Der Kleine Mann und die Kleine Miss
und
ihr könnt mit mir zufrieden sein. Und somit: Gute Nacht allerseits.«
»Wo
steckst du denn?«, fragte der Jokus.
Da
sagte eine fremde Stimme: »Hier spricht der Bordfunker der Jacht ›Sleepwell‹.
Mister Drinkwater schläft bereits wieder. Wir liegen im Hafen von Alexandria
vor Anker. Es war eine unvergessliche halbe Stunde. Grüßen Sie, bitte, den
kleinen Mann. Ende der Durchsage.«
Der
letzte Anruf an diesem denkwürdigen Tage kam aus dem Winterquartier des Zirkus
Stilke. Direktor Brausewetter war, schien es, völlig aus dem Häuschen. »Dass
ich euch drei jetzt nicht an meine gerührte Brust drücken kann, ist das
Einzige, was mir zu meinem Glücke fehlt. Ihr wart göttlich. Ihr wart umwerfend.
Ihr wart…«
Mäxchen
rollte von der Hör- zur Sprechmuschel. »Direktor Brausepulver, was für
Handschuhe haben Sie an?«
»Goldene«,
rief der Direktor zurück. »Goldene Handschuhe, du Goldjunge! Meine Gattin legte
mir ein Paar unter den Christbaum. Sie hat ein prophetisches Gemüt.«
Und
wer rief am Morgen des zweiten Feiertags noch einmal und schon wieder an?
Direktor Brausewetter. »Professor, sind Sie allein? Oder ist Mäxchen in der
Nähe?«
»Nein,
er badet zur Zeit in seinem Eigenheim. Wo brennt’s denn?«
»Ich
habe vorhin ein Telegramm aus Alaska erhalten, das höchst merkwürdig klingt.«
»Aus
Alaska? Liegt das nicht beim Nordpol gleich um die Ecke?«, fragte der Jokus.
»Das
ist leicht möglich. Der Text des Telegramms lautet jedenfalls: ›Übermittelt
Professor Jokus dringende Bitte, Fairbanks 3712 anzurufen, weil lebenswichtig.
Danke schön. Jane Simpson, geborene Hannchen Pichelsteiner.‹ Haben Sie die
Nummer notiert?«
»Fairbanks
3712. Jane Simpson.«
»Geborene
Pichelsteiner! Hannchen, auch das noch! Mitten in Alaska! Wo es dort angeblich
nur Goldsucher, Eskimos und Hundeschlitten gibt. Meine Frau meint…«
»Vielleicht
hat Ihre Frau Recht«, sagte der Jokus, legte rasch den Hörer auf, hob ihn
sofort wieder ab und meldete beim Fernamt Lugano ›Fairbanks 3712‹ an.
»Fairbanks
3712«, wiederholte das Fräulein vom Amt, »sehr gern. Aber dort ist jetzt,
glaube ich, Mitternacht oder gestern.«
»Ich
bitte um ein Blitzgespräch.«
»Sehr
gern, Herr Professor. Und herzlichen Dank für die schöne Fernsehsendung. Es war
einmalig.«
Nach
dem Essen klagte der Jokus über Kopfschmerzen, legte sich aufs Sofa, sagte,
dass er Ruhe brauche, und bat die beiden, eine Spazierfahrt zu machen. Sie
hatten nichts dagegen einzuwenden.
Doch
zuvor zwang ihn Rosa, zwei Kopfschmerztabletten zu schlucken. Das war ihm gar
nicht recht, weil er ja gar keine Kopfschmerzen hatte.
Als
die zwei aus dem Hause waren, setzte er sich ans Telefon und wartete. Warum er
ihnen von Fairbanks 3712 kein Wort erzählt hatte, wusste er selbst nicht genau.
Inzwischen
kutschierten Rosa und Mäxchen nach Carona hinüber, wo sie den alten und den
kleinen Esel sowie den meckernden Ziegenbock bewunderten, die dort seit Jahren
über eine bröcklige Mauer auf die Straße schauen und sich fotografieren lassen.
Dann rollten sie nach Morcote hinunter und, am See entlang, nach Melide.
Hier
bestaunten sie ›La Suisse miniature‹, eine im Freien für Kinder erbaute
›Schweiz im Kleinen‹: mit Bergen und Burgen, Seen und Städten, fahrenden
Dampfern, Eisenbahnen und Omnibussen. Man konnte zu Fuß in einer Viertelstunde
bequem durch die gesamte Schweiz spazieren. Mäxchen hockte in Rosas
Manteltasche und sagte, als sie wieder ins Auto stiegen: »Das wäre ein Ländchen
für mich! Genau meine Kragenweite!«
In
Lugano kehrten sie im ›Kursaal‹ ein, wo ihnen ein reizender Oberkellner heiße
Schokolade und frische Ananastörtchen servierte. Als er Mäxchen sah, strahlte
er. »So ein Zufall! An demselben Tisch hat seinerzeit Dottore Kästner jeden
Nachmittag gesessen und an dem Buch ›Der kleine Mann‹ geschrieben.«
»Auf
welchem Stuhl?«, fragte Mäxchen.
»Auf
dem Stuhl, auf dem jetzt Fräulein Marzipan sitzt.«
»Woher
wissen Sie denn, wie ich heiße?«, fragte Rosa.
Mäxchen
blinzelte dem Oberkellner zu. Dieser blinzelte zurück, verbeugte sich und
begrüßte neue Gäste.
»Was
gibt es denn da zu blinzeln?«, fragte Rosa spitz. »Woher weiß er es denn
wirklich?«
»Aus
dem Buch ›Der kleine Mann‹. Woher denn sonst?«
Rosa
lachte, dass sich die Leute umdrehten. »Natürlich!«, rief sie. »Aber nun rasch
in den Spielsaal! Dumme Menschen haben Glück beim Roulette.« Und tatsächlich,
sie gewann in
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