstraße«, sagte Karl.
    »Soso«, sagte Frank.
    »Willst du mal sehen?«
    »Ja«, sagte Frank.
    »Dann komm mal mit.«
    Karl stand auf und ging voran. Frank folgte ihm. Sie gingen zu Karls Zimmer.
    »Du müßtest eigentlich fragen: Was ist denn da in der Ratiborstraße«, sagte Karl auf dem Weg.
    »Okay: Was ist denn da in der Ratiborstraße?« sagte Frank.
    »Da ist nächste Woche eIne Ausstellung, da bin ich dabei.«
    »Was denn für eine Ausstellung?«
    »>Haut der Stadt< heißt die.«
    »Wie heißt die?« sagte Frank.
    »>Haut der Stadt«<, sagte Karl unwillig und blieb vor seiner Zimmertür stehen.
    »Was soll das denn sein?«
    »Keine Ahnung, das sind so Hippies, und ich hab auch gesagt, wenn schon, dann Haut die Stadt, aber ist ja auch scheißegal. «
    »Wieso ist das scheißegal? >Haut der Stadt< - wer denkt sich denn sowas aus?«
    »Das hat mit Denken nichts zu tun«, sagte Karl. »Das versuche ich dir ja gerade zu erklären.«
    »Aber…«
    »Nix, ich zeig dir das mal«, sagte Karl. Er öffnete die Tür zu seinem Zimmer und knipste das Licht an. »Da!« rief er und zeigte auf eine Werkbank, die dort gleich neben seinem Bett stand und links und rechts mit allerhand Kram überhäuft war, mit Werkzeugen, Drahtrollen, Metallkleinteilen jeder Art, mit Arbeitshandschuhen, Dosen, Schachteln, Flaschen und Lumpen. In der Mitte aber war sie freigeräumt, und dort standen drei kubische Holzkisten, etwa fünfzig mal fünfzig mal fünfzig Zentimeter groß. Sie erinnerten Frank ein bißehen an die Teekiste, in der er in Bremen seine Klamotten aufbewahrt hatte, bloß, daß sie kleiner waren. Solche Kisten gab es noch mehr in dem Zimmer, aber die waren offen und standen überall herum, die drei auf der Werkbank aber waren verschlossen, vernagelt oder verleimt oder was auch immer, und auf ihren Vorderseiten waren die Zahlen eins bis drei aufgemalt.
    »Diese Kisten?« sagte Frank.
    »Ja, die drei da stell ich nächste Woche in der Ratibor-straße aus. Aber ich mache insgesamt zehn.«
    »Okay, meinetwegen«, sagte Frank. »Und was soll das?«
    »Iijeder Kiste ist ein Kunstwerk. Eine Metallskulptur. «
    »Von dir?«
    »Ja.«
    »Die sind aber nicht sehr groß dann, die Metallskulpturen.«
    »Nein, die sind auch nur gelötet. Darum: Vorsicht beim Transport!« Karl haute auf eine der Kisten drauf.
    »Und die soll man in den Kisten kaufen?«
    »Das ist der Clou dabei.«
    »Wieso Clou? Das ist doch nichts Besonderes! Für Kinder gibt’s das als Wundertüten. Und Briefmarken kann man auch so kaufen, hab ich mal gemacht, als ich

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