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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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vom Keller bis zum Boden, und immer wieder einmal
riss er ein Fenster auf und rief: »Hier steht ja das Hochreck aus Pichelstein!«
und: »Auch meine Bibliothek ist da!« und: »Ist das ein richtiges Telefon?«
    »Natürlich,
mein Kleiner. Und wenn du die Nummer 01 wählst, meldet sich eine uns nicht ganz
unbekannte Dame.«
    Mäxchen
hockte sich in den Lehnstuhl und wählte die Nummer 01. (So einen kleinen
Apparat habt ihr noch nie gesehen.)
    »Wer
spricht?«, fragte er. »Mademoiselle Rosa? Sind Sie es höchstpersönlich? Mein
Name ist Hausbesitzer Max Pichelsteiner.
    Ich
begrüße Sie auf das Herzlichste... Was tut Not?...
    Eile?...
Wieso? Warum sollen wir denn schon jetzt zum Essen kommen?... Waaas?« Der
kleine Mann starrte zum Professor hinaus und legte auf. »Weißt du, was sie
gefragt hat?«; rief er.
    »Nein,
mein Kleiner.«
    »Ob
wir zwei Spielmätze verschwitzt hätten, dass 15 Uhr 15
    eine
interessante Fernsehsendung gezeigt wird.«
    Der
Jokus blickte auf die Uhr und sprang hoch. »Wie die Zeit vergeht, wenn man
nichts zu tun hat! Komm, mach die Fenster zu und schließ die Tür ab!«

    Als
sie dann schließlich durch die Wiese zurückmarschierten, hatte es Mäxchen
wieder einmal mit dem Dichten. Er sang:
     
    »Wohlauf
zu frischen Taten!
    Es
riecht nach Gänsebraten.
    Das
merkt sogar ein Kind.
    Als
Nachtisch gibt es Fernsehn.
    Da
werden wir zwei Herrn sehn,
    die
werden wir sehr gern sehn,
    weil
wir es selber sind!«
     
    An
diesem Nachmittag saßen viele Millionen Kinder mit ihren Eltern vorm
Fernsehschirm und hatten eine halbe Stunde lang rote Ohren. Sie sahen
Pichelstein und den Zirkus, den Zauberprofessor mit dem weißen Kaninchen und
den beiden Tauben, die drei Schwestern Marzipan als Luftspringerinnen, und sie
sahen, das war die Hauptsache, mit eignen Augen den fünf Zentimeter großen
Jungen, der in einer Streichholzschachtel schlief. Sie sahen und hörten, wie er
beim Jokus Lesen und Schreiben lernte. Sie erlebten, wie die beiden in einem
Herrengeschäft die Schaufensterpuppe kauften und wie dann Mäxchen, im
Hotelzimmer, auf dem Schönen Waldemar die Kunst des Kletterns übte. Die Sendung
endete mit dem Lied vom ›Leutnant Unsichtbar‹, und die Ansagerin wies auf die
Fortsetzung am Sonntag in vierzehn Tagen hin.
     
    Die
Kinder waren allesamt begeistert und schwärmten bis zum Schlafengehen vom
kleinen Mann. Auch die Erwachsenen sprachen noch stundenlang darüber und
meinten, wenn sie das Kerlchen nicht selbst gesehen hätten, könnten sie kaum
glauben, dass es so etwas überhaupt gäbe.
     
    Inzwischen
saßen die Hauptdarsteller im Wohnzimmer ihrer stillen Villa und blickten
nachdenklich vor sich hin. »Ich finde, wir waren ziemlich gut«, sagte der
Jokus, »aber ganz genau weiß ich’s nicht.«
    »Mein
Absprung zum doppelten Salto war miserabel«, erklärte Rosa Marzipan
zerknirscht. »Ich sah aus wie ein lahmer Schimmel.« Dann klingelte das Telefon
und der erste Gratulant meldete sich. Es war der Schüler Jakob Hurtig aus
Berlin, und er schwor bei seinem Schulranzen, dass er, seine Eltern, die
Verwandten, die Nachbarn und die gesamte Kickelhahnstraße so etwas Fabelhaftes
noch nie vorher gesehen hätten. »Sie sind ganz weg«, rief er aus der Ferne,
»und ich bin auch gleich weg, sonst wird das Gespräch zu teuer.« Weg war er.
    »Schade«,
sagte Mäxchen. »Ich wollte ihm gerade von meinem kleinen Haus erzählen. Wisst
ihr schon, wie ich es nennen werde?
    ›Villa
Glühwürmchen‹! Gefällt euch das?«
    Während
es ihnen noch gefiel, klingelte das Telefon von neuem. Diesmal meldete sich der
Bürgermeister aus dem völlig verschneiten Dorf Pichelstein. Sie seien hell
begeistert und fühlten sich kolossal geehrt, weil ihr Dorf ja nun weltberühmt
geworden sei, was sich auch auf den Fremdenverkehr vorteilhaft auswirken werde.
    Das
nächste Ferngespräch kam aus Breganzona. König Bileam gratulierte im Namen
sämtlicher Schlossbewohner. Es sei großartig gewesen, und er gäbe den Apparat
an die Kinder weiter. Nun fand Mäxchen endlich Gelegenheit, die ›Villa
Glühwürmchen‹ zu beschreiben. Judith und Osram eigneten sich als Zuhörer wie
niemand sonst. Denn das jetzige erste Stockwerk, die Zweizimmerwohnung mit
Küche und Bad, hatten sie ihm ja seinerzeit geschenkt.
    Die
Anrufe rissen nicht ab. Der nächste Gratulant war Mister Drinkwater, und der
Jokus rief: »Hallo, Hänschenklein. Ich denke, du schläfst?«
    »Nein.
Ich habe mich wecken lassen. Die Sendung war sehr gut. Ich kann mit euch

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