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Der kleine Mann

Der kleine Mann

Titel: Der kleine Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Polizeipräsidium abgegeben hatten, sollte Mäxchen ins Hotel gefahren werden. Jakob Hurtig blieb am Wagen stehen und behauptete: „Ich möchte nicht länger stören.“
    „Du kommst mit!“ sagte Mäxchen. „Wegen des Ananastörtchens und überhaupt.“
    „Natürlich kommst du mit!“ sagte der Kommissar. „Ich muß mir doch deine Personalien aufschreiben und überhaupt.“
    „Geht in Ordnung“, sagte Jakob. „Meine Eltern sind ja sowieso noch bei Tante Anna und dem Storch und überhaupt!“
    Da lachten sie zu dritt und fuhren rasch ins Hotel.
    Dort war, weil Inspektor Müller Zwo telefonisch Bescheid gegeben hatte, das gesamte Personal, vom Hoteldirektor bis zu den Pikkolos und Liftboys, bereits in der Halle angetreten und rief: „Hoch soll er leben! Hoch soll er leben! Dreimal hoch!“ Die Telefonfräuleins stemmten große Blumensträuße in die Luft. Und der Chefkonditor streckte Mäxchen eine Ananastorte entgegen. Sie war so groß wie ein Ersatzreifen für ein Lastauto.
    „Na, was hab ich dir gesagt?“ meinte der Kleine Mann zu Jakob. „Ananastorte!“
    Jakob verzog das Gesicht. „Gibt’s denn hier nichts andres? Ist das etwa ein Ananashotel? Ein Kalbshaxen-hotel wäre mir entschieden lieber.“
    Mäxchen winkte dem Hoteldirektor. „Gibt es heute Kalbshaxen?“
    „Mindestens drei Dutzend“, meinte der Direktor. „Zart wie Butter.“
    „Wieviele willst du essen?“ fragte Mäxchen.
    „Eine genügt“, erklärte Jakob. „Wenn’s geht, mit Kartoffelsalat.“
    „Sehr wohl. Eine Kalbshaxe mit Kartoffelsalat für den jungen Herrn“, wiederholte der Hoteldirektor.
    „Nicht doch“, sagte Jakob. „Für mich!“
    Rosa Marzipan fuhr mit Mäxchen im Lift hoch. Sie hielt den Kleinen Mann mit beiden Händen fest und legte sein Gesicht zärtlich an ihre Marzipanwange.
    „Weiß er’s schon?“ fragte Mäxchen.
    Sie nickte „Seit fünf Minuten. Er wollte aber nicht in die Halle kommen.“
    Der Lift bremste. Rosa ging den Korridor entlang und klopfte. „Wir sind’s!“
    Die Tür öffnete sich. Der Professor breitete beide Arme aus und sagte: „Herein mit euch!“ Seine Stimme klang, als sei er erkältet.
    Rosa schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich kann Männer nicht weinen sehen. In einer Stunde hole ich euch wieder ab.“ Dann drückte sie dem Jokus den Kleinen Mann in die Hand, machte einen tiefen Knicks und lief zum Lift zurück. Fort war sie.

    Als sie, eine Stunde später, ihr Ohr an die Tür legte, staunte das Ohr nicht schlecht. Von Schluchzen war wohl schon lange keine Rede mehr. Was Rosa hörte, waren Kommandorufe! Und wie sie behutsam die Tür öffnete, sah sie Mäxchen auf dem schönen Waldemar herumturnen. Er trainierte, was das Zeug hielt.
    „Noch schneller, Söhnchen!“ befahl der Jokus. „Noch geschmeidiger! Du bist ja dickgeworden! Der Kummerspeck muß weg! Was muß weg?“
    „Der Kummerspeck!“
    „Was muß weg?“
    „Der Kummerspeck!“ juchzte Mäxchen und verschwand in Waldemars Krawatte. Schon löste sich der Knoten, und Mäxchen rutschte mit der Krawatte, von der Hand des Jokus unauffällig gelenkt, in dessen linke Tasche.
    Der schöne Waldemar blickte stur geradeaus und hatte nichts gespürt. Rosa blickte durch die offene Tür und hatte nichts bemerkt. „Bravo, die Artisten!“ rief sie und klatschte in die Hände. Emma und Minna, die zwei Tauben, hüpften auf dem Schrank hin und her und schlugen begeistert mit den Flügeln.
    „Noch zwei Trainingsstunden, und er ist fit“, sagte der Jokus befriedigt. „Am Freitag können wir wieder auf-treten.“
    Mäxchen fuhr mit dem Kopf aus der Tasche des Professors, wie der Teufel aus der Schachtel. „Das ist unmöglich, Euer Gnaden! Am Freitag fliege ich mit dem kahlen Otto und dem Puddingbernhard zum Señor Lopez nach Südamerika!“
    „Das sind aber verwegene Namen“, meinte Rosa. „Da kriegt man ja überall Gänsehaut.“
    Mäxchen rieb sich die Hände. „Zeig her! Marzipan mit Gänsehaut überall wollte ich schon immer mal sehen!“
    Rosa zwinkerte dem Jokus zu. „Das Leben in Verbrecherkreisen scheint leider auf Herrn Pichelsteiner abgefärbt zu haben. Er ist frivol geworden.“
    Jokus angelte Mäxchen aus der Tasche. „Ich stecke ihn in König Bileams Badewanne. Seife säubert Leib und Seele.“

    Das Essen fand im Blauen Salon statt und verlief sogar zu Jakobs Zufriedenheit. Bei der Kalbshaxe traten ihm allerdings die Tränen in die Augen. Doch das lag nur an dem scharfen englischen Senf, den er noch nicht

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