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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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zehn Minuten dreißig Franken.
    Als
sie in die Villa heimkamen, wollte Rosa dem Professor noch zwei Tabletten
geben. Er aber wollte nicht, sondern sagte: »Ich hatte gar keine Kopfschmerzen.
Ich wollte euch nur für einige Zeit los sein.«
    »Da
habe ich mir ja einen feinen Mann als Bräutigam eingehandelt«, sagte Rosa
Marzipan zu Mäxchen.
    »Einen
notariellen Lügner«, sagte Mäxchen zu Rosa.
    »Einen
›notorischen‹ Lügner«, verbesserte sie.
    Der
Jokus drohte ihnen. »Wenn ihr euch nicht sofort auf eure vier Buchstaben setzt…«
    »Wir
sind zwei Personen«, meinte Mäxchen.
    »…dann
meinetwegen auf eure acht Buchstaben…«
    »Wir
sitzen schon, o Herr«, flötete Rosa. »Nicht nur auf vier oder acht Buchstaben,
sondern auf dem ganzen Alphabet. Mäxchen auf dem kleinen, und ich…«
    »Ruhe!«,
befahl der Professor. »Ich habe vorhin mit Alaska telefoniert. Mit einer Mrs.
Jane Simpson. Es sei lebenswichtig, hatte in ihrem Telegramm an Brausewetter
gestanden, der mich heute früh anrief. Lebenswichtig, was konnte das bedeuten?
Ihr Mädchenname sei Hannchen Pichelsteiner. Ich meldete sofort ein Gespräch an,
schützte Kopfschmerzen vor, schluckte zwei scheußliche Tabletten und bat euch
spazieren zu fahren.«
    Rosa
saß auf dem Sofa. Mäxchen saß auf der Sofalehne. Und sie schwiegen um die
Wette.
    »Vor
etwa einer Stunde kam die Verbindung zustande. Ich habe mich mit Mrs. Simpson
lange unterhalten, und sie versprach mir, sofort die Koffer zu packen. Morgen
überweise ich ihr telegrafisch das Reisegeld, und wenn alles gut geht, werden
wir mit den beiden Silvester feiern.«
    »Mit
den beiden?«, fragte Rosa. »Wieso mit den beiden?«
    »Mrs.
Simpson hat eine Tochter. Miss Emily Simpson ist neun Jahre alt, und wir
könnten sie, wenn sie damit einverstanden ist, Emilie nennen. Oder Miss Emil.
Uns wird schon etwas Unpassendes einfallen.«
    Mäxchen
saß wie versteinert.
    »Sie
haben uns auf dem Bildschirm gesehen und den ganzen Abend geweint«, erzählte
der Professor. »Mrs. Simpson scheint eine kleine unglückliche Frau zu sein.«
    »Wie
klein?«, flüsterte Mäxchen.
    »Fünfzig
Zentimeter groß.«
    »Und
wie unglücklich?«, fragte Rosa.
    »Ihr
gefiel es nicht in Pichelstein. Damit fing es an, und deshalb lief sie vor zehn
Jahren bei Nacht und Nebel davon. Sie wollte keinen Pichelsteiner, sondern
einen richtigen großen Mann haben. Und große Kinder. Dreimal so groß, wie sie
selber war.
    ›Guten
Tag‹, sollten die Leute zu ihren Kindern sagen, ›wer ist denn die kleine Frau,
die ihr an der Hand haltet?‹ ›Ach, das ist doch unsere Mutti‹, sollten die
Kinder vergnügt antworten. Das war damals Hannchen Pichelsteiners sehnlichster
Wunsch. Sie fuhr als blinder Passagier auf einem Transportdampfer bis nach
Kanada. Der Matrose, der sie versteckt hatte, wurde vom Kapitän erwischt und
gefeuert. Und weil der Matrose, der Simpson hieß, ein richtiger großer Mann
war, heirateten sie. Er fand Arbeit als Packer in einer Konservenfabrik. Dann
ließ er sich von einem Agenten für eine Pelztierfarm in Alaska anwerben. Dort
bekam Mrs. Simpson eine Tochter. Und am nächsten Tag verschwand Mister Simpson.
Er ist nie wieder aufgetaucht.«
    »Das
verstehe ich nicht«, meinte Rosa. »War er denn so sehr enttäuscht, dass es kein
Junge war? Mädchen können doch auch ganz nett sein. Ich zum Beispiel…«
    Doch
sie brachte ihren Satz nicht zu Ende. Denn Mäxchen riss sich an den Haaren und
rief: »Lieber, lieber Jokus, nun erzähle mir endlich, wie groß die Tochter ist!
Ich halte es nicht länger aus!«
    »Du
hast es ja schon erraten«, sagte der Jokus und lächelte.
    »Ist
sie wirklich …?«
    »Sie
ist wirklich ganz genauso klein wie du.«
     
    Von
diesem denkwürdigen Abend ließe sich noch allerlei berichten. Doch ich tue es
nicht. Es gibt, finde ich, Augenblicke, in denen der Erzähler auf Zehenspitzen
aus dem Zimmer gehen und seine Romanfiguren allein lassen sollte. Er schließt
hinter sich die Tür, lauscht noch eine Weile und spaziert dann, an der
schimmernden ›Villa Glühwürmchen‹ vorbei, bis zur Terrasse und blickt auf
Lugano hinunter. Welch ein Glanz und Geglitzer!
    ›Miss
Emily heißt das daumenlange Mädchen‹, denkt er, während er hinunterblickt. ›Ob
sie so hübsch und gescheit wie Mäxchen ist?‹, fragt er sich bekümmert. ›Aber
Emily oder Emilie, nein, das passt nicht. Mäxchen und Emily? Nein. Mäxchen und
Emilie? Nein. Mäxchen und …‹ Plötzlich ruft er: »Ich hab’s!
    Mäxchen
und

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