Der kleine Dämonenberater
ein Taucher, der in einer Unterwasserhöhle nach einer Muräne tastet, faßte Robert in eine Lücke und suchte nach dem Wasserhahn. Diverse Teller rutschten vom Stapel und zersprangen auf dem Fußboden. Robert schaute auf die Scherben, die um seine Knie herum verstreut lagen, und registrierte schemenhaft das Coors Partyfäßchen. Er ließ sich auf die Fata Morgana zu fallen und streifte mit der Hand den Zapfhahn. Er war echt. Seine Rettung: Löschmaterial für den Nachdurst in Form einer praktischen Fünfliter-Einwegdose.
Er hielt den Mund an den Zapfhahn und drehte auf, mit dem Resultat, daß ihm einen Augenblick später Schaum aus dem Mund, der Kehle und der Nase nebst den dazugehörigen Nebenhöhlen und Gehörgängen quoll und er sich darüber hinaus auch noch die Brustbehaarung einsabberte.
»Nimm dir ein Glas«, würde Jenny sagen. »Bist du ein Tier, oder was?« Er mußte Jenny unbedingt anrufen, sobald er seinen Durst gelöscht hatte.
Aber zuerst ein Glas. Dreckige Teller waren über alle horizontalen Abstellmöglichkeiten verstreut – Arbeitsplatte, Herd, Tisch, Frühstückstresen und Kühlschrank. Selbst der Backofen quoll über von dreckigen Tellern.
So kann doch kein Mensch leben. Er erspähte ein Glas inmitten des Chaos, das ihn umgab. Der Heilige Gral. Er packte es und füllte es mit Bier. Auf der Schaumkrone trieb eine Schimmeldecke. Er warf das Glas in den Backofen und knallte die Tür zu, bevor die Lawine losbrechen konnte.
Ein sauberes Glas wäre nicht schlecht. Er durchstöberte die Schränke, in denen irgendwann einmal die Teller gestanden hatten. Leer bis auf eine einzige Cornflakesschale, von deren Boden Fred Feuerstein ihn anlächelte und ihm gratulierte: »Braves Kind! Alles verputzt!« Robert füllte die Schale mit Bier, ließ sich im Schneidersitz inmitten der zerbrochenen Teller nieder und trank.
Bevor sein Durst halbwegs vergangen war, hatte Fred Feuerstein ihm dreimal gratuliert. Der gute alte Fred. Ein wahrer Heiliger, dieser Mann. Der heilige Fred von Bedrock.
»Fred, wie kann sie mir so was antun? So kann doch kein Mensch leben.«
»Braves Kind! Alles verputzt!« sagte Fred.
»Jenny anrufen«, sagte Robert, damit er es nicht vergaß. Er erhob sich und wankte durch den Trümmerhaufen zum Telefon. Plötzlich wurde er von einer Welle der Übelkeit erfaßt, und er hastete den engen Flur des Trailers entlang zum Bad, wo er sich über die Kloschüssel hängte und kotzte, bis er ohnmächtig wurde. The Breeze nannte das »sich das große weiße Telefon schnappen und Ralf anrufen«. In Roberts Fall handelte es sich um ein längeres Gespräch.
Fünf Minuten später kam er wieder zu sich und fand endlich das echte Telefon. Es war fast eine übermächtige Anstrengung, die richtigen Tasten zu treffen. Warum konnten die Dinger einfach nicht stillhalten? Schließlich hatte er es geschafft, und am anderen Ende hob jemand ab, nachdem es nur einmal geklingelt hatte. »Jenny, Spatzi, es tut mir leid. Kann ich –«
»Danke für Ihren Anruf bei Pizza auf Rädern. Wir öffnen um elf Uhr und liefern ab sechzehn Uhr. Warum selbst kochen, wenn –«
Robert legte auf. Er hatte die Nummer gewählt, die auf dem Telefon unter den Notrufnummern aufgelistet war. Mit zittrigen Fingern versuchte er es erneut. Im Adlersuchsystem tippte er die Zahlen eine nach der anderen ein.
»Hallo.« Jenny hörte sich verschlafen an.
»Schatzi, es tut mir leid. Ich tu's nie wieder. Kann ich heimkommen?«
»Robert? Wie spät ist es?«
Er dachte einen Augenblick nach und riet dann einfach. »Mittag?«
»Es ist fünf Uhr nachts, Robert. Ich hab gerade mal eine Stunde geschlafen, Robert. Die ganze Nacht haben die Hunde in der Nachbarschaft gebellt wie verrückt. Ich kann jetzt einfach nicht. Mach's gut, Robert.«
»Aber Jenny! Wie kannst du mir das antun? Ich kann die Wüste nicht ausstehen. Und du weißt, daß ich Salzcracker hasse.«
»Robert, du bist besoffen.«
»Wer ist dieser Kerl? Was hat er, das ich nicht habe?«
»Es gibt keinen anderen Kerl, das habe ich dir gestern schon gesagt. Ich kann einfach nicht mehr mit dir zusammenleben. Ich glaube, ich liebe dich nicht mehr.«
»Wen liebst du denn? Wer ist es?«
»Mich, Robert. Ich mache es für mich. Und jetzt lege ich auf, um mir was Gutes zu tun. Sag Tschüs, damit ich nicht einfach so auflegen muß.«
»Aber Jenny –«
»Es ist vorbei. Sieh zu, daß du dein Leben in den Griff bekommst, Robert. Ich lege jetzt jedenfalls auf. Tschüs.«
»Aber –« Sie
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