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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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klein war!«
    »Nein, du verstehst noch nicht ganz, wie das läuft.«
    »Wie denn?«
    »Man darf die Kisten nicht aufmachen. Die sind fest zugeleimt und vernagelt und alles. Wenn du sie aufmachst, gehen sie kaputt.«
    »Na und?«
    »Die Kisten sind auch Teil des Kunstwerks. Wenn du sie aufmachst, ist das Kunstwerk beschädigt. Aber durch die Kisten kannst du die Skulpruren, die eigentlichen Kunstwerke, nicht sehen.«
    »Das ist unlogisch, jetzt von eigentlichen Kunstwerken zu reden. Wenn die Kisten auch Teil des Kunstwerks sind, dann sind die Skulpturen nicht die eigentlichen Kunstwerke.«
    »Hm, auch wieder wahr«, sagte Karl und kratzte sich nachdenklich am Hintern. »Der Begriff >eigentlich< ist
    dann falsch. Na jedenfalls ist da was drin und man kann’s nicht sehen, ohne die Kisten kaputtzumachen, und wenn man die Kisten kapurrmacht, ist alles kaputt, dann ist das alles entwertet.«
    »Schön«, sagte Frank.
    »Schön«, äffte Kar! ihn nach. »Von schön ist hier nicht die Rede, das Entscheidende ist doch, daß die Leute nur mein Wort haben, daß da eine Metallskulptur drin ist.«
    »Wird schon stimmen. Wenn du das sagst…«
    »Ja, aber niemand kann sie sehen. Die Leute haben nur mein Wort, daß da was drin ist. Und wenn du die Kiste öffnest, um nachzugucken, dann hast du das Kunstwerk schon zerstört, verstehst du?«
    »Ja, ich bin ja nicht blöd. Du kaufst die Katze im Sack, aber du darfst den Sack nicht aufmachen, also weißt du noch nicht mal, ob überhaupt eine Katze drin ist, naja, wobei man das bei einem Sack merken würde, weil die Katze ja normalerweise wohl zappelt oder miaut oder so, da wäre dann jedenfalls was drin, das ist ein schiefes Bild mit der Katze, jedenfalls kaufst du eine Wundertüte und darfst sie nicht aufmachen … «
    »Genau.«
    »…und deshalb weißt du noch nicht mal, ob es überhaupt eine Wundertüte ist.«
    »Ja, aber…«
    »Moment«, ließ Frank sich nicht stoppen, »was aber völlig scheißegal ist, weil du sie sowieso nicht aufmachen darfst, wodurch auf diese Weise du bereit sein mußt, eine Wundertüte zu kaufen, ohne das Wunder kriegen zu können, ganz schön bescheuert.«
    »Hm …«, sagte Kar! und schaure ihn verwirrt an. »Ich glaube, das war jetzt nicht ganz der Punkt, aber egal, je-denfalls wolltest du doch wissen, ab wann sowas wie die Papierschiffchen Kunst wird, ja?«
    »Naja, geht so… «
    »Ja, deshalb wollte ich dir das hier zeigen, weil du daran sehen kannst, daß es nur darauf ankommt, wer wann wo sagt, daß etwas Kunst ist, daran kannst du sehen, welche Macht man als Künstler hat, man kann den Leuten diese Kisten geben und ihnen sagen…« Karl brach ab. »Naja, den Rest kannst du dir ja denken.«
    »Ja, aber wozu?«
    »Wozu? Wozu?« Karl kratzte sich am Kopf. »Das ist eine spießige und doofe Frage.«
    »Ja, stimmt«, sagte Frank. »Aber ich glaube, du hast mir das hier nicht gezeigt, weil du mir die Sache mit der Kunst erklären wolltest.«
    »Warum denn sonst?«
    »Du hast mir das gezeigt, weil du wissen wolltest, wie ich das finde.«
    »Hm, meinst du?«
    »Ja. Du hast das fertig gemacht und wolltest wissen, wie ich das finde.«
    »Glaubst du echt, daß mir das wichtig ist?«
    »Ja, aber nicht, weil ich es bin.«
    »Warum denn sonst?«
    »Weil du gesagt hast, daß etwas Kunst ist, wenn du es dazu erklärst, und wenn es mindestens einen gibt, der dir das glaubt.«
    Karllachte. Er beugte sich über eine der offenen Kisten und zog zwei Flaschen Bier heraus. Er öffnete sie mit einem Plastikfeuerzeug und reichte Frank eine. Dann nahm er seine eigene Flasche und schlug damit gegen Franks. »Prost!« sagte er.
    »Prost«, sagte Frank. »Keine Bange. Ich glaub dir das. Ist Kunst!«
    Karl haute ihm fröhlich auf die Schulter. »Schön«, sagte er, »sehr schön. Na vielen Dank auch. Aber das nützt mir nichts!«
    »Warum nicht?«
    »Weil du zwar Freddies Bruder bist, aber überhaupt keinen Sinn für die Sache hast. Überhaupt keinen. Nix. Null.«
    »Sag ich doch!«, sagte Frank. »Das ist ja das Problem. Deshalb komme ich mit der Suche nach Freddie auch nicht weiter. Ich kapier nicht, wie das bei ihm läuft, das sagt mir alles nichts, was die Leute erzählen. Dabei ist das mein Bruder!«
    »Wieso überhaupt nach ihm suchen? Er ist doch über achtzehn! Steht irgendwo, daß du ihn suchen sollst?«
    »Nein, aber irgendwas ist hier nicht normal!«
    »Na und?« sagte Karl und hob seine Flasche. »Was ist schon normal?«
    »Gute Frage«, sagte Frank. »Aber wieso

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