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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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das darauf abgebildete Holstentor, als sähe er es zum ersten Mal. »Ist echt nett von dir. Ich schick dir das dann mit der Post.«
    »Schon klar«, sagte Frank.
    Der Mann vom Tresen stellte das Bier bei ihnen ab. Frank stand auf und drückte noch einmal >Junge, komm bald wieder< von Freddie Quinn.
    »Warum spielst du denn so eine Scheiße?« sagte Wolli.
    »Nur so.«
    »Hör mal«, sagte Wolli und nahm einen großen Schluck Bier, wie um sich Mut zu machen. »Hör mal, wegen gestern …«
    »Schon gut«, sagte Frank.
    »Nein, nein, das ist auch so eine Scheiße, darum habe ich auch keinen Bock mehr, weil das ist ja alles schon wieder genauso wie damals im KJB!«
    Wolli ließ das erstmal so stehen, und so schwiegen sie wieder eine Zeitlang. Freddie Quinn sang derweil sein Lied, und Frank fiel beim Zuhören wieder ein, daß seine Mutter am nächsten Tag noch einmal anrufen wollte und er immer noch nicht wußte, wo Freddie war.
    »Wie im KJB«, wiederholte Wolli schließlich auffordernd.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich weiß noch genau«, sagte Wolli, »ich weiß noch genau, ich hab damals zu Martin Klapp gesagt, das war irgendwie bei so einem Streit, den wir hatten, da war er gerade aus dem KJB wieder ausgetreten und ich war noch drin, jedenfalls hab ich zu ihm gesagt, daß er nach der Revolution garantiert erschossen wird. Naja, was man halt so sagt … - Aber stell dir mal vor, das war doch auch mein Freund, und ich sag ihm ins Gesicht, daß er nach der Revolution erschossen wird!«
    »Ja, schlimm!« sagte Frank.
    »Meine Kumpels hier, die sind genauso drauf. Und das ist irgendwie ansteckend, da muß man auch mal aufpassen! Ich meine, ich war gerade erst mit dir hergefahren, du hast mich in deinem Auto mitgenommen, und davor, in Bremen, hast du mich sogar einfach so bei dir im Zimmer wohnen lassen und überhaupt, und dann frag ich dich noch am gleichen Abend, was du im Honka eigentlich zu suchen hast!«
    »Nicht so schlimm, Wolli, laß gut sein«, wiegelte Frank ab.
    Aber Wolli war nicht aufzuhalten: »Und nur, weil die das von mir wollten, weil meine Kumpels gesagt hatten, ich sollte das fragen, weil du mit dem Typen da warst, dem aus dem Vorderhaus!«
    »Ja, ja, ich weiß, Wolli.«
    »Stell dir das mal vor! Die wollen das von mir und ich geh einfach hin und frag dich, was du da machst, das ist doch widerlich, stell dir das mal vor!«
    »Ich war dabei, Wolli, ich brauch mir das nicht extra vorzustellen. «
    »Überhaupt, da scheißen die jetzt in den Eimer, sowas kann ich schon mal gar nicht, ich meine, die scheißen in . den Eimer!« »Ja, ja, schon gut, Wolli«, sagte Frank. »Ist ja okay!«
    »Ist gar nicht okay«, sagte Wolli. »Ich meine, was ist das denn für ein Häuserkampf, wenn die Hausbesetzer nicht zusammenhalten. Ich meine, wenn sich die Haus-besetzer gegenseitig Schrott vor die Tür und Scheiße in die Häuser kippen, dann freuen sich doch nur die Hausbesitzer.«
    »Das ist in diesem Fall nicht unbedingt gesagt«, sagte Frank. Er stand auf und drückte noch einmal Freddie Quinn.
    »Warum spielst du denn bloß diese Scheiße«, sagte Wolli.
    »Dreimal ist Bremer Recht!« sagte Frank.
    »Auch wieder wahr«, sagte Wolli.
    »Wann willst du denn fahren?« sagte Frank. »Heute noch?«
    »Nee, ich fahr morgen früh, ich steh einfach ganz früh auf und gehe, das merken die gar nicht.«
    »Hm … «
    »Dann komme ich in Bremen an, wenn’s noch hell ist.«
    »Ja, ja«, sagte Frank.
    »Sollen die ihre Scheiße doch alleine verklappen. Ich hab da keine Lust drauf.«
    »Was macht deine Hand?«
    »Geht schon wieder«, sagte Wolli und zeigte Frank seine Hand. Das Blut auf der kleinen Schnittwunde war getrocknet.
    »Gehst du gleich in das Haus zurück?« sagte Frank.
    »Ich dachte, wir sitzen hier noch ein bißchen. Mann, ist das da drin kalt, in der Scheißbude!«
    »Ich muß gleich weiter, ich bin noch verabredet«, sagte Frank.
    »Für dich läuft’s hier aber ganz gut, was?« »Naja, wie man’s nimmt.«
    »Wie geht’s deinem Bruder?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Okay«, sagte Wolli.
    Sie tranken eine Weile schweigend vor sich hin, und eine gewisse Wehmut überkam Frank. Wolli war die letzte Verbindung zu seinem früheren Leben, und jetzt ging er weg. Wahrscheinlich besser so, dachte er, aber irgendwie auch traurig.
    »Ich geh dann mal«, sagte er und stand auf. Man darf sich mit sowas nicht zu lange aufhalten, dachte er. Und Freddie Quinn war auch schon wieder durch mit seinem Lied.
    »Ich bleib noch ein bißchen

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