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Der kleine Mann

Der kleine Mann

Titel: Der kleine Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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kannte. „Man lernt nicht aus“, sagte er und wedelte sich mit der Serviette kühle Luft in den aufgesperrten Mund.
    Der Jokus verzehrte nicht vier Schnitzel, sondern nur zwei. Und auch das brauchte seine Zeit. Denn es gab mancherlei zu bereden. Mit Direktor Brausewetter wegen der Zirkusvorstellung am Freitag. Zwischendurch mit den Reportern draußen vorm Salon und am Telefon. Und nicht zuletzt mit Kommissar Steinbeiß, der, wenn auch spät, aus dem Polizeipräsidium herüberkam.
    Die anderen saßen schon beim Nachtisch. „Oh, Ananastorte!“ rief er begeistert. „Mein Leibgericht!“ Und dann verputzte er drei immens große Stücke.
    Mäxchen und Jakob fanden das sehr komisch. Doch sie wurden bald wieder ernst. Denn der Jokus fragte den Kommissar beim zweiten Stück Ananastorte: „Wer erhält nun eigentlich die von mir ausgesetzte Belohnung?“
    „Der Jakob!“ meinte Mäxchen. „Das ist doch klar wie dicke Tinte!“
    „Ich? Wieso ich? Das wäre ja noch schöner“, widersprach Jakob. „Wenn mich Mäxchen nicht so gemein beschimpft hätte, säße ich nach wie vor am Fenster und wüßte von nichts. Genausogut könnten Sie Ihr Geld dem kahlen Otto ins Gefängnis schicken. Denn schließlich war’s ja er, der Mäxchen befreit hat!“
    „Aber doch, ohne daß er’s wußte“, stellte Direktor Brausewetter fest. „Er wollte Baldriantropfen holen, weiter nichts.“
    „Und was wollte ich?“ fragte Jakob Hurtig. „Ich wollte weiter nichts als einen Schreihals verhauen.“
    „Zwischen deinen Handflächen zerreiben!“ rief Mäxchen vergnügt. Er saß auf dem Tisch und ließ sich von Rosa mit Ananastorte füttern.
    „Noch ein Häppchen?“ fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. „Danke nein. Jetzt nur noch etwas Marzipan mit Gänsehaut!“
    Sie drohte ihm mit der Kuchengabel. „Das ist nichts für kleine Jungen.“
    „Ich weiß schon“, stichelte er. „Du hast die ganze Riesenportion für den Jokus reserviert.“
    Da wurde Rosa rot. Aber außer Mäxchen sah es niemand.
    Denn der Kommissar schob gerade den Teller zurück und erklärte energisch: „Daß der Kleine Mann nicht verschleppt werden konnte, verdankt er sich selber. Er war der Gesuchte und der Finder in ein und derselben Person. Wenn mir jemand das Gegenteil beweist, werde ich noch heute Schornsteinfeger.“
    Na, an einem so einschneidenden Berufswechsel wollten die anderen natürlich nicht schuld sein. Schon deshalb widersprach keiner, und es wurde noch ziemlich fidel. Mäxchen schoß den Vogel ab. Er imitierte den kahlen Otto, schwankte auf dem Tisch zwischen den Tellern und Tassen hin und her und gab dabei all das zum besten, was der alte Trunkenbold Otto über den Señor Lopez, die Burg in Südamerika, die unterirdische Gemäldegalerie, die Zigeunerin, die Leibgarde und die niedlichen Ballettratten ausgepackt hatte.
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    Der einzige, der über Mäxchens Meisterleistung nicht in einem fort lachte, sondern nur gelegentlich schmunzelte, war der Kriminalkommissar Steinbeiß. Er stenografierte alles mit, was der Kleine Mann vortrug. Dann klappte er hörbar sein Notizbuch zu und verabschiedete sich rasch. „Ich muß die beiden Strolche noch ein paar Stunden ins Gebet nehmen“, sagte er.
    „Bei Lopez ist sogar die Interpol machtlos“, rief ihm Mäxchen nach. „Der Mann ist viel zu reich!“
    Der Kommissar, der schon in der Tür stand, stutzte und drehte sich noch einmal um. „Klein, aber oho!“ meinte er anerkennend. „Wie wär’s? Willst du mein Assistent werden?“
    Mäxchen machte eine elegante Verbeugung. „Nein, Herr Kommissar, ich bin und bleibe Artist.“

    Als Jakob Hurtig hurtig ins Bett gehen wollte und seine Jacke über den Stuhl hängte, hörte er, wie in deren Innentasche Papier knisterte. Er entdeckte einen auf seinen Namen ausgestellten Verrechnungsscheck, las die Summe, flüsterte „Mensch, Meier!“ und setzte sich auf die Bettkante.
    Auch ein Zettel war dabei. Darauf stand: ,Lieber Jakob, herzlichen Dank für Deine Hilfe. Deine neuen Freunde Mäxchen und Jokus/ Die Zahl bestand aus fünf Ziffern. Und wenn es sich auch nur um die kleinste fünfstellige Zahl handelte, die es gibt, so war es ja doch eine Menge Geld für einen Jungen, dessen Vater Bezirksvertreter für Anbaumöbel ist.
    (Nur so ganz nebenbei: Wie heißt die kleinste fünfstellige Zahl, die es gibt?)

    Als der Jokus mit Mäxchen ins Hotelzimmer kam, lag die alte, gute Streichholzschachtel mitten auf dem Nachttisch. Und unter der Schachtel lag ein Zettel.

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